Ist der Job als Grundschullehrerin sehr anstregend? Hat man kaum Freizeit?
Hey, ich studiere ab Oktober in Bayern Grundschullehramt, weswegen ich mir seit einigen Tagen Erfahrungsberichte über das Ref und den Alltag als Grundschullehrerin gelesen habe. Ich bin auf sehr viele negative Berichte gestoßen, was mir nun sehr angst zubereitet. Ist die Wahrscheinlichkeit wirklich so hoch, dass man im Beruf kurz vor einem Burnout ist? Arbeitet man als Grundschullehrerin wirklich 50 Std. die Woche und hat sehr wenig Freizeit bzw. kein gescheites Wochenende und kaum Feierabend? Sollte ich „Angst“ vor dem Beruf haben, da er kaum Freizeit bietet?
10 Antworten
Meine Tochter macht derzeit ein FSJ an der örtlichen GS, genauer hat sie verlängert, hat das erste Jahr schon hinter sich, möchte auch Lehramt studieren. Bisher konnte sie die Erfahrung nicht abschrecken, sie freut sich auf die Kinder und schimpft auf die Ferien!
Es ist vielleicht auch eine Frage mit wieviel Herzblut man die Sache angeht? Willst Du das wirklich, dann ist das die Erfüllung und kein Stress. Sind Dir die Kinder lästig, dann hast Du richtig Stress!
Lehrer sein ist kein Beruf sondern eine Berufung.
Darum muss man sich wirklich sicher sein dass man dafür bereit ist.
und je jünger die Schüler umso wichtiger wird diese Haltung.
Interessante Beobachtung:
Wir konnten feststellen, dass Lehrerinnen und Lehrer, die es geschafft hatten, klare Regeln durchzusetzen und die einen eher schülerorientierten Unterricht praktizierten, weniger gestresst waren. Außerdem war der Lärmpegel in der Klasse geringer.
Ich würde behaupten, dass Grundschullehramt ein relativ entspannter Job ist. Ist natürlich immer eine Frage was man gewohnt ist und mit was man vergleicht. Es gibt sicherlich entspanntere Jobs (z.B. klassische Routinearbeiten wie Kassierer im Einzelhandel, Sekretär, Fließband….) und es gibt sicherlich Jobs mit mehr Stress, längeren Arbeitszeiten, Schichten, Diensten, Überstunden (z.B. Arzt in der Inneren/Chirurgie, Selbst und ständig, Event-Management usw.)
Das ist alles eine Frage der Einstellung und Haltung, aber auch des Datenschutzes. Grundsätzlich gilt, dass die persönlichen Daten der Lehrkraft, und dazu zählt auch die Telefonnummer, nicht bekanntgegeben werden. Wenn mal für eine Klassenfahrt in den höheren Jahrgangsstufen eine Handynummer rausgegeben werden muss, dann sind das 10 Euro für eine Prepaidkarte die abgesetzt werden können oder gleich von der Schule zur Verfügung gestellt werden.
Vereinzelt können aber solche Kontakte auch gewollt sein, das heißt die Lehrkraft findet Kind und Eltern symphatisch und begünstigt den persönlichen Kontakt. Dann aber ist das kein Stress.
Und nein, bei uns in RLP geht keine Klasse über 25 Kinder, selbst in der aktuellen Situation nicht! Aber egal, ich bin 64er Jahrgang, da waren wir über 40 Kinder in der Klasse, die ortsansässigen Kinder mussten sich Klappstühle mitbringen damit alle sitzen konnten, pensionierte Lehrer wurden reaktiviert. Das ist zwar nicht erstrebenswert, aber das ging auch, und ich bilde mir ein damals mehr gelernt zu haben als heute üblich. Jedenfalls konnte ich meine Tochter bis zum Abi voll unterstützen, und mache das derzeit bei meinem Sohn auch, obwohl das ewig her ist.
Ich habe einige Jahre Projekttage für Schulklassen gemacht und hatte dabei regelmäßig 2. Klassen mit 28 und 29 Schüler*innen... Mag sein, dass das in deinem Bundesland nicht der Fall ist, aber Grundschullehrkräfte gibt's eben nicht nur in RLP ;).
Und der abendliche Anruf ist nur eine von vielen möglichen Varianten, wie in diesem Beruf die Grenzen zwischen privat und Job verwischen und insbesondere von Eltern oft nicht respektiert und beachtet werden. Und dagegen hilft halt auch keine Prepaid-Karte...
In einer Liste der stressigsten Berufe der Welt würde Grundschullehrerin sicherlich nicht vorne stehen. Was explizit nicht heißt, dass der Beruf einfach wäre oder nicht stressig werden kann. Aber die durchschnittliche Grundschullehrerin führt sicherlich nicht das von dir beschriebene Horrorleben.
Nun, ich denke, wenn abends um 22 Uhr die besorgte Helikoptermutti anruft, um zu fragen, ob ihr hochbegabtes Wunderkindchen für den nächsten Tag doch bitte ein paar Extra-Aufgaben bekommen kann, während man gedanklich noch bei Justin aus der 2b und dem Termin beim Jugendamt am Nachmittag wegen des dringenden Verdachts auf Kindeswohlgefährdung ist, denkt man anders über diesen Beruf als "Ach, gibt sicherlich stressigeres!" ;).
Es wird radikal unterschätzt, was dieser Beruf bedeutet. Insbesondere in der Grundschule, wo noch alle Kinder mit allen denkbaren sozialen Hintergründen zusammen sitzen. Und dass Grundschulklassen durch Lehrermangel immer öfter auf fast 30 Kinder pro Klasse anwachsen, macht diese Stressfaktoren nicht kleiner...
Und selbst, wenn es eine kleine Klasse mit Kindern aus heilen Familien sein sollte - der Stoff mag simpel wirken, aber es ist alles andere als trivial, bei Kindern diese allerersten Grundlagen für das weitere Leben (!) so zu legen, dass sie mit dem zunehmend anspruchsvolleren Stoff problemlos klarkommen können!