hört sich Deutsch wirklich so hart an?
Immer wenn ich Deutsch im Urlaub spreche, meinen Bekannte von mir dass das so klingt, als wäre ich gerade ganz wütend oder als würde ich mich hart über etwas beschweren. Für mich klingt eher Russisch so, deshalb mag ich Russisch überhaupt nicht und es tut mir in den Ohren weh ... Ist das mit der Deutschen Sprache auch so? Ich dachte die Deutsche Sprache sei die Sprache der Poeten oder so, wieso also klingt es so "hässlich" in den Ohren von anderen Menschen?
11 Antworten
Ich denke, dass das recht subjektiv ist (für mich klingt Russisch nicht sehr hart, zudem ist für mich persönlich "hart" auch nicht unbedingt negativ, Finnisch hat beispielsweise eine harte, klare Intonation, die auf mich zugleich aber auch ansprechend wirkt).
Deutsch hat halt recht viele "Konsonantencluster", also aufeinanderfolgende Konsonanten, das ist etwas, was manche Sprachen natürlich auch haben (z.B. Polnisch, dort noch viel stärker ausgeprägt). Aber nicht alle.
ich schnarche, du schnarchst, er schnarcht
bei "du schnarchst" kommen im letzten Wort 6 konsonantische Phoneme ("sch" und "ch" jeweils als 1 Phonem gezählt) auf nur 1 Vokal
Im Italienischen gehen solche Kombinationen nicht.
Raszwetali jabloni i gruschi,
Poplyli tumany nad rekoi.
Wychodila na bereg Katjuscha,
Na wyssoki bereg na krutoi.
https://www.youtube.com/watch?v=2SLvtP6KMUM
https://de.wikipedia.org/wiki/Katjuscha_(Lied)
Natürlich hat auch Russisch einige harte (stimmlose) Konsonanten, es hat aber auch weiche Konsonanten, und die Palatalisierung ("eingeschobene j" wie in "na bjereg Katjuscha").
Ich als gebürtiger Österreicher finde Deutsch im nördlichen Deutschland viel härter als in Bayern und in Österreich.
Ich habe mal gelesen, dass die österreichische Aussprache und die Betonung zum Teil die schwedische Sprache ähnelt. Das ist bei mir in der Berufsschule auch schon aufgefallen. (Wir hatten Besuch aus Schweden. = Schüleraustausch)
Wer noch nie die österreichische Aussprache gehört hat:
Es klingt lange nicht für alle hart oder gar hässlich. Es gibt ne Menge Fans der deutschen Sprache.
Eine Umfrage in den USA zeigte: Ebenso überraschend scheinen US-Amerikaner den Klang der deutschen Sprache durchaus zu mögen. Die Mehrheit (54,9 Prozent) meint, die Sprache klinge einfach schön – das finden insbesondere männliche und jüngere US-Bürger. Nur knapp zehn Prozent mögen die deutsche Sprache überhaupt nicht gerne hören.https://de.surveymonkey.com/blog/de/2015/09/11/us-amerikaner-und-die-deutsche-sprache-infografik/
Klar ist, dass es als germanische Sprache wie Schwedisch, Dänisch, Norwegisch und Niederländisch (z. T. auch Englisch) konsonantenbetont ist und nicht so vokalbetont wie das Italienische. Das kann man aber auch positiv sehen: Deutsch wäre dann kraftvoll, Italienisch soft.
Das kommt drauf an, was man gewöhnt ist. Deutsch hat viele harte, konsonantische Laute. Das mag für manch einen irritierend klingen. Umgekehrt klingt es für mich ziemlich irritierend wenn Araber mit ihren ganzen kehligen Lauten reden. Ich sage immer scherzhaft "Ich liebe dich" auf Arabisch klingt aggressiver als "Ich bring dich um du A..." auf Französisch.
Auch mache ich gerne Witze auf Kosten von Tschechisch, auch wenn ich nur ein Wort kenne, Maulwurf (Krtek - so heißt nämlich der kleine Maulwurf aus der Sendung mit der Maus im Original, da der Erfinder Tscheche ist und Krtek nicht sanders als Maulwurf heißt). Für mich klingt das nach Autowerkstatt: "Was macht Ihr Auto für Geräusche?" "Krtek!" "Ah Getriebeschaden" und als Kind bekäme ich Angst, wenn die Kindergärtnerin den Fernseher einschaltet und sagt "So lieber Kinder, jetzt gucken wir Krtek!"
Wir sind halt das Kehlige nicht gewohnt, weshalb Russisch oder Arabisch für uns ziemlich seltsam klingt. Andere Länder sind die spitzen, harten Konsonanten nicht gewohnt, deshalb klingen wir für sie seltsam. Wer selbst in einem ähnlichen Sprachmuster unterwegs ist, für den klingt Deutsch aber sehr angenehm.
Es hängt aber auch von der Betonung ab. Ich habe mal auf einem Projekt bei einem arabischen Sportsender gearbeitet und habe dort einige Fußballkommentatoren gehört, die rumgebrüllt haben als wollten sie den Weltuntergang herbeibeschwören, anderen hat man (ohne was zu verstehen mangels Sprachkenntnisse) die Begeisterung angehört und gesungenes Arabisch (wenn man abends mal bei Live-Musik im Souq sitzt) klingt sogar überraschend weich und warm. Genauso kann Deutsch auch sehr weich und warm klingen, nicht nur in Dialekten (Kölsch ist ja aufgrund der französischen Einschläge sehr melodisch), sondern auch Hochdeutsch, wenn man die Intonation richtig setzt. Dafür kann ich einfach keine Gefühle aus deutschsprachiger Musik raushören.
Sprache der Poeten? Hmm... Na ja. Lies einmal bewusst folgenden Text (extra von mir komponiert) laut vor:
Karl knallte die Karre in die Ecke und knurrte: die alte Schabracke kann mich mal kreuzweise... Ich wollte Bratwurst und Sauerkraut kaufen, und was krieg ich? Nur Knäckebrot und kalte Kuchenkrümel in Krepppapier! Das ist schon ein starkes Stück!
Und dann hör die dagegen "la donna è mobile" an...
Ich glaube, wir haben uns da missverstanden. Ich wollte damit nicht sagen, dass man nicht auch auf Deutsch klangvolle und schöne Gedichte verfassen kann. Ich kenne und liebe selbst diverse. Allerdings gibt es klangvolle und schöne Gedichte auch in ein einer ganzen Reihe von anderen Sprachen. Zu behaupten, ausgerechnet das Deutsche hätte die Poesie für sich gepachtet, erscheint mir als Freundin von Rostand und Shakespeare ein wenig anmaßend. Ebenso übrigens den Ansatz, mir unbekannterweise mehr Erkenntnis zu wünschen.
Du bist also angesprungen.
Weder beurteile ich die Poesie anderer Sprachen, noch soll Dich die Bemerkung, mehr Erkenntnis zu erlangen, verletzen oder beleidigen.
Bleib mal locker und werde glücklich!
Dann lies mal Hesse!
Dann vergleiche es mit dem Libretto
"la donna è mobile"
Ich wünsche Dir mehr Erkenntnis.
Hermann Hesse
Stufen
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!