Ist das Manipulation?
Also wenn ein Asperger Autist in einer spezifischen Situation sagt:
„Das darf ich doch“
Es aber in Wirklichkeit nicht darf oder es unangemessen währe.
Ist das Manipulation, versteht er es nicht oder wieso kommt er zu diesem Schluss ?
4 Antworten
Soweit ich das verstehe, neigen Menschen mit Asperger-Syndrom eher zum Mangel an Verständnis über zwischenmenschliche Kommunikation.
Ironie, Sarkasmus, Lügen, Manipulation, sind da Konzepte, bei denen sie sich sehr schwer tun, oder sie gar nicht verstehen und entsprechend auch nicht anwenden können.
Ich denke also nicht, dass das Absichtlich war.
Autisten haben Mühe mit Sozialkompetenz, zwischenmenschliche Interaktionen fällt ihnen manchmal schwer, zum Teil verstehen sie die sozialen Regeln nicht. Und Autist ist nicht gleich Autist.
Die Frage ist etwas abstrakt. Kommt auf die Situation an, warum er es sagt.
Eben also meine frage ist ja wieso er es fragt, ich verstehe es nicht
Wie gesagt, es kommt auf die Situation. Woher soll man das hier jetzt beurteilen können? Selbst wenn ich wüsste, worum es ging, könnte ich nur raten. Am ehesten kann es dir der Mensch selbst beantworten.
Ich würde nicht sagen, dass das Manipulation ist, sondern eher, dass er es nicht besser weiß.
Ich würde nicht sagen, dass wir Autisten es nicht anwenden können. Wir können es (oftmals) - Die Fragen sind eher
a) wie gut sind wir darin?
und b) möchten wir es tun?
Ich kann z.B. lügen. Theoretisch. Solange es keine größere Lüge ist. Ich kann z.B, keine Ahnung, ... zu meiner Mutter sagen, dass ich nicht heimlich an ihre Süßigkeitenkiste gegangen bin, falls sie mich fragen sollte, obwohl ich da dran war. Allerdings kann ich nicht bei dieser Lüge bleiben. Ich würde direkt anfangen, zu schmunzeln, wie ein kleines Kind und die Lüge wäre aufgeflogen. Aber das ist keine krasse Lüge, bei dem irgendjemand zu Schaden kommt und da es innerhalb eines gesicherten, familiären Umfeldes, mit einer mir vertrauten Person passiert, weiß ich, wie weit ich gehen kann. Würde ich diese Lüge bei jemandem erzählen, den ich nicht oder nicht gut genug kenne? Nein. Andererseits würde ich dann auch nicht ungefragt an die Süßigkeitenkiste besagter Person gehen, aber na ja.
Was ich absolut nicht kann, ist z.B. über mich selbst zu lügen - Und das meine ich im Sinne von: Ich kann die Lüge nicht einmal aussprechen oder auch ausschreiben. Denn bei meinem Süßigkeiten-Beispiel, da konnte ich die Lüge aussprechen, ich konnte sie lediglich nicht für länger als 5 Sekunden aufrechterhalten. Hier wiederum ... Ich hatte schon sehr viele Gelegenheiten gehabt, über mich und meine Lebenssituation zu lügen, Dinge zu beschönigen. Im Internet lügen doch (angeblich?) die meisten, weil es da so einfach ist. Ich könnte das nicht. Ich kann es nicht. Ich habs ein paar mal versucht - aber nicht bei wichtigen Dingen oder bei Leuten, die mir wichtig waren -, doch ich konnte die Lügen nicht einmal eintippen. Es ging ja nicht einmal darum, sie abzuschicken und dann bei besagten Lügen zu bleiben. Ich hab sie nicht einmal schreiben können. Mein Körper reagiert wortwörtlich darauf, wenn ich über mich selber versuche zu lügen, meine Hände können die Wörter gar nicht ausschreiben, irgendetwas in mir weigert sich vehement.
Aber nun von alledem mal abgesehen: Wollen wir das? Wollen wir lügen? Ich würde sagen, die meisten Autisten wollen nicht lügen und tun es daher auch nicht. Weshalb? Weil wir es einfach nicht wollen. Wir könnten es und du kannst mir glauben, dass es da draußen sicherlich viele Autisten gibt, die sehr gut lügen könnten, wenn sie wollten (Ein großer Teil davon wird sicherlich aufgrund des Maskings sein), aber die allermeisten Autisten und ich selber wollen es nicht. Ich verabscheue Lügen, ich verabscheue Lügner. Ich hasse sie. Ich hasse Leute, die lügen und dabei anderen schaden, ihre Gefühle verletzen. Ich hasse "Not"lügen und ich hasse "Höflichkeits"lügen. "Not"lügen, die in 99,9% der Fälle nicht in echten, lebensbedrohlichen Notsituationen verwendet werden und an "Höflichkeits"lügen wird niemals und zwar absolut nie, niemals etwas höflich sein. Nicht in zehnmilliarden Jahren. Der größte Großteil von uns Autisten ist nun einmal sehr wahrheitsliebend, sehr ehrlich. Wir sehen, was wir sehen und wir hören, was wir hören und wir gehen generell gesprochen davon aus, dass sich nichts dahinter verbirgt.
Wir sind ehrlich, weil wir es sein wollen und keinen Sinn dahinter sehen, es nicht zu sein und wir erwarten selbiges von unserem Umfeld.
Ich meine: Wir sind auch bekannt dafür, viele Dinge wörtlich zu nehmen, die in Wahrheit gar nicht wörtlich genommen werden sollen.
Also liegt es viel weniger am "Nicht-Können" und viel mehr am "Nicht-Wollen". (Wobei ich nicht ausschließen möchte, dass es nicht auch Autisten gibt, die das absolut überhaupt gar nicht können - Schlechter als ich) Wir wollen einfach nicht lügen, wir sehen keinen Sinn darin. Wahrscheinlich haben wir einfach zu starke Gewissensbisse.
Vielleicht können wir es teilweise wirklich nicht verstehen, nicht verstehen, wie so viele Leute so etwas moralisch verwerfliches tun können. ... Aber wollen wir es überhaupt verstehen? Müssen wir es verstehen? Nein.
Den Artikel hier habe ich eben gefunden und den fand ich auch ziemlich interessant. Da geht es um Autismus und unsere Moral. Einen starken Moralkompass zu haben - was die meisten von uns Autisten haben - hindert einen auch nochmal erheblich mehr daran, zu lügen, zu manipulieren etc.
Ich könnte auch noch auf das Ironie/Sarkasmus-Thema eingehen und dort Infodumping/Oversharing betreiben, aber ich will keinen zweiten Kommentar anfangen müssen. Von daher.