Erinnerung aus der (frühen) Kindheit kommen (langsam) wieder?
Guten Abend an Euch alle,
ich hatte, bevor ich eine Psychotherapie begonnen habe, immer das Problem, dass ich mich an den größten Teil meiner Kindheit gar nicht mehr erinnern konnte.
Weder an gute noch an schlechte Ereignisse.
Teilweise waren die Lücken so krass, dass ich mir echt Sorgen gemacht habe und das auch ärztlich abklären lassen habe. Damals wurde keine Ursache gefunden.
Immer, wenn Leute aus meiner Familie von der Vergangenheit erzählt haben, wusste ich nichts mehr.
Seitdem ich in Therapie bin, merke ich, dass ich "auf einmal" wieder Erinnerungen habe, von denen ich gar nicht mehr wusste, dass ich sie besitze.
Das ist nicht immer positiv und mitunter auch ziemlich krass für mich, weil es manchmal extrem triggernd sein kann, gewisse Bilder wieder im Kopf zu haben und gewisse Situationen "wiederzusehen."
Inzwischen weiß ich, dass ich dazu neige, Dinge, die mich belasten, so lange zu verdrängen, bis sie mich zwanghaft einholen werden und dass das Verdrängen nicht immer gut war.
Manchmal entsetzt es mich auch, wie ich gewisse Dinge so sehr verdrängen konnte.
Habt ihr (ähnliche) Erfahrungen in diesem Bereich gemacht?
4 Antworten
Googel mal im Netz nach "False memory effect". Es kann nämlich auch passieren, dass man plötzlich der Meinung ist, Erinnerungen an etwas zu haben, was in Wirklichkeit doch nie passiert ist.
Dir alles erdenklich Gute!
Ja, das ist in Therapien so, dass das Innerste nach Außen gekehrt wird und manchmal die Dose der Pandora geöffnet wird und man schwer daran zu knabbern hat.
Eine Therapie ist kein Spaziergang, da wird nach einer Therapiestunde noch so manche Träne daheim geweint.
Der Mensch ist ein Künstler in der Verdrängung, manchmal ist es aus Eigenschutz auch nötig. Da wäre die Erinnerung eine Überforderung für den Menschen, und so wird sie quasi verschüttet.
Wenn nun einiges bei Dir "ausgegraben" wird, dann sag das dem Therapeuten, dass das nach Deinem eigenen Tempo geschehen soll, denn Du musst es ja auch verarbeiten.
Alles Gute für die Therapie
Geht mir ganz genau so, mir war immer klar meine Kindheit und Jugend dass die übel war, aber so übel...
2016 ist mein lebenskonstrukt zusammen gebrochen, durch einen auslöser, bis dahin hatte ich freunde, arbeit und einen Partner.
Mein Partner war der auslöser damals, sind immer noch zusammen Mitleerweile 26 jahre.
Doch seitdem bin ich nur noch ein frack.
War auch grad wieder 4 mon. In der klinik, dortige thera hat immet versucht mir klar zu machen, dass ich es mir nicht einbilde, so detailliert kann man sich nichts einbilden, auch meine dissiationen, kommen halt nicht von ungefähr.
Für mich halt unbegreiflich, dass ich über 4 Jahrzehnte "normal" gelebt haben.
Jetzt gabe ich dis., ptbs, schwere rezidive Depressionen, angsterkrankung.
Grmpf
Ich wünsche dir alles gute
Ich kenne es so, dass die Erinnerungen dann kommen, wenn man in der Ruhe ist, wenn der Geist bereit für die schrecklichen Erinnerungen ist. Ich hatte durch meine Kindheit Alpträume. Sie war auch mies. Und eines Morgens nach meinem Traum dachte ich über diesen nach und begriff das dieser auch eine Erinnerung und nicht nur ein Traum. Mir ging es diesen Morgen ganz schlecht und ich fragte meinen Mann, ob er sich diese Ereignis vorstellen könnte. Er verneinte. Aber ich suchte im Internet nach anderen Bsp. Die gab es . Auch ich dissoziere unter Druck. Vielleicht kommst du auch nicht damit klar wie viele Verwandte aktiv weggesehen haben und es sich bequem gemacht haben, ich habe seit Jahren daran zu knappern ,es tut so sehr weh. Ich wünsche dir alles Gute
Ja, mir kamen auch erst während einer Therapie Erinnerungen. Und im Laufe der folgenden Jahre wurden die Stück für Stück immer detaillierter. Sie fügten sich wie ein Puzzle Teil für Teil zu einem plausiblen Ganzen zusammen. Ich bekam auch noch Informationen von Verwandten, die dazu passten.
Damit gibt's nun glaubwürdige Erklärungen, warum mein Leben so verlief wie es geschah und warum ich heute so bin wie ich bin.
Geholfen haben mir die Erinnerungen jedoch kaum, wenn überhaupt. Ein Therapieerfolg ist auch nicht von Erinnerungen abhängig. Es reicht, sich darüber bewusst zu werden, was jetzt ist, was du jetzt fühlst. Denn deine Vergangenheit hat dein jetziges Erleben geprägt. Die Ursache für deine aktuellen emotionalen Schwierigkeiten sind z. T. deine vergangenen Erfahrungen. Insofern kann man sagen: Die Vergangenheit kann auch heute noch präsent sein. Damit kann man therapeutisch arbeiten, - auch ohne sich an konkrete vergangene Ereignisse zu erinnern.
Vielen lieben Dank für Deine Antwort!