Gleichmächtig oder nicht (Mengenlehre)?

5 Antworten

Beide Mengen gehen in das unendliche so das es möglich ist ein Element der ganzen Zahlen, einem Element der reellen Zahlen zuzuordnen.

Falsch. Genau dieser Gedanke "Eine Menge hat unendlich viele Elemente, die andere auch, also sind sie gleichmächtig." funktionert eben NICHT!

Die Existenz einer solchen Abbildung von Menge 1 in Menge 2 ist eine weitaus stärkere Aussage und diese gilt hier eben nicht, da es eine solche Abbildung von Z nach R nicht gibt.

Pfeif dir mal das hier als Beispiel einer Abbildung von N nach Q+ rein. Dann bekommst du vielleicht ein Gefühl dafür, worum es geht: https://de.wikipedia.org/wiki/Cantors_erstes_Diagonalargument


HawkeyPP 
Beitragsersteller
 01.08.2017, 15:58

Dann wäre dieses Kriterium also nutzlos bzw. alleine nichts aussagend.

0
Drainage  01.08.2017, 15:58
@HawkeyPP

Natürlich ist es nützlich. Du checkst es bloß nicht.

3
HawkeyPP 
Beitragsersteller
 01.08.2017, 17:26
@Drainage

Da gab es noch nichts zum ''checken''. Habe den Artikel erst nach dem Kommentar gelesen. Ich konnte mit den Informationen die ich hatte, nur auf diese Frage schließen. Weswegen dieses Kriterium erst nützlich ist wenn man sich mit den Begriffen abzählbar und überabzählbar sowie den Diagonalargumenten beschäftigt hat.

Die Abbildung von N nach Q+ hat mich begrenzt weiter gebracht. Die nicht funktionierende Abbildung im zweiten Diagonalargument von N nach R hat mich erst wirklich weitergebracht.

LG

0

Die Crux sind die irrationalen Zahlen.
Du bist in der Lage, beispielsweise alle durch 10 teilbaren Zahlen zu nummerieren (also auf die Natürlichen Zahlen abzubilden). Es ist die gleiche Mächtigkeit. Das schaffst du bis zu den rationalen Zahlen, die man sich in einer bestimmten Ordnung nach Zähler und Nenner sortiert vorstellen kann.

Bei den irrationalen hört das auf. Es gibt einen berühmten Beweis, dass man, wenn man sie sich abzählbar zurecht gelegt hat und auch wirklich (scheinbar) alle berücksichtigt hat, doch noch (überall) mindestens eine dazwischenlegen  kann. Das reicht. Also sind die irrationalen nicht mehr abzählbar

und damit die reellen Zahlen auch nicht, in denen sie ja als Untermenge enthalten sind.

https://de.wikipedia.org/wiki/Irrationale_Zahl

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Unterricht - ohne Schulbetrieb

HawkeyPP 
Beitragsersteller
 01.08.2017, 20:05

Wenn ich mir die Reellen Zahlen zurecht gelegt habe und immer wieder unendlich lange die fehlenden Zahlen ergänze, macht es sie dann nicht trotzdem abzählbar solange ich unendlich lange weiter ergänze? Ich hoffe Du verstehst was ich meine.

0
HawkeyPP 
Beitragsersteller
 01.08.2017, 20:08
@HawkeyPP

Und was ist wenn jemand kommt und sagt er hat eine Liste aller natürlichen Zahlen. Da diese auch in's undendliche gehen kann ich bestimmt eine Zahl nennen die nicht auf der Liste steht. Wieso sind diese dann abzählbar aber nicht überabzählbar?

0
Volens  02.08.2017, 01:13
@HawkeyPP

Natürliche Zahlen sind immer abzählbar. Nach Definition (bzw. Axiom + Theorem) ist der Nachfolger einer Zahl n immer n + 1. Zwischen n und n + 1 kannst du nichts unterbringen, was eine natürliche Zahl ist. Dahinter allerdings zählst du einfach immer weiter.

Es geht bei der Überabzählbarkeit nicht um die unendlich vielen Elemente, die man dahinter versammeln könnte, sondern um die, die man dazwischenpacken kann.

1
HawkeyPP 
Beitragsersteller
 02.08.2017, 15:09
@Volens

Danke das hat mich echt weitergebracht, vor allem der letzte Teil. Also wäre es ein Argument dafür das die reellen Zahlen mächtiger sind als die natürlichen wenn ich sage, das die reellen Zahlen schon in einem Intervall von bspw. 0 ≤ x ≤ 1 in der Lage sind die natürlichen Zahlen ''abzudecken'', da eben immer eine reelle Zahl übrig bleibt, die man in diesem Intervall nicht auf der Liste hat.

Was mich verwirrt hatte war nämlich auch die Tatsache, dass die reellen Zahlen mächtiger sind als die natürlichen obwohl beide als unendlich angesehen wurden.










0
Volens  02.08.2017, 15:19
@HawkeyPP

Die reellen Zahlen sind nicht mächtiger als die ganzen,
sondern ihre Menge hat eine größere oder höhere Mächtigkeit.

Du hast recht, zum Nachweis solcher Dinge reicht gewöhnlich ein Intervall zwischen zwei ganzen Zahlen, wie immer der Beweis für die jeweilige Menge dann auch verlaufen mag.

0
Volens  01.08.2017, 16:36

Für tiefer schürfende Betrachtungen die Links in dem Artikel (blau geschrieben) verwenden, und zwar im Abschnitt "Überabzählbarkeit"!

1

Du betrachtest die Menge der ganzen Zahlen.

Jeder Zahl weist du ihr Pendant in der Menge der reellen Zahlen zu, von 0 bis unendlich.

Dann bleiben aber alle nicht ganzen Zahlen in R übrig, denen kannst du nichts mehr zuordnen, jede ganze Zahl hat bereits eine zugeordnete Zahl.

Also sind beide Mengen nicht gleich mächtig.


ralphdieter  01.08.2017, 17:36

Ganz so einfach ist es nicht: Bei gleich mächtigen unendlichen Mengen findest Du immer eine Zuordnung, bei der hier oder da etwas übrig bleibt.

Erst wenn Du bewiesen hast, dass bei jeder möglichen Zuordnung immer etwas übrig bleiben muss, dann kannst Du behaupten |ℝ|>|ℕ|.

Genau das macht Cantors zweites Diagonalargument: Gib mir irgendeine Zuordnung ℕ→ℝ, dann zeige ich Dir eine reelle Zahl, die übrig bleibt.

0
HawkeyPP 
Beitragsersteller
 01.08.2017, 20:21
@ralphdieter

Aber wieso sind dann Ganze Zahlen und Natürliche Zahlen abzählbar?

-3 -> 1

-4 -> 2

-5 -> 3

Hier könnte ich sagen das bspw. -6 fehlt und ergänze die Liste mit -6 -> 4. Genauso wie ich bei den reellen Zahlen eine fehlende Zahl finde und ergänzen muss, so muss ich das doch auch bei den Natürlichen und Ganzen Zahlen machen. So lange ich die Listen unendlich lange weiter ergänze müssten die Mengen doch abzählbar unendlich sein. Da es sich bei den Natürlichen Zahlen auch um eine unendliche Menge handelt finde ich doch immer wieder eine Zahl die auf der Liste fehlen wird?

1
Volens  02.08.2017, 01:44
@HawkeyPP

Es ist eine Sache der Darstellungstechnik. Du stellst dir ℤ einmal vor und schreibst ℕ elementweise darunter. Du siehst, alle werden zugeordnet:

ℤ = { 0, 1, -1, 2, -2, 3, ... }

ℕ = {1  2   3   4  5   6 ... }

So kann keine ausgelassen werden.

0
HawkeyPP 
Beitragsersteller
 02.08.2017, 15:39
@Volens

Volens, Sie retten meinen Verstand. Danke für die Antwort!

0

Die Abbildung muss bijektiv sein, d. h. die Zuordnung muss in beide Richtungen eindeutig funktionieren.

Nehmen wir mal an, wir hätten irgendeine Vorschrift, die die natürlichen Zahlen irgendwie auf die Menge der reellen Zahlen zwischen 0 und 1 abbildet (ob 0 und/oder 1 dazugehört, spielt keine Rolle). Dann können wir die Annahme mit dem 2. Diagonalargument von Cantor ( https://de.wikipedia.org/wiki/Cantors_zweites_Diagonalargument ) ad absurdum führen.

Wir können auch eine bijektive Abbildung der Menge der unendlichen Teilmengen der Menge der natürlichen Zahlen auf das Intervall (0,1] angeben:

P(ℕ) -> (0,1]
M ↦ Summe(k ∈ M von 2^(-k))

Die Menge der endlichen Teilmengen von ℕ ist abzählbar, damit ist die Menge der unendlichen Teilmengen von ℕ überabzählbar. (Die Potenzmenge einer Menge ist immer echt mächtiger als die Menge selbst, das ist wieder ein Satz von Cantor ( https://de.wikipedia.org/wiki/Satz_von_Cantor ) )

Woher ich das weiß:Hobby – Hobby, Studium, gebe Nachhilfe

Unendliche Mengen sind nicht wirklich intuitiv:

Klar ist, dass es unendlich viele natürliche Zahlen gibt.

Wenn man nun die 0 dazunimmt, wie viele Zahlen hat man dann? Intuitiv "unendlich+1", aber in der mathematischen Praxis führt das nur zu Widersprüchen. Es ist egal, ob man bei 0 oder 1 (oder bei 1000) los zählt, man kann mit diesen Mengen die gleichen Beweise führen und die gleichen Abbildungen definieren.

Im Prinzip haben diese Mengen einfach "gleich viele" Elemente. Man sagt dazu "sie sind gleich mächtig" und definiert das als "Es gibt eine Bijektion zwischen diesen Mengen". Wenn es eine solche Bijektion gibt, hat man immer auch andere Abbildungen, bei denen Bildpunkte fehlen oder doppelt erwischt werden. Damit muss man leben, wenn man im Unendlichen wohnt.

So kann man zeigen, dass die Menge der geraden Zahlen, Quadratzahlen, Brüche, Zahlentripel und viele andere Mengen gleich mächtig wie ℕ sind. Irgendein schlauer Kopf hat eben eine passende Bijektion dazu gefunden.

Aber an den reellen Zahlen ℝ sind bisher alle gescheitert. Niemand konnte je eine Bijektion von ℕ nach ℝ finden. Und dann kam Cantor und zeigte, dass es so eine Bijektion grundsätzlich nicht geben kann:

Man nehme eine beliebige Abbildung von ℕ nach ℝ. Daraus konstruieren wir eine neue Zahl r anhand des zweiten Diagonalarguments. r ist reell und wohldefiniert, aber unterscheidet sich von jedem Bildpunkt in mindestens einer Ziffer. Das heißt die Abbildung ist sicher nicht surjektiv (also auch nicht bijektiv).

Folgerung: ℝ ist echt mächtiger als ℕ. Beide Mengen sind zwar unendlich groß, aber es gibt eben doch einen mathematisch relevanten Unterschied.

Kaum hat man sich daran gewöhnt, dass "∞", "∞+1", "2·∞" und "∞²" eigentlich alles dasselbe ist, hat man nun eine Menge, die da wirklich drüber steht: egal, wie trickreich man (abzählbar) unendlich viele Elemente aus ℝ entfernt, bleiben immer "fast alle" reellen Zahlen übrig.

Ein echter Mathematiker fragt sich natürlich sofort:

  1. Gibt es Mengen, die noch mächtiger als ℝ sind? Antwort: Ja. Die Potenzmenge von ℝ setzt noch eins oben drauf. Und das kann man beliebig oft wiederholen.
  2. Gibt es eine Menge mit einer Mächtigkeit zwischen ℕ und ℝ? Antwort: Nicht entscheidbar :-(