Entstehung von Farben anhand des linearen potentialtopfes

1 Antwort

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo jojus,

da wirst du noch einiges an Arbeit haben bis morgen. ;-)

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Zunächst einmal solltest du beschreiben, was ein linearer Potentialtopf überhaupt ist. Es ist ein Modell eines Teilchens im Kasten, eindimensional und so relativ einfach zu berechnen.

Unter der Voraussetzung, dass die potentielle Energie der Teilchen im Potentialtopf gleich Null ist und sie nur kinetische Energie besitzen, ergeben sich verschiedene Energieniveaus n im eindimensionalen Potentialtopf.

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Das Teilchen wird wie üblich mit Hilfe einer einfachen Wellenfunktion beschrieben. Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Teilchens im Potentialtopf lässt sich somit durch die Auslenkung einer stehenden Welle beschreiben, wobei jedes Energieniveau n einem Vielfachen der halben Wellenlänge (λ/2) entspricht (siehe Bild 1), ansonsten würde sich die Welle durch Überlagerung selbst auslöschen.

Das Vielfache der halben Wellenlänge wird als L bezeichnet, da L für die Länge des "Kastens" steht und die Teilchen in einem Potentialtopf können nur in fest definierten Zuständen existieren, die durch die Quantenzahl n beschrieben wird und für die einzelnen Energieniveaus steht.

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Wenn nun innerhalb dieses Potentialtopfes ein Teilchen angeregt wird (beispielsweise durch Energiezufuhr in Form von Bestrahlung), springt es auf ein höheres Energieniveau. Dabei gibt es keinen langsamen Übergang, sondern einen Quantensprung, da nur ganz bestimmte Energieniveaus n existieren.

Ebenso kann das Energieniveau unter Abgabe von Energie verringert werden.

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Hierzu kann man jetzt die wildesten Rechnungen anstellen, ich weiß allerdings nicht, wie tief du vorhast ins Thema einzusteigen, deswegen lasse ich die Mathematik erstmal weg, interessant könnten für dich allerdings die Schrödinger-Gleichung, die Berechnungen zur de-Broglie-Wellenlänge und das Pauli-Prinzip sein.

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Jetzt machen wir mal einen Sprung vom Model in die Realität:

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Moleküle, die bei uns einen Farbeindruck hervorrufen, haben ganz bestimmte chemische Strukturen. Moleküle mit σ-Bindungen (Einfachbindungen) absorbieren elektromagnetische Energie im nicht sichtbaren Bereich, Moleküle mit π-Bindungen (Doppelbindungen) hingegen werden von Photonen angeregt. Liegen diese Wechselwirkungen im sichtbaren Bereich, entsteht ein Farbeindruck.

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Wenn mehrere Doppelbindungen konjugiert in einem Molekül vorliegen, liegt eine Delokalisierung der π-Elektronen vor, sodass der Abstand zwischen den oben erwähnten unterschiedlichen Energieniveaus verringert wird. Das Absorptions- bzw. Emissionsmaximum verschiebt sich in Folge dessen in Richtung längerer Wellenlängen.

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Die Voraussetzung für Farbigkeit sind somit Moleküle mit delokalisierbaren Elektronen, diese Art von Molekülen nennt man Chromophore. Die Gestalt des jeweiligen Chromophors bestimmt das Absorptionsmaximum und damit den Farbton des Stoffes, die Anzahl der Chromophore bestimmt die Farbintensität.

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Das delokalisierte Elektronensystem entspricht nun unserem eindimensionalen Potentialtopf. Die Schritte zwischen den Energieniveaus haben für jedes Molekül eine spezifische Größe. Diese Größe entspricht der Energie, die für einen Sprung auf ein höheres Energieniveau nötig sind. Aus diesem Grund haben verschieden strukturierte Stoffe unterschiedliche Absorptionsmaxima.

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Wie zuvor erwähnt bestimmt das Absorptionsmaximum die wahrgenomme Farbe. Der Mensch kann Farben im Bereich von Wellenlängen mit ca. 380-750 nm wahrnehmen (siehe Bild 2). Hat ein Stoff beispielsweise sein Absorptionsmaximum bei 520 nm, wird das grüne Licht sozusagen "verschluckt" und der Mensch sieht diesen Stoff in der entsprechenden Komplementärfarbe, in diesem Fall rot.

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Das Emissionsmaximum, also die Aussendung von Energie durch einen Sprung auf ein niedrigeres Energieniveau hat nur bei bestimmten Stoffen eine Bedeutung, nämlich bei fluoreszierenden Farbstoffen (Lumineszenz).

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Zurück zu den Absorptionsmaxima. Wenn sich das Absorptionsmaximum eines Stoffes ändert, verändert dieser Stoff also seine Farbe.

Doch wie kommt es zu dieser Änderung des Absorptionsmaximums?

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Wie bereits erwähnt hängt das Absorptionsmaximum von der Energie ab, die für einen Quantensprung notwendig ist. Der Abstand zwischen den Energieniveaus muss somit verkleinert oder vergrößert werden. Das passiert dann, wenn sich die Größe des Potentialtopfes verändert, wenn also das delokalisierte Elektronensystem verkleinert oder vergrößert wird.

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Beispielhaft kann man dazu den Indikator Phenolphthalein betrachten. Dieser Indikator ist bei einem pH-Wert von ca. 0-8,2 farblos, bei höheren pH-Werten pink (siehe Bild 3).

In Bild 4 ist die Struktur des farblosen Phenolphthaleins oben links sichtbar. Es lässt sich erkennen, dass es 3 kleine mesomere System gibt (die 3 aromatischen Ringe), die durch das zentrale Kohlenstoffatom mit den 4 Einfachbindungen voneinander getrennt sind. Bei einem höheren pH-Wert liegt das Molekül in einer anderen Form vor, sodass sich 2 größere mesomere Systeme bilden.

In Folge dieses Vorgangs verschiebt sich das Absorptionsmaximum von 300 nm (farblos) auf 550 nm (pink).

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Ich hoffe meine Antwort konnte dir weiterhelfen und falls noch Fragen offen sind, dann frag gerne. :-)

Schöne Grüße!

Bild 1 - Energieniveaus - (Physik, Biologie) Bild 2 - sichtbares Licht - (Physik, Biologie) Bild 3 - Farbumschlag - (Physik, Biologie) Bild 4 - Strukturänderung von Phenolphthalein  - (Physik, Biologie)

jojus123 
Beitragsersteller
 13.03.2011, 19:18

Danke, danke, das beantwortet haargenau meine Frage.

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Qualia  13.03.2011, 19:54
@jojus123

Kein Problem, war mir gar ein Vergnügen! :-)

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