Griechische Mythologie: Hermes, Erfindung der Schrift, Deutung von Delphiweissagungen
Hallo, Experten!
ich schreibe in einem geschichtsfremden Fach eine Bachelorarbeit. Es geht um den Vorteil der Verschriftlichung von Erziehungsregeln und -methoden in Kinderheimen gegenüber der mündlichen Überlieferung von Erziehungsregeln und -methoden in Kinderheimen von Erzieher zu Erzieher.
Diesen Vorteil kann ich nicht ad hoc beweisen, obwohl er auf den ersten Blick offensichtlich ERSCHEINT.
Diesen Beweis muss ich empirisch-quantitativ führen. Das ist aber Teil des Methoden- und Deutungsteils der Arbeit. Derzeit befasse ich mich mit dem Eingangsteil. Dieser soll verschiedene Theorien aufführen. Diese Theorien sollen (mit Literaturnachweisen!!) darauf hinführen, warum ich gerade auf die Idee komme, anzunehmen, schriftlich sei besser als mündlich, wenn es um Erzieherhandbücher speziell für ein bestimmtes Kinderheim XYZ geht.
Ich bin auf die Idee gekommen, hier zu posten, weil mich ein anderer User darauf brachte, der in einem ganz anderen Forum Nutzer ist, was NICHTS mit Geschichte zu tun hat.
Er behauptet vereinfacht folgendes: In der griechischen Mythologie gibt es einen Götterboten. Der heißt Hermes. Hermes ist öfters bei dem Orakel Delphi. Das Orakel Delphi spricht keine direkt offensichtlichen Weissagungen. Vielmehr muss das interpretiert werden. Lt. dem anderen Nutzer habe Hermes dabei folgende Funktionen:
a) er interpretiert die Aussagen von Delphi b) er hat die Schrift erfunden, damit man die Informationen besser verbreiten kann, die das Orakel von Delphi den Menschen geben soll.
Ist das
1.) richtig verstanden (sorry, bin Erziehungswissenschaftler, war ´ne Flasche in Geschichte :-p )? 2.) GANZ WICHTIG: gibt es (habe am Dienstag Posterpräsentation und muss noch Theorien haben!!) eine Literaturstelle (Autor-Jahr-Titel-Verlag-Ort-Auflage-Seite) dafür, idealerweise google Books oder google Scholar oder freie pdf Literatur? Ich könnte nämlich dann im Eingang der Arbeit sagen: Schon in der Antike war es laut [AUTORENNAME, JAHR, SEITE] von Vorteil, dass Hermes mit der Erfindung der Schrift die Verschriftlichung und Verbreitung von Botschaften vom Orakel von Delphi erleicherte, da nun die Menschen
a) Regeln schneller lernen konnten b) Regeln nachhaltiger lernen konnten c) Prophezeiungen direkt glaubten und sich nicht über die Auslegung von verschiedenen Überlieferungen stritten d) blablabla, etc.
Wer weiß da was? Sorry, ist ein spezielles Thema, aber ich will halt im 1. Schritt nachweisen, dass schon in der Historie nachweislich der Vorteil der Verschriftlichung ggü. der mündlichen Überlieferung evident war!
Danke für Tipps, lusthansa
4 Antworten
Der Nutzer kennt sich offenbar in griechischer Mythologie nicht sehr gut aus. Nach der Mythologie wurde der Gott Apollon Heer des Orakels von Delphi, nachdem er Python tötete. Ein Beiname von ihm ist „der Pythische“ (Ἀπόλλων Πύθιος [Apollon Pythios]. In Delphi war eine Priesterin als prophetische Seherin tätig, die Pythia, ein inspiriertes Medium, der Vorstellung nach Sprachwerkzeug des Gottes. Die Pythia saß auf einem Dreifuß. Nach einer Überlegung kamen aus einem Erdspalt schwefelhaltige Dämpfe, die dazu beitrugen, sie in Trance zu versetzen.
Dies gehört in den Bereich der Mantik/Divination (altgriechisch μαντική τέχνη= Kunst/Technik der Weissagung/Prophezeiung; lateinisch divinatio = Erkundung/Erforschung des göttlichen Willens, Weissagung).
Ein enger Zusammenhang mit Schriftlichkeit/der Einführung von Schrift besteht beim Orakel von Delphi (Δελφοί [Delphoi]) nicht.
Bearbeitete Antworten sind unter anderem in Verform in Umlauf gekommen.
Josef Wiesehöfer, Die Geheimnisse der Pythia – Orakel und das Wissen der reisenden Weisen. In: Erinnerungsorte der Antike. Herausgegeben von Elke Stein-Hölkeskamp und Karl-Joachim Hölkeskamp. Band 2: Die griechische Welt. München : Beck, 2010, S. S. 344:
„Vermutlich zählen selbst die nachträglichen Hexameter- oder iambischen Trimeterfassungen der Sprüche, die in Delphi in Buchform fixiert wurden und auf die Plutarch, der Apollonpriester am Orte war, anspielt, zu dieser Form der Elaboration.“
In schriftlicher Form gab es von Priestern offizielle Kalender und »Heilige Gesetze« (Tempelvorschriften und Durchführung öffentlicher Feste).
Prophetische und Orakelsprüche hatten für eine offizielle Aufzeichnung dieser Art meistens keine große Bedeutung, eine Ausnahme sind die Sibyllinischen Bücher (Sibyllini Libri) in Rom.
Professionelle Seher (Χρησμολόγοι) verwendeten Orakelsammlungen.
Hermes ist in der griechischen Mythologie ein unter die ethnologische Kategorie des Tricksters subsumierbarer Kulturbringer mit besonderer Beziehung zum Hirtenleben. Er ist Bote und Herold des obersten Gottes Zeus. Hermes ist ein Verkünder und Dolmetscher (ἑρμηνεύς; das Wort Hermeneutik, die Kunst des Verstehens/Deutens/Auslegens ist davon abgeleitet) seines Willens Hermes ist ein wegkundiger Führer, bietet Geleit für ihm anvertraute Heroen, ist ein Geleiter der Seelen der Verstorbenen (ψυχοπομπός [Psychopompos]. Schließlich galt er als ein mit universalem Wissen du umfassender kommunikativer Kompetenz ausgestatteter Gott, von dem sich Händler Schutz und Beistand, Mystagogen und Verfasser esoterischer Literatur Legitimation erhofften. Hermes war ein Gott der Übergänge und Mittler zwischen Göttern und Menschen. Er hatte eine Beziehung zu Schlaf und Träumen. In der Zeit von Hellenismus bis zur Spätantike wurden unter seinem Namen Geheimüberlieferungen verbreitet. Er wurde mit dem ägyptischen Gott Thot gleichgesetzt. Hermes erscheint unter dem Namen Hermes Trismegistos (Ἑρμῆς Τρισμέγιστος [„dreimal größter Hermes“], aus einer mehrfachen Anrufung entstanden („dreifach großer Hermes“) als pseudonymer Autor esoterischer Literatur, heute unter dem Begriff der Hermetik (Hermetische Schriften) zusammengefaßt. Darin geht es um die Vermittlung einer totalen kosmischen Schau und einen davon abhängigen Erlösungsweg.
Spätantike Zauberpapyri, auf denen unter anderem Ritualanweisungen für ekstatische Götterschau und Himmelsreisen stehen, setzen die gleiche ägyptisch-griechische Tradition voraus. In den Texten wird Hermes als Mittler kosmischen Wissens angerufen.
Nachschlagewerke zu Antike und zu griechisch-römischer Mythologie enthalten Informationen, z. B.:
Gerhard Baudy, Hermes. I. Kult und Mythos. In: Der neue Pauly (DNP) : Enzyklopädie der Antike ; Altertum. Herausgegeben von Hubert Cancik und Helmuth Schneider. Band 5: Gru – Iug. Stuttgart ; Weimar, Metzler, 1998, Spalte 426 – 431
Der ägyptische Gott Thot, unter anderem Gott der Weisheit, des Wissens und der Schreiber, galt als Erfinder der Schrift. In religiöser Deutung waren die Schriftzeichen Worte der Götter.
Platon, Phaidros 274 b – 275 a erzählt eine Geschichte, der Gott Theut habe in Naukratis in Ägypten Zahl und Rechnung, Geometrie und Astronomie, Brett- und Würfelspiel erfunden (vgl. zum Ersinnen einer Lautzeichenkunst auch Platon, Philebos 18 b). Theut (bei Platon die Bezeichnung für Thot) habe seine Künste/Techniken dem ägyptischen Herrscher Thamos in Theben gebracht. Dieser habe aber der Aussage, dadurch würden die Ägypter weiser und gedächtnisreicher werden, widersprochen. Die Schrift leiste eine Hilfe für Erinnerung, bewirke aber eher durch Vertrauen auf schriftliches Festhalten ein Nachlassen der Gedächtniskraft. Platon unternimmt eine Schriftkritik.
Die schriftliche Aufzeichnung von Regeln hat bei Gesetzen in der Antike dazu gedient, Rechtssicherheit zu schaffen, indem die tatsächlichen Gesetzesbstimungen zugänglich und nachlesbar waren und die Willkür und das Herrschaftswissen einer einzelnen Gruppe eingeschränkt wurden.
In Athen hat nach einer Überlieferung Drakon zuerst Rechtsbestimmungen in schriftlicher Form geschaffen. Solon hat (Anfang des 6. Jahrhunderts) seine Gesetzgebung (enthielt teils alte übliche Regeln, teils Neuordnungen) auf Holztafeln mit Hilfe von drehbar aufgehängten langen Holzbalken und bronzenen Pfeilern (Stelen) öffentlich auf dem Marktplatz (Agora), wo alle Zutritt hatten und sie einsehen konnten (Plutarch, Solon 15, 1- 2).
In Rom wurden wichtige Rechtsbestimmungen in der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr., in der Zeit der Ständekämpfe, aufgezeichnet (Kodifikation), die Zwölf-Tafel-Gesetze, um mehr Rechtssicherheit zu schaffen (vgl. beispielsweise Jochen Bleicken, Geschichte der römischen Republik. 6. Auflage. München : Oldenbourg, 2004 (Oldenbourg-Grundriss der Geschichte ; Band 2), S. 23- 24 und S. 130 – 131).
Im Dienst der Orakelmagie ist Schrift im alten China (Zeit der Shang-Dynastie) verwendet worden.
Schrift hat verschiedene Zwecken gedient, unter anderem für Verwaltung (sehr früh ist die Verwendung für Vorratshaltung und Buchführung) und Gesetzgebung, rühmende Inschriften, Aufzeichnung von Ereignissen.
Eine sehr frühe erhaltene schriftliche Rechtssammlung stammt vom in Babylon herrschenden König Hammurabi/Hammurapi.
Ein zum Thema Schrift/Verschriftlichung nützliches Buch:
Harald Haarmann, Universalgeschichte der Schrift. 2., durchgesehene Auflage. Frankfurt am Main ; New York : Campus-Verlag, 1991. ISBN 3-593-34346-0
Erstmal eine ungewöhnliche Zeit für eine solche Frage ;-)
Ganz so, wie du es beschreibst, ist mir die Legende des Orakels von delphi nicht bekannt.
Hermes hat mit diesem nämlich relativ wenig zu tun - der Orakelgott Delphis ist Apollon, der Sonnengott. Dieser erlangte die Macht über das Orakel in dem er die Python erschlug, die von Hera ausgesandt wurde, um die Mutter von Apollon und seiner Schwester Artemis noch vor deren Geburt zu töten.
Die Delphi-Legend ist ja nun aber für dich wahrscheinlich weniger relevant und spannend, da es dir ja lediglich um die Schrift geht.
Fakt ist, dass es in Delphi immer eine Seherin gab, die an einer bestimmten Stelle auf ihrem Schemel saß. Das ist deshalb interessant, da an dieser Stelle bestimmte Dämpfe aus dem Boden aufsteigen (oder aufstiegen), die besagte Frau ziemlich berauschten - sie fiel in eine Art Trance, in der sie nicht mehr wirklich klar sparch und für die Griechen unter göttlichem Einfluss stand.
Es gibt nun verschiedene Varianten, wie die Pythia ihre Orakelsprüche mitteilte - einige gehen davon aus, dass sie direkt mit den Klienten sprach; andere, dass die Priester die Fragen der Klienten aufschrieben und auch die Orakelsprüche der Pythia protokollierten, um sie später auszulegen und zu deuten.
Interessant könnte da folgende Literatur sein: http://www.amazon.de/Das-Geheimnis-Orakel-Arch%C3%A4ologen-entschl%C3%BCsseln/dp/3854928483/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1352595484&sr=8-1
Auch wenns nicht so klingt, behandelt es auch ein wenig den Mythos und ist nicht sonderlich teuer... wie anerkannt der Herr Vandenberg nun ist, so interessant und gut er meiner Meinung nach auch schreibt, und wie passend es also wäre, ihn für eine wissenschaftliche Arbeit heranzuziehen, weiß ich allerdings nicht...
Generell hat das Orakel von Delphi nicht sonderlich viel mit Schrift zu tun.
Viel passender erscheint mir wahrscheinlich auch dier Herkunft deiner falschen Information über Hermes: Thot.
Thot ist der ägyptische Gott der Schreiber, des Wissens und des Mondes. Die Ägypter waren ein hochentwickeltes Volk, in dem der Beruf des Schreibers hoch angesehen war. So hoch, dass sie einen eigenen Gott dafür "schufen", der nebenbei auch noch die Verkörperung eines Himmelskörpers war (zumindest in manchen Versionen) und generell sehr angesehen war.
Der Link unten gibt einen kleineren Einblick...
Ich persönlich halte das für viel bemerkenswerter als die ungesicherte Geschichte von Delphi...
Und auch hier lässt sich wunderbar der Bezug zu deiner These finden: Das schriftliche Festhalten von Gesetzen/Regeln, Besitztümern, Taten, Ereignissen etc. war den Ägyptern so wichtig, dass sie einen eigenen Gott schufen bzw. einen Gott hatten, dessen Hauptattribute das Schreiben und das Schreibwerkzeug waren.
aegypten-geschichte-kultur.de/thot-gott-des-wissens
Schwachsinn auf hohem Niveau.
Erstens ist der Gott, dem man zuschrieb, bei Delphi mitzuwirken Apollon.
Zweitens hat natürlich ein Gott Hermes nie real existiert und konnte deshalb den Menschen nicht die Schrift bringen.
Drittens ist es äußerst weit hergeholt, Erziehungsregeln im Kindergarten über griechische Mythologie begründen zu wollen. Damit kannst Du niemand überzeugen. Einen Text, der wissenschaftlich sein soll, muß man wissenschaftlich begründen und nicht als Märchenstunde.
Ich bin auch Erziehungswissenschaftler und ich kann nur sagen, bloß weil unser Fach einfach ist, heißt das noch lange nicht, dass wir eine Entschuldigung für Bildungslücken haben. Du solltest diese auffüllen, indem du die entsprechende Literatur liest. Literaturrecherche ist nicht so schwierig und wenn du bereits deine Bachelorarbeit schreibst, solltest du damit vertraut sein. Gutefrage ist keine Seite, um sich die Hausaufgaben machen zu lassen, das gilt auch für Aufgaben aus der Uni. Du kennst ja bereits google scholar, empfehlenswert ist auch der Katalog www.base-search.de Da den Begriff Hermes und Delphi einzugeben und ein bisschen zu recherchieren, ist zwar langweilig, aber das kriegst du sicher hin.