Fragen zur Gedichtsanalyse?

2 Antworten

  1. Zähle einfach und vergleiche.
  2. Guck nach, ob viele Vokale darin sind. Das sieht man ja, ob häufig Kombinationen aus mehreren Konsonanten vorkommen (dann sind im Vergleich wenige Vokale da) oder nicht. Es gibt auch klingende Konsonanten, das sind solche, die man länger aussprechen kann. Im Gedicht sollte man das betonen - genieße einfach das Aussprechen dieser Klinger.
  3. Solche, die man nicht länger aussprechen kann. Das sind die, die entweder Lippen, Zähne oder Kehle verschließen. Probiers aus ;-)

LukederFrager 
Beitragsersteller
 20.09.2018, 19:06

zu 1. : Ich hab das mal mit dem Gedicht „Daß du mich liebst“ von Heinrich Heine probiert. Verben: 12 Nomen:7 Adjektive: 6 Wären hier also Verben bevorzugt?

1
krivor  21.09.2018, 11:15
@LukederFrager

Tja, wenn ich mir das so durchlese, sieht das völlig normal aus. Der Autor scheint eine besondere Anzahl an Wortwahl jetzt nicht als Stilmittel eingesetzt zu haben.

Übrigens: Nimm mal lieber "Substantiv" statt "Nomen".

Nomen sind offiziell die deklinierbaren Wörter, dazu zählen also auch mindestens die Adjektive. Das wird nur oft schlampig gehandhabt in deutschen Grammatiken.

Mit dem Begriff "Substantiv" bist du auf der sicheren Seite. Das stimmt immer.

2

Ein Wort ist vokalreich, wenn es viele Vokale enthält, dazu zählt in der Poesie aber nicht das "e" in der Endsilbe. Denn krachen, bersten, zerstören sind vielleicht vokalreich, aber nicht klangvoll.

Harte Konsonanten sind p, k, t, z.

Ich hab schon als Kind eine extreme Empfindlichkeit für den Klang von Wörtern gehabt.

Zum Beispiel hat mich in der Kirche, wenn die ganze Gemeinde die Wörter "Auferstehung des Fleisches" gesagt hat, und "Freischschsches" klang wie wenn ein Metzger die Sehnen eines Schweins durchtrennt, der Ekel gepackt.

Das Gegenteil geschah bei Kiplings Gedichtzeilen:

On the road to Mandalay,
Where the flyin’-fishes play,
An’ the dawn comes up like thunder outer China ’crost the Bay!

...das Wort "Mandalay" hat mich allein wegen seines Klanges nicht mehr losgelassen.

Oder die Zeilen in Benns Gedicht Astern:

die Schwalben streifen die Fluten
und trinken Fahrt und Nacht.

Oder in Rilkes Gedicht "Der Knabe":

...und unsere Rosse rauschen wie ein Regen.

Oder bei Hofmannsthal "Die beiden":

Und beide bebten sie so sehr,
dass keine Hand die andere fand
und dunkler Wein am Boden rollte.

Für mich ist das Leben ein einziges wunderbares, klingendes Tongewebe. Und das ist der Grund für meine Liebe zu Gedichten. Wenn Du kannst, dann kauf Dir mal die drei CDs des "Rilke Projects" und lass Dich von den professionell gelesenen Versen einfangen.

Eigentlich wollte ich nur antworten, jetzt bin ich echt ins Schwärmen geraten.