Frage zu Selbstplagiat
Hallo!
Ich sitze gerade an meiner Abschlussarbeit, und stehe vor folgendem unklaren Punkt: Für meine Analyse nutze ich eine bestimmte Theorie (Hans Blumenbergs Mythentheorie), die ich in einem Kapitel zusammenfassen und vorstellen werde.
In einer früheren Hausarbeit habe ich die Blumenbergsche Mythentheorie auch schon einmal verwendet, und in einem Kapitel zusammengefasst und vorgestellt.
Mal abgesehen davon, dass ich nicht vorhabe, einfach Copy und Paste zu betreiben, ist es aber schon so, dass ich im Wesentlichen so ziemlich dasselbe schreiben werde, denn... es ist ja immer noch dieselbe Theorie :/ und mein Verständnis von ihr hat sich auch nicht verändert. Ich würde sie heute noch genauso erklären wie damals, und ich drücke mich weitgehend auch noch genauso aus wie damals (vor 2 Semestern).
Nun weiß ich aber ernsthaft nicht, ob mir daraus ein Strick gedreht werde könnte, Stichwort Selbstplagiat. Meine Hausarbeit vorher wurde ja auch nicht veröffentlicht, d.h. ich weiß nicht, ob es dreist wäre, mich selbst zu zitieren bzw. ob das überhaupt geht in einer Abschlussarbeit.
Hatte schon einmal jemand dasselbe Problem? Oder eine gute Idee, wie ich das lösen könnte? Rechtlich ist das ja alles eine Grauzone, aber ich möchte mich gerne auf der absolut sicheren Seite bewegen.
Danke und Grüße, Lichtpflicht
4 Antworten
Hallo Lichtpflicht,
ich würde dir davon abraten Teile deiner Seminararbeit zu verwenden. Der wichtigste Grund ist, dass Seminararbeiten keine zitierfähigen Quellen sind. Die Zitierfähigkeit fängt erst mit der Dissertation an.
Außerdem solltest du aufpassen wie die Eidesstattliche Erklärung bei euch zu lauten hat. Standardmäßig gibt es da in etwa eine Formulierung wie "Ich erkläre weiterhin, dass die vorliegende Arbeit noch nicht im Rahmen eines anderen Prüfungsverfahrens eingereicht wurde." Dort gibt es mitunter aber auch den Zusatz: "(...) die vorliegende Arbeit oder Teile dieser Arbeit (...)" Damit wäre dann dein Selbstzitat ein absoluter Schuss in den Ofen.
Zu guter Letzt musst du selbst wissen, wie du deinen Prüfer einschätzt, denn ja es kann a) etwas selbstbezogen und vermessen klingen aus einer Seminararbeit zu zitieren, b) kannst du den Anschein erwecken in deiner Abschlussarbeit, die ja die Krönung deiner bisherigen Uni-Karriere sein soll, den Weg des geringsten Widerstanden zu gehen. Beide Eindrücke würden sich vermutlich negativ in der Bewertung widerspiegeln.
Und ganz ehrlich, du hast es schon mal formuliert, schreib ein wenig um, passe es stilistisch an deine jetzige Arbeit an und vor allem, vergiss nicht die Quellen anzugeben. Letzteres ist ein häufiger Fehlschluss insb. bei Selbstzitaten. Nur weil du einmal Hern XYZ zitiert hast, kannst du, wenn du dich selbst zitierst den ursprünglichen gedankliche Beitrag von Hern XYZ nicht plötzlich weg lassen. Ich würde kein Risiko eingehen und es lassen. Du stehst kurz vor dem ende deines Studiums, vermassel es dir nicht auf den letzten Metern.
Lg Susan
So, ich hab nachgefragt, siehe unten. Den Stern gebe ich dir, weil das mit der Zitierfähigkeit von Seminararbeiten absolut korrekt ist. Und ich weiß jetzt auch, dass es absolut üblich ist, dass Teile von Seminararbeiten in den Abschlussarbeiten wiederverwendet werden, gerade wenn man öfter mit derselben Theorie arbeitet. Ich bin also weder link, faul noch fragwürdig, sondern normal, das Gefühl hatte ich nämlich fast schon :D. Puh!
Hätte mich jetzt auch überrascht, wenn deine Uni eine andere Antwort gegeben hätte als ich meinen Studenten vermittle.
Viel Erfolg noch beim Schreiben! :)
So, für alle, die das durch Zufall auch mal lesen werden: Ich habe bei der Fakultät nachgefragt. Die Antwort:
In der Wissenschaft ist es absolut üblich, dass Abschlussarbeiten auf Seminararbeiten aufbauen. Auch bauen Doktorarbeiten oft auf den eigenen Master- und Bachelorarbeiten auf. Jeder Wissenschaftler wird im Laufe seiner Forschung öfter einmal von derselben Theorie dasselbe berichten, das ist nicht zu vermeiden, und soll auch nicht vermieden werden.
Selbstplagiate sind nur dann rechtlich falsch, wenn eine eigene Veröffentlichung für eine neue Veröffentlichung ohne Kennzeichnung übernommen wird. Seminararbeiten und Bachelorarbeiten werden üblicherweise eh nicht veröffentlicht. Somit wäre das Selbstplagiat nicht strafbar, und ich könnte rechtlich tatsächlich Copy&Paste machen (aber nur in einzelnen Auszügen, nicht ganze Arbeiten!!!).
Falsch wäre es, sich mit einer unveröffentlichten Seminararbeit selbst zu zitieren. Das geht nicht, eigene Seminararbeiten sollen nicht zitiert werden. Das geht, wie susicute schrieb, erst ab der Doktorarbeit, alles vorher ist keine akzeptable, zitierfähige Quelle.
Fazit: Ich kann das Kapitel übernehmen, soll aber zumindest ein bisschen was umschreiben, andere Beispiele nehmen, den Aufbau leicht ändern, manche Sätze umformulieren. Das aber auch nur aus Gründen des guten Stils und Benehmens. Letztendlich geht es hier ja nur darum, eine bestehende Theorie zusammenzufassen, und nicht, neue Erkenntnisse zu entwickeln. Das wäre etwas anderes.
Und ich war offenbar der Erste, der sich deswegen überhaupt Stress gemacht hat :D
Auf jeden Fall sollte deine Hausarbeit im Literaturverzeichnis auftauchen. Auch wenn du nicht direkt oder indirekt zitierst, ist diese Arbeit doch Grundlage deines Wissens. Also gehört sie ins Literaturverzeichnis. Wer immer deine jetzige Arbeit korrigiert, kann sie ja bei dir einsehen, wenn sie nicht veröffentlicht wurde.
Ah okay, das klingt eigentlich ganz gut. Ich fühle mich trotzdem seltsam dabei, meine eigene Seminararbeit als Quelle anzugeben, das klingt so arrogant finde ich :D. Aber scheint eine sichere Lösung zu sein!
Das ist kein Selbstplagiat, sondern ein Selbstzitat - und natürlich absolut erlaubt. Es geht auch häufig gar nicht anders.
Hallo Susan, danke!
Nachdem ich ja nur die Theorie von Blumenberg zusammenfassen werde und nix Neues erfinde, ist es vollkommen unmöglich, dass ich Zitate "vergesse", da das Kapitel beginnt mit "Alle vorliegenden Zitate stammen aus Hans Blumenberg, Arbeit am Mythos etc.pp.". Da müsste man schon ein außerordentliches Maß an Dummheit aufweisen, um danach an den richtigen Stellen keine Gänsefüßchen und Fußnoten mehr zu setzen :D.
Ich denke, ich werde jetzt aber doch lieber mal meinen Dozenten anrufen. Deine und Schuhus Antwort widersprechen sich ja schon sehr :/