Erinnerungen für die Zukunft oder Abschied von der Kindheit?!?

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Liebe rivabella, ich kann mit dir fühlen, denn auch ich bin gerade am aussortieren, weil wir demnächst umziehen werden. Meine Söhne sind erst 15 und 18 und die wollen auch nichts behalten aus den Kindertagen, natürlich. Das ist ja schließlich kitschig und sentimental. Ich war schon zum Flohmarkt, aber so schnell wird man nichts los. Aber mit jedem Gang und jedem Ein- und Ausräumen fällt es mir leichter, Sachen wegzugeben. Meine Mutter hat mir auch immer Sachen aufbewahrt, weil sie meinte, mir läge was daran. Ich durfte nichts in die Mülltonne tun, sondern ich legte es in den Keller und meine Mam holte es wieder hervor. Entzetzlich! Noch heute traue ich mich manchmal nicht, kräftig zu entrümpeln, denn alles hat noch seinen Wert. (Meine Mam ist ein Kriegskind...)

Einen alten Stoffchimpansen, der zu Weihnachten mal oben im Tannenbaum gesessen hatte, wurde auch verwahrt. Der war immer meine Judy (von Daktari, der Sendung, du erinnerst dich?). Aber haben wollte ich den nicht, weil er eigentlich häßlich war. Meinen Söhnen hat sie den immer gezeigt und ihre Geschichte dazu erzählt.

Ich verwahre auch viel zu viel, mehr Papiere, die ersten Anmeldungen oder Schreiben von Kindersportgruppen meiner Söhne. Das waren so unendlich viele Aktivitäten und Sportkrabbelgruppen, Schwimmvereine, was weiß ich... Ich muß viel mehr entmisten, denn das befreit auch und, was vielmehr zählt, es erleichtert das Leben ungemein mit wesentlich weniger Kram.

Jetzt hat mich eine Elternvertreterin aus der Schule angeschrieben, weil wieder Päckchen für Minsk gespendet werden, und dorthinein kommen jetzt noch so ein paar kleine Spielsachen und natürlich das, was sie wirklich brauchen, Mütze, Schal, Handschuhe, ein Pullover (aus meinem letzten Repertoire), den Rest (Zahncreme, Z-Bürste, Schokolade und Gummibärchen...) habe ich dazugekauft. Es hilft mir, wenn ich nicht alles wegwerfen muß, sondern ich weiß, dass sich vielleicht ein paar Kinder im Kinderheim in Weißrussland sehr freuen werden. (Die leiden dort immer noch unter der Tchernobyl-Katastrophe und es ist erbärmlich ärmlich. - Und wir ertrinken hier in Sachen, ist schon paradox.) Insgesamt habe ich fünf Pakete gepackt, die ich morgen wegbringe.

Viele Dinge sind nicht zu schlecht zum Verschenken, sondern du solltest sie an Sammelstellen abgeben, die du übers das i-net rausbekommst. Viele Kinder haben gar nichts. Ich verwahre nur einen ganz kleinen Teil, weil ich sonst im Krempel ersticke. Wir haben in der neuen Bleibe zwar genug Wohnraum, aber nur einen winzigen Keller und keinen Speicher unter dem Dach, also muß ich sehr viel auf einmal wegtun. Jungen sind sowieso nicht so sentimental, daher verwahre nur, woran dein Herz hängt und belaste deinen Sohn nicht weiter mit fragen. Ich kenne das von meiner Mutter, bin selber eine Frau und ich finde es zu viel. Die Erinnerungen sind in meinem Kopf. Dinge horten macht mich im Moment, da ich mich hier um mich selbst drehe, eher sauer auf mich selber und meine anerzogene Sammelwut.


Claud18  01.12.2010, 19:52

Eine gute Idee. Mir fällt es auch nicht so schwer, mich von Sachen zu trennen, wenn ich weiß, dass sie noch jemand gebrauchen kann.

schnecke64  02.12.2010, 15:13
@Claud18

Genau, alles was man unnötigerweise wegwirft, erhöht dazu auch noch den Müllberg.

Jetzt habe ich nochmal fünf Umzugskartons bei einer Second-Hand-Boutique der Kirche abgegeben, die die Sachen für diese ehrenamtlich verkauft. Unzählige (Kinder-) Bücher, guterhaltene Kleidung, und so vieles, was hier nicht mehr gebraucht wird. Sauber und gutsortiert. Mein Miniauto war voll bis zum Rand... und ich nachher wieder mal erleichtert.

rivabella 
Beitragsersteller
 19.11.2010, 00:13

>denn das befreit auch< genau das erlebe ich gerade mit den anderen Dingen, die ich entrümpele: Ballast abwerfen, nicht nur den "Greifbaren", kann so befreiend sein.

Danke für Deine sehr ausführliche Antwort :o))

tischbein  18.11.2010, 22:36

zu Deiner Aw müßten viel mehr Daumen kommen! Toll!

Dein Sohn hat die Entscheidung getroffen. Er will die Dinge nicht. Du hast Sehnsucht nach Deiner Kindheit und bekommst sie nicht erfüllt. Was solltest Du tun? Das kann Dir keiner sagen, aber letztendlich...ich würde die Dinge wegschmeißen. Frag ihn nochmal, sagt er ja, dann ja. Das ist nicht Dein Leben, sondern seins. Abegesehen davon, vielleicht findest Du noch eine Sammelstelle, viele sind bedüftig und niemand spendet, weil viele denken, dass die Ware zu schlecht ist.


rivabella 
Beitragsersteller
 02.11.2010, 00:13

Danke, ich werde ihn noch ein letztes Mal fragen. Aber die Sachen sind fast alle zum Verschenken nicht mehr gut genug !!!

Ich habe auch alles aufgehoben. Und freue mich jetzt schon darauf, dass eines Tages vielleicht Enkel kommen und ich ihnen das präsentieren kann.

Wenn ich daran denke, unter welchen Schwierigkeiten ich damals (tiefste DDR-Zeiten) überhaupt Kinderbücher bekommen habe, bringe ich es nicht übers Herz, sie zu entsorgen. Und da es sehr schöne sind, werden sich die Enkel sicher darüber freuen.

Nur Sachen, die nicht so einen hohen ideellen Wert haben, habe ich verschenkt. Die Frau eines Kollegen arbeitet mit bedürftigen Familien. Es gibt wirklich welche, die gar nichts haben. Denen habe ich es natürlich gern gegeben.


rivabella 
Beitragsersteller
 06.11.2010, 22:42

So wie es aussieht habe ich z. Zt. leider überhaupt keine Aussicht auf Enkelchen !!!

Virginia47  07.11.2010, 08:07
@rivabella

Das kommt noch. Mir hat meine Tochter auch angekündigt, dass ich noch zwei Jahre warten muss.

Oder Du suchst Dir "Ersatzenkel", die bestimmt auch dankbar wären, wenn sie etwas aus der Vergangenheit zu spielen bekommen.

Bevor ich antworte, solltest du wissen, dass ich zum Sammeln und Aufbewahren neige. Das mag meine Einstellung etwas relativieren.

Meine Eltern haben, zumindest als ich im Alter deiner Kinder war, meine sämtliches Spielzeug in den Müll befördert, wenn sie glaubten, ich sei nun zu alt dafür. Glaube mir, ich habe darüber echte Kämpfe ausgefochten und manchmal mit Tränen in den Augen am Fenster gesessen, wenn der Sperrmüll meine Schätze abgeholt hat.

Ich denke, dass sich die Einstellung zu Erinnerungen im Laufe des Lebens wandelt, auch die Einstellung zum Loslassen und Verabschieden. Das gilt ein Stück weit auch für Erinnerungsstücke und Spielzeug.

Ich würde versuchen einen Mittelweg zu gehen. Dinge, die wirklich nichts mehr taugen, und die auch in den Augen deiner Kinder keinen Wert mehr haben, kannst du entsorgen.

Wenn jedoch dein Herz daran hängt, und du den Platz hast, dann bewahre die Kisten auf.

Wenn es dir deine Kinder nicht danken, weil sie sich daran erinnern, so wird es möglicherweise für dich und deine Enkelkinder ein ganz besonderes Erlebnis, zusammen in dem zu stöbern, was Mama und Papa einmal wichtig war, als sie Kinder waren.

Und für dich wird das sicher auch ein schönes Erlebnis.


kiramarie  09.11.2010, 21:03

Super Antwort! DH.

Lilly2643  26.11.2010, 23:30
@kiramarie

@Teddy - jetzt erst gelesen. Super Antwort.

Ich bin (leider) auch so eine Sammlerin, kann mich schlecht von etwas trennen.

-

Wenn meine Eltern etwas in den Müll getan hätten, was ich unbedingt behalten wollte, wäre ich ewig sauer gewesen. Ich hab mich schon über ein paar Zeitschriften aufgeregt, die mein Vater damals entsorgt hat.

rivabella 
Beitragsersteller
 06.11.2010, 22:39

@ teddybaeruj: Es geht ja „nur“ noch um zwei Kisten von meinen zweiten Sohn. Aber mir ist heute Nachmittag die Idee gekommen, den „Kram“ in eine „Schatzkiste“ von Ikea zu tun: http://cutin.de/v3qe , für den jetzigen Inhalt, nämlich „Stoffreste“ findet sich bestimmt ein anderes Plätzchen :o))

Schöne Grüße von jemandem der genau heute wegen diesem Thema Stress mit der Mutter hatte (ich bin 17).

Ich versthe dich gut. Ich war diejenige die alles behalten wollte und meine Mutter wollte entrümpeln. Ich bin was das angeht sehr Generationen und familiär veranlagt. Für meine Mutter war das Müll aber für mich waren es Schätze mit wunderschönen Erinnerungen an die unbeschwerte Zeit! Und die Vorstellung das ich meine Sachen irgendwann meinen Kindern oder Enkeln vererbe und ihnen träumerisch von meinen Erinnerungen erzähle macht mich ganz froh und ich freue mich jetzt schon darauf.

Und der Gedanke das meine Mutter das wegschmeisen will verletzt mich wirklich.

Aber vielleicht sollte man bei manchen Dingen wirklich los lassen. Heb ein paar besondere Stücke auf. Und das andere Spende vielleicht (kommt darauf an was es ist) auf jedenfall nicht wegschmeisen. Denn dann kann jemand anderes auch noch schöne Erinnerungen dafür sammeln und sie existieren irgendwo auf dieser Welt weiter.

Man kann ja nicht ewig alles von Generation zu Generation aufheben. Das könnte irgendwann sehr voll im Haus werden =)

Jedenfalls wenn dein Sohn die nicht haben will wer hat gesagt das du die nicht weiter behalten kannst und irgendwann deinen Enkeln geben kannst die können vielleicht das wieder gebrauchen (und schätzen vielleicht den Wert von alten Besitztümern).

Ich wünsche viel Glück beim trennen der Sachen. Und das es nicht so schwer fällt.


Claud18  01.12.2010, 19:50

Bei meinen Großeltern war es noch leicht. Die haben die Spielsachen ihrer Kinder zunächst behalten, nach ihrem Tod wurden sie auf 16 Enkel verteilt, und da blieb für jeden nur wenig.

rivabella 
Beitragsersteller
 06.11.2010, 22:51

Leider habe ich bisher keinerlei Aussicht auf Enkelchen !!!

Ranma  08.11.2010, 19:28
@rivabella

Kommt schon noch ;). Außer alle deine Kinder sagen die wollen keine Kinder, dann ist es vielleicht ein Problem. Aber dann sag ich nur das Leben birgt manchmal Überraschungen. Jedenfalls würde ich ein paar schöne Dinge auf jedenfall aufheben. Dann hast du während der Zeit wenigstens noch ein paar nette Erinnerungen.