Erschleichen von Leistungen ohne es zu „erschleichen“?

5 Antworten

Oder habe ich generell die Bedeutung des Paragraphen falsch verstanden?

Ja, hast Du.

Alleine schon …

  • ohne ein gültiges Ticket in den Bus zu steigen
  • bzw. Dir darin nicht sofort von Dir aus eines zu lösen, falls sich die Automaten im Bus selber befinden

… und dann mitzufahren ist bereits eine "Erschleichung".

Weil Du die Situation ausnutzt, dass Du es auch ohne Ticket machen kannst und das Busunternehmen es in dem Moment nicht "weiss" und Deine Beförderung trotzdem stattfindet.

Es wäre nur dann keine "Erschleichung", wenn Du das beim Betreten des Busses mit dem Personal des Unternehmens (z.B. dem Busfahrer) besprichst und er Dir trotz nicht vorhandenem Ticket und ohne ein Ticket zu kaufen das Mitfahren erlauben würde.


ruhrgur  29.07.2024, 17:58
… und dann mitzufahren ist bereits eine "Erschleichung".

Pauschalisiert ist das nicht ganz richtig, wenn er, wie in der Frage angegeben, tatsächlich eindeutig darauf hinweist, dass er kein Ticket hat (einer Erlaubnis des Fahrers bedarf es mithin nicht). Damit ein Erschleichen bejaht werden kann muss vom Täter entweder eine Kontrollmaßnahme vorsätzlich umgangen werden oder er muss den Anschein der Ordnungsgemäßheit waren. Letzteres wäre hier im Zweifel nicht der Fall.

vgl. LK-StGB/Tiedemann § 265a Rn. 45 m. w. N.

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Waldmensch70  29.07.2024, 18:05
@ruhrgur
wenn er, wie in der Frage angegeben, tatsächlich eindeutig darauf hinweist, dass er kein Ticket hat 

Wem gegenüber denn genau?

Irgend einen anderen Fahrgast interessiert das nicht. Wenn, dann müsste er schon gegenüber einem Vertreter des Unternehmens aktiv darauf hinweisen und dann schauen ob er trotzdem mitgenommen wird.

Also einfach mit einem T-Shirt "Ich fahre schwarz" hinten in den Bus zu steigen dürfte nicht als "Hinweis" gegenüber dem dafür relevanten Vertragspartner ausreichen, da der das dann ja im Zweifel gar nicht mitbekommen kann...

Aber das ist nur meine persönliche Ansicht.

Du kannst es ja gerne mal ausprobieren, wie weit Du damit imm Zweifel vor Gericht kommst.

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ruhrgur  29.07.2024, 18:09
@Waldmensch70

Auf den Vertragspartner kommt es nicht an, sondern ob im Zweifel für einen objektiven Dritten erkennbar wäre, dass die Person nicht berechtigt ist, die Leistung in Anspruch zu nehmen. Bei einem T-Shirt ist dies nicht zwingend der Fall, wenn du aber bspw. den Busfahrer mündlich darauf hinweist und ein großes Pappschild hochhältst auf dem dies steht, wäre dies m. E. klar gegeben.

Klassisches Beispiel ist hier ein Obdachloser, der in die Bahn einsteigt um zu betteln. Den Straftatbestand der Leistungserschleichung verwirkt diese Person im Zweifel nicht, kann aber natürlich zivilrechtlich für den ausgebliebenen Gewinn bzw. die Verletzung der Beförderungsbedingungen in Anspruch genommen werden.

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Sofern du von vornherein nicht versuchst, den Anschein der Ordnungsgemäßheit zu wahren, ist der Straftatbestand nicht verwirklicht. Ein kleiner Button oder ähnliches dürfte hier aber im Zweifel nicht ausreichend sein, du müsstest wirklich offenkundig machen, dass du dich ohne Fahrschein im Verkehrsmittel aufhältst, damit eine Strafbarkeit ausscheiden würde.

Von der Zahlung des erhöhten Beförderungsentgelts kannst du dich dadurch im Übrigen natürlich auch nicht drücken.

LG

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Erfahrung als Wahlverteidiger (§ 138 II StPO)

Glaub du hast es falsch verstanden.

Sobald du im Zug sitzt und damit fährst nimmst du die Leistung in anspruch. Wenn du diese Leistung in Anspruch nimmst ohne dafür bezahlt zu haben, hast du sie erschlichen.


ruhrgur  29.07.2024, 17:50

Nein, erschlichen hat er sie nur, wenn er bei Inanspruchnahme der Leistung auch den Anschein der Ordnungsgemäßheit wahrt.

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MertIs  29.07.2024, 18:00
@ruhrgur

Interessant. Hmm, wie das genau auszulegen ist, das scheint unter Juristen ja durchaus umstritten zu sein. Gab auch anderslautende Urteile (dass die unrechtmäßige Inanspruchnahme der Leistung schon ausreicht für eine Erschleichung). Aber ich bin kein Jurist, hängt dann wohl vom Einzelfall und Richter ab.

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ruhrgur  29.07.2024, 18:02
@MertIs

Die Inanspruchnahme reicht definitiv nicht, weder nach Meinung des Schrifttums noch nach Rechtsprechung des BGH. Umstritten ist aber, ab wann man nicht mehr vom Erschleichen ausgehen kann. Wie @Still bereits angemerkt hat, wurde bspw. trotz T-Shirt-Aufdrucks die Ordnungsgemäßheit (und damit das Erschleichen) weiter bejaht.

Wenn man aber tatsächlich beim Einsteigen darauf hinweist, dass man kein Ticket hat und ein großes Schild hochhält, auf dem dies steht, müsste man m. E. nach die Ordnungsgemäßheit verneinen.

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Wenn er mit dem Schild am Fahrer vorbeigeht fliegt er raus, so einfach ist das. Macht er dann die Welle ist das Hausfriedensbruch. Steigt er mit dem Schild hinten ein, ist das erschleichen von Leistungen.

Das mit dem T-Shirt-Aufdruck hat schon einer erfolglos versucht.