Gedichtinterpretation Heinrich Heine deutsch?
Hallo,
Kann mir bitte jemand das Gedicht "Anno 1829" von Heinrich Heine Strophenweise erklären. Im Ganzen verstehe ich um was es sich handelt( heine beklagt die Rückständigkeit Deutschlands und will ins Exil), aber den Inhalt der einzelnen Strophen verstehe ich nicht.
Danke im Voraus:)
3 Antworten
Ich hab mir das Gedicht jetzt mal angeschaut und erkläre nicht alles, aber in den ersten 5 Strophen vergleicht er immer Deutschland mit Frankreich.
Zum Beispiel in der ersten Strophe:
O Deutschland, meine ferne Liebe,
Gedenk ich deiner, wein ich fast!
Das muntre Frankreich scheint mir trübe,
Das leichte Volk wird mir zur Last.
Das klingt so, als wäre er gerade in Frankreich und würde halt seine Heimat Deutschland vermissen. Frankreich ist ihm zu munter und lebhaft, ihn nervt die Leichtigkeit von den Leuten im Land. Das geht die nächsten Strophen so weiter, schau sie dir mal an.
Er nennt da immer erst mal, was ihn an Frankreich stört und dann, was in Deutschland eben besser ist.
Und in den letzten beiden Strophen geht es dann nur noch um Deutschland, da vergleicht er es nicht mehr mit Frankreich.
Aber das Ganze ist total ironisch, weil das, was er an Frankreich so schrecklich findet, eigentlich nur positive Dinge sind :D Also z.B. munter sein und Leichtigkeit sind ja eigentlich gute Sachen! D.h. er meint das ironisch und kritisiert Deutschland in Wirklichkeit!
Ist ja auch bescheuert, dass er mehrere Gedichte geschrieben hat, die fast gleich heißen... :D
Anno 1829
Daß ich bequem verbluten kann,
Gebt mir ein edles, weites Feld!
Oh, laßt mich nicht ersticken hier
In dieser engen Krämerwelt!
Sie essen gut, sie trinken gut,
Erfreun sich ihres Maulwurfglücks,
Und ihre Großmut ist so groß
Als wie das Loch der Armenbüchs.
[Maulwurfglück = Sie sind blind wie ein Maulwurf. Sie merken nur ihr eigenes Glück, das Schicksal der Anderen bemerken sie nicht. Das Loch der Almosenbüchse ist ziemlich klein. So klein ist auch ihr Großmut.]
Zigarren tragen sie im Maul
Und in der Hosentasch' die Händ;
Auch die Verdauungskraft ist gut –
Wer sie nur selbst verdauen könnt!
[Sie sind arrogant. Sie haben eine gute Verdauung, praktisch, um ihr üppiges Essen auch wieder ausscheiden zu können. Sie sind hochmütig und gesättigt. Könnte man sie nur loswerden.]
Sie handeln mit den Spezerein
Der ganzen Welt, doch in der Luft,
Trotz allen Würzen, riecht man stets
Den faulen Schellfischseelenduft.
[Die Luft duftet vor lauter Gewürzen, äußerlich riecht es gut. Aber in ihren Inneren sind die Menschen miefig. Die Atmosphäre, der Umgang untereinander ist irgendwie widerlich. Lächeln, hinter dem Rücken das Messer.]
O, daß ich große Laster säh,
Verbrechen, blutig, kolossal –
Nur diese satte Tugend nicht,
Und zahlungsfähige Moral!
[Die Scheinheiligkeit! Die Leute tun so gut, so verständnisvoll, so freundlich. Vorgeben und Wirklichkeit unterscheiden sich. Zahlungsfähige Moral: Damit ist wohl gemeint, dass man sich die Moral für Geld kaufen kann.]
Ihr Wolken droben, nehmt mich mit,
Gleichviel nach welchem fernen Ort!
Nach Lappland oder Afrika,
Und seis nach Pommern – fort! nur fort!
[Unter diesen Menschen mag er nicht mehr sein. Er möchte vor ihnen fliehen und sei es an den fürchterlichsten Ort (Pommern, ich glaube das ist hier eine Metapher.)
O, nehmt mich mit – sie hören nicht –
Die Wolken droben sind so klug!
Vorüberreisend dieser Stadt,
Ängstlich beschleungen sie den Flug.
[Aus einer anderen Perspektive wird einem erst die Einstellung, das Wesen der Leute bewusst. Von außen betrachtet kann man nur fliehen wollen. ---
Dem Dichter scheint das Getue, das Miefige, das Scheinheilige leid zu sein. Er wünscht mehr Ehrlichkeit, mehr Offenheit, mehr Großzügigkeit, keine Pedanterie, Fresssucht und Oberflächlichkeit.]
Es geht nicht um die Rückständigkeit Deutschlands, sondern um die negativen Seiten des modernen Kapitalismus, der in England z. B. viel stärker verbreitet war als im rückständigen Deutschland.
Er greift an:
- den Krämergeist, also den Kaufmannsgeist, den Profitsinn
- den Geiz des Kapitalisten, seine unedle, beschränkte Weltsicht
- die schlechten Manieren (Zigarren im Maul, Hände in der Hosentasche)
- das menschlich Tote, das Billige (Schellfisch)
- seine Kleinkariertheit und geheuchelte Tugend.
besser als der moderne Kapitalismus der Großstädte seien rückständige Gegenden wie Afrika oder Pommern (Ironie!).
Ups! Fehler!! Ich habe das Gedicht "Anno 1839" angeschaut und nicht "Anno 1829"! Vergiss alles, was ich geschrieben habe!