Habt ihr als Kind die Prügelstrafe miterlebt?

25 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Zumindest bei uns zuhause lief es immer zu 100 Prozent gewaltfrei ab. Mein Opa war im Krieg und hat körperliche Gewalt gegen alle Lebewesen (auch gegen Tiere) und alles, was damit zusammen hing, verabscheut. Ich weiß auch von meiner Mutter und meinen Onkels, dass er auch bei ihnen niemals zugeschlagen hat. Verschiedentliche Probleme wurden ausdiskutiert und es rutschte nie eine Hand aus, es gab auch keinen Klaps auf den Po und die Maxime "leichtes Schlagen auf den Hinterkopf erhöht das Denkvermögen" war mehr ein Kalauer ... war da auch im Vorteil gegenüber einigen Gleichaltrigen (Jahrgang 1990/91), die von ihren Eltern geschlagen wurden und wo körperliche Gewalt ein probates Mittel der Erziehung war. Aus meiner ehemaligen Klasse fallen mir einige ein von denen ich weiß, die wurden von beiden Elternteilen ständig geschlagen und auch anderweitig körperlich drangsaliert, teilweise mit Riemen und Peitsche verdroschen, wir reden hier wohlgemerkt von Jahren nach dem "Millennium".

Ich selbst (Jahrgang 1990/91) hatte zur selben Zeit ältere Lehrer, die es so Anfang der 2000er in der Realschule offen bedauert hatten, nicht mehr zuschlagen zu dürfen - "Pädagogen", die die Kinder dafür an den Ohren gezogen oder die Mädchen an den Haaren gezogen haben und wo auch klar war, dass in der Schule erst in der Schule der Lehrer oder der Pfarrer bei "unverträglichen Subjekten" (O-Ton eines meiner Lehrer im Jahr 2002!) ordentlich zuschlägt und der Vater daheim nochmals feste drauf haut, bis das Blut spritzt. Und damals gab's bei uns auch noch Väter, die den Lehrern am Elternabend sagten, man könne dem Kleinen ruhig eine links und eine rechts reinhauen, das macht dem nix aus. Ein Vater wollte einem Lehrer einen "Freibrief" fürs Schlagen des kleinen Sohnes erteilen (was der Lehrer ablehnte) und leichte Schläge auf den Hinterkopf erhöhen bekanntlich das Denkvermögen. Ja klar. Leider hat der damalige Rektor nichts unternommen und der Konrektor, der ca. 1938 geboren wurde, war auch einer dieser "Schläger-Lehrer", dessen Spitzname sogar was mit "Watsche" zu tun hatte.

In der Grundschule (1997-2001) gab es sogar ein in den 1930ern geborenes Lehrer-Ehepaar, wo zumindest die Frau "unfolgsamen" Kindern gern noch die eine oder andere Backpfeife verpasst hat - das habe ich sogar gesehen, das fiel auch bei uns in der Klasse vor. Waren bezeichnenderweise zwei Leute, die immer in die Kirche gingen und selbst unfreiwillig kinderlos geblieben waren - letzter Stand was ich weiß: Er ist vor Kurzem gestorben und sie ist dement im Heim und glaubt, ihr Mann sei krank und käme bald wieder heim. Na ja... da kann man sich seinen Teil denken - ich sage dazu: wer nix Gutes gibt, der kriegt auch nix Gutes zurück.

Immer auf die Kleinen und dann mitten auf den Kopf ... immer feste drauf, so lautete da das Motto. Obwohl Peter Alexanders gleichnamiges Lied sicher nicht den Anstoß dazu gegeben haben dürfte ... das Thema ist für mich dermaßen ein Reizthema, dass ich das jetzt mit dem Song auflockern "muss".

https://www.youtube.com/watch?v=0CbuaS_cL7Q

Denn es geht ja noch weiter: Eine Religions-Lehrerin, Schönstattschwester, heute in einer Art Schönstattzentrum mit Ordenstracht und Ordensnamen ansässig, ach so fromm und lieb; so fromm, dass sie beim Vaterunser und "Gegrüßet seist du Maria" weinte, hat Köpfe der Kinder aus nichtigen Gründen mit voller Wucht auf die Bank gedrückt, den Mädchen die Zöpfe lang gezogen und einem Kind aus der Parallelklasse Ende 2001 bei einer solchen archaischen Tischdrückaktion das Nasenbein gebrochen. Der Vater von dem Kind kam damals während dem Religionsunterricht ins Klassenzimmer (ich kannte den, später war er ein Kunde von mir und erklärte mir das) und sagte zu ihr vor der ganzen Klasse, wenn er ihr jetzt so richtig eine in die Fr... haut, kostet ihn das vielleicht 1000 D-Mark (er hatte sich informiert) als Strafe und es wäre ihm das Geld wert, aber das Niveau sei ihm zu niedrig. Gab einen Riesen-Eklat damals, ich kann mich noch gut erinnern. Der Rektor wusste alles, aber er sagte damals, die wird 2002 pensioniert, das kriegt man auch noch rum. Wir saßen die Frau schlussendlich einfach aus, nahmen sie irgendwann nicht mehr ernst und waren im Juli 2002 alle froh, als sie verabschiedet wurde. Davor hatte ein Mitschüler die Lehrerin "weggeekelt", indem er ihr Gesicht aus einem Lehrerfoto groß raus kopiert, an die Wand geklebt und vor lauter Wut auf diese Frau mit Dartpfeilen geworfen hatte, während sie just zum Halten der Religionsstunde ins Zimmer gelaufen kam. Sie war "vor Schreck" dann erstmal einige Wochen "krank" und ich sagte damals nur ... Ehre, wem Ehre gebührt, und habe Eddi (Eduard hieß der) auf die Schulter geklopft.

XXX

Auf dem Land oder im sozialen schwachen (Arbeiter-)Milieu habe ich solche Tendenzen vor wenigen Jahren aber noch festgestellt und da wurde Gewalt gegen Kinder als völlig normales Erziehungsmerkmal angesehen oder mitunter auch als Strafe Gottes. Die Leute sind dort viel roher, teilweise rückständiger, man schlägt eher zu und schreit eher rum, diskutiert Probleme nicht aus, sondern löst das mit den Fäusten. Teilweise gibt man auch das weiter, was man selbst erlebt und gelernt hat - die Jungen machen's oft nur den Alten nach. In wenig gebildeten Kreisen, wo Probleme aller Art auch unter Erwachsenen noch heute durchaus mit körperlicher Gewalt gelöst werden und die Lautstärke beim "sich in Rage pöbeln" einen Indikator für Männlichkeit darstellt - einer dieser Typen sagte mir mal "Gewalt ist IMMER eine Lösung" und meinte das ernst! - ist das heute noch gang und gebe ... und wo kein Kläger, da kein Richter. Mit Gewalt aufgezogene Kinder neigen jedoch eher dazu, als Erwachsene das Gleiche weiter zu geben und behalten sich das Gesehene ggf. ein Leben lang (!) im Gedächtnis. Oder sie werden depressiv bzw. bekommen psychische Probleme und benötigen in irgendeiner Form Hilfe.

Psychische Gewalt wird aber nach wie vor gegen Kinder ausgeübt und ist oft nicht mal das frontale Ziel der Eltern, aber eine Folge enormer Hilflosigkeit, großer Überforderung und vielleicht zugegeben (ohne die Kiddies jetzt als schuldige darzustellen) auch frecher Kinder, bei denen man in der Erziehung einfach versagt hat. So etwas findet man auch in gebildeteren Kreisen. Das ist zwar genauso dramatisch und unschön, hinterlässt auch traurige Spuren - aber viele Erwachsene denken, es seien "ja nur Kinder", die das vergessen würden, ähnlich wie Tiere, die sich so was aber auch ein Leben lang behalten. Ich habe auch das schon gehört, man soll es eigentlich nicht für möglich halten.

Es war in meiner Heimat auch noch lang geläufig, Familienzwistigkeiten bzw. Streitigkeiten zwischen Erwachsenen auf dem Rücken der Kinder auszutragen, weil sie sich nicht wehren konnten. Der schon erwähnte Konrektor hat es noch Anfang der 2000er fertig gebracht, uralte Streitereien vor allem zwischen rivalisierenden sudetendeutschen Clans (er war selbst Sudetendeutscher), aber auch mit anderen Leuten 30-40 Jahre später auf Kindern und Enkeln derer auszutragen, mit denen er mal Probleme gehabt hat oder wo er dachte, dass er damals zu kurz gekommen sei. Das ist mindestens genauso schlimm - er hat in dem Zusammenhang auch Kinder "abgeschmiert", nur um ihnen eins auszuwischen und fadenscheinige Gründe gesucht. Einmal nahm er auch mich mit in sein Zimmer, das war im Sommer 2002, um mir eine Ohrfeige zu geben und mich dann zu verhöhnen. Der Grund war, dass ich angeblich die Schönstatt-Lehrerin geärgert habe, mit der er dick befreundet war; es war ein abgekartetes Spiel - die Wahrheit war, dass er sich 30 Jahre eher über meinen Großonkel und meine Oma geärgert hat und meinte, man habe ihn benachteiligt. Nach außen hin gab er den freundlichen CDU'ler, Kommunionhelfer, Lektor, Pfarrgemeinderat und sonstiges.

Tut mir leid wegen dieser sehr langen Antwort, ist aber für mich wie gesagt ein Reizthema. Ich hatte es gemessen an vielen anderen echt gut gehabt und bin nie ein Schläger, Pöbler, Schreier oder Schimpfer gewesen und werde das auch niemals sein. Provoziert zwar manche *SchreierSchlägerPöblerSchimpfer* umso mehr, aber dann ist es halt so.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

verreisterNutzer  04.08.2023, 10:34

OK das ist sehr ausführlich geschrieben

0

Ich habe noch häufig Schläge bekommen, es war damals halt so. Je mehr man sich gewehrt hat, desto schlimmer wurde es.

Mein Dad hat mich - anscheinend - zweimal geschlagen als Kind.

An das eine Mal kann ich mich erinnern: meine Eltern wollten mit mir in die Stadt und Eis essen, aber ich wollte Zuhause bleiben und lesen, also hab ich aus Protest solange gegen die Tür getreten, bis mein Papa reinkam & mir sowas von eine gescheuert hat (auf den Rücken).

Vom zweiten Mal hat mir meine Mutter erzählt, weil ich davon keinerlei Erinnerungen habe, ich muss wohl irgendwas gesagt haben, was meinem Dad nicht gepasst hat, also hat er mir dermaßen auf den Mund geschlagen, dass es geblutet hatte.

Als ich die ersten Jahre zur Schule ging war es normal dass Kinder im Unterricht geschlagen wurden, an den Haaren und Ohren gezogen wurden. In die Ecke stehen oder vor die Tür geschickt wurden. Auch geistliche Lehrkräfte machten davon Gebrauch. Zuhause durfte man dies nicht einmal erzählen, denn, der Lehrer hatte immer Recht und wenn man Pech hatte kassierte man vom Vater auch noch eine Portion.


Einebanane2  24.08.2023, 08:25

Oh je. Das tut mir sehr leid für dich. Wann bist du denn zur Schule gegangen ? Früher war das ja „normal“

0

Nein.

Meine Kindheit war nicht sonderlich toll meine Eltern hatten oft Streit und haben sich dann getrennt und auch heute gibt es hier viel Streit und Stress aber ich musste nie Gewalt an mir ertragen.
Mein Vater boxt mich manchmal aus Spaß aber es tut eigentlich auch nicht weh und wir finden es beide sehr lustig und wenn ich sagen würde das es mir weh tut oder sogar weinen würde würde er auch aufhören aber wie gesagt tut es eben nicht wirklich weh.
Meine Mutter hat noch nie egal in welcher Form und ob aus Spaß oder nicht noch nie zu Gewalt gegriffen.