Eklektizismus

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Eklektizismus ist von den griechischen Wörtern ἐκλεκτός = „ausgewählt", „auserwählt", „erwählt", „gewählt" und ἐκλέγειν = „auslesen", "auswählen", "herausnehmen"; „einsammeln", „eintreiben", „erheben" abgeleitet.

Eklektizismus ist ein Herausnehmen von Teilstücken aus verschiedenen Ansätzen.

Es gibt bei dem Begriff schon früh einen Bezug zu Philosophie.

Diogenes Laertios 1, 21 erwähnt als eine eklektische philosophische Richtung (ἐκλεκτική τις αἵρεσις) die des Potamon von Alexandria, der sich von jeder der philosophischen Richtungen das, was ihm gefiel (τὰ ἀρέσκοντα ἐξ ἑκάστης τῶν αἱρέσεων), auswählte.

Meines Erachtens gibt es beim Eklektizismus, so wie der Begriff verwendet wird, zwei Begriffsbedeutungen. In der einen Bedeutung meint der Begriff allgemein das Auswählen/Herausgreifen von Teilen aus unterschiedlichen Ansätzen, ohne daß ein Urteil über diese Art der Zusammenstellung festes Wesensmerkmal des Begriffs ist. In einer anderen Bedeutung ist auch ein abwertendes Urteil ausgedrückt. Dann wird das Herausgreifen als ziemlich beliebig beurteilt bzw. das Ganze als nicht folgerichtig zusammenhängend, nicht in sich stimmig und nicht zu einer Sache passend (fehlende „innere Richtigkeit").

Anregungen können aus verschiedenen Richtungen gewonnen werden. Die Frage ist, ob etwas geistig durchdrungen ist, ein schlüssiges Ganzes bilden kann. Sich einfach das einem selbst Passende, aus irgendeinem Grund Zusagende auszusuchen, greift dafür noch zu kurz. Eigene Gedanken, die eine Aneignung leisten, fehlen dann und ein Problem ist, ob nicht für das Teilstück Voraussetzungen nötig sind, die nicht weggelassen werden können bzw. dann auf andere Art zu schaffen sind, um eine tragfähige Verbindung zu erreichen.

Jürgen Mittelstrass, Eklektizismus. In: Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. Herausgegeben von Jürgen Mittelstrass, Band 2: C – F. 2., neubearbeitete und wesentlich ergänzte Auflage. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2005, S. 405:
Eklektizismus, (von griech. ἐκλέγειν, auswählen; vgl. Diog. Laert. I, 21), Bezeichnung einer philosophischen Richtung, in der die eigene Position durch die Übernahme fremder Lehrstücke bestimmt ist. In der Antike galten als Eklektiker z. B. Karneades, Antiochos von Askalon, und M. T. Cicero, in der Neuzeit z. B. C. A. Crusius, C. Garve und V. Cousin. In dem von D. Diderot geschriebenen Artikel ›éclectisme‹ der ›Encyclopédie‹ (V[1755], 270 – 293) wird im Gegensatz zu der etwa seit G. W. F. Hegel (‹oberflächliches Aggregat‹, Vorl. Gesch. Philos., Sämtl. Werke XIX, 32) vorherrschenden abwertenden Bedeutung von E. eklektisches Denken mit aufgeklärtem Denken gleichgesetzt.“

Lexikon der Kunst : Malerei, Architektur, Bildhauerkunst; [in 12 Bänden]. Gesamtleitung: Wolf Stadler. Redaktionsleitung: Peter Wiench]. Band 4: Dego – Gai. Genehmigte Sonderausgabe. Eggolsheim : Edition Dörfler im Nebel Verlag, 2006, S. 139:
Eklektizismus, Bezeichnung für eine Anlehnung oder die direkte Übernahme von Stilen anderer Künstler oder Epochen, die aufgrund fehlender eigenschöpferischer Fähigkeiten erfolgt. Häufig werden dabei mehrere Stilarten zu einem einzigen Kunstwerk vereint. Entscheidend ist, daß solche Kombination von Vorbildern zitathaft erfolgt, d. h. ohne Verständnis für den ehemaligen Verwendungs- und Systemzusammenhang der entlehnten Formen. Der Begriff Eklektizismus basiert allerdings stark auf einem neuzeitlichen Verständnis von Kunst, in dem das Moment des Schöpferischen eng mit dem des Originären und Originellen verknüpft ist. Diese Vorstellung war jedoch z. B. weiten Teilen des frühen und hohen Mittelalters fremd. Der Anschluß an formale und ikonographische Traditionen galt häufig sogar als künstlerische Lösung, wie etwa die byzantinische Ikonenmalerei belegt. Auch in der Kunsttheorie und –praxis der Renaissance und des Manierismus war es vielfach üblich, Elemente bewährter Kunstwerke zum Teil exakt zu übernehmen und zu neuen Werken zu vereinen. Der Begriff wird deshalb oft eingeengt auf eine Kennzeichnung für die stilvermengende Baugesinnung des → Historismus. Die neuere Forschung enthält sich jedoch einer abwertenden Klassifizierung im Zusammenhang mit diesem Begriff.“


helisua66 
Beitragsersteller
 06.09.2011, 23:47

Ja, ich denke auch, daß wir uns hier nicht allzu sehr um ein Richtig oder Falsch der Begriffsauslegung streiten sollten, sondern wohl davon ausgehen können, daß es zumindest zwei Bedeutungen dafür gibt. Ich sehe aber die Unterschiede etwas anders, denn für mich ist der Begriff in jedem Fall negativ, doch es gibt die negative Auslegung der ‚Enzyklopädisten’, zu der auch die anfangs in dem von mir erwähnten Quiz geforderte Antwort gehört, und es gibt eine subjektiv-kritische, zu der ich mich bekenne. Wenn wir aber, um die enzyklopädische Auslegung zu begründen, antike Philosophen heranziehen, müssen wir in jedem Fall berücksichtigen, daß damals ganz andere Maßstäbe galten als heute. Zumal Diogenes Laertios war ja eigentlich eher ein Enzyklopädist als ein eigenständiger Philosoph. Da lag es wohl für ihn näher, Klassifizierungen zu bilden und mit einer gewissen Strenge darauf zu achten, daß das niemand durcheinanderbrachte, während doch eigentlich der Prozeß des eigenständigen Denkens – so meine ich – durch eine gewisse Geschmeidigkeit gekennzeichnet sein sollte und darin besteht, sich stets aus allem einen eigenen Text zu machen. Aber auch in diesem von mir betonten weniger formalistischen Sinn muß zwischen passend und unpassend unterschieden werden, doch läßt sich das kaum mit Zitaten und prominenten Verweisen begründen, sondern immer nur mit dem je eigenen Empfinden.
„Anregungen können aus verschiedenen Richtungen gewonnen werden..“ Ich meine sogar, daß die meisten Künstler, Wissenschaftler und Philosophen nur so gearbeitet haben. Alle geistigen Werke sind mehr oder weniger ein Ergebnis der kollektiven Kommunikation. Man sollte sich etwa nur einmal die Entwicklung der Animationstechnik von King Kong bis zu den heutigen Dinosaurier-Filmen vor Augen führen und wird sehen, daß der darin liegende technische Fortschritt nur durch permanentes Vergleichen entstanden ist. (Ich wähle dieses Beispiel, obwohl es bezüglich der allgemeinen Technik ansich ohnehin trivial ist, deshalb, weil hier die Verbindung zur Kunst offensichtlich ist.) Aber alles muß zu etwas Eigenem verarbeitet werden. Wenn allerdings Diderot eklektisches Denken mit aufgeklärtem Denken gleichsetzte, kann es auch sein, daß er das ganz anders meinte, weil nämlich gerade er (!) eigentlich gar kein Enzyklopädist im sonst verstandenen Sinn war. Gerade die von ihm mitbegründete historische Enzyklopädie versuchte ja einen Neuanfang, indem sie sich von der Scholastik abzusetzen bemühte. Versuche aber einmal, auf dieses Beispiel etwa bei den Wikipedia-Adminstratoren zu verweisen! Die haben dafür keinen Sinn mehr. Aber die von uns heute zumeist gesehene negative Bedeutung des Eklektizismus war in der Tat nicht nur dem europäischen Mittelalter fremd, sondern auch den östlichen Künstlern (etwa den chinesischen oder japanischen, die jahrhundertelang ansich immer nur ‚ikonisch’ malten).

Negativ: "Eklektizismus" ist oft synonym für "Kitsch", d. h. Unpassendes soll passend gemacht werden (Kitschtapete --> Wölkchen, Pferdeköpfe etc. wäre Kunstkitsch oder Eklektizismus). In der Religion wäre das so was wie ein bisschen Christ und ein bisschen Hindu - das geht nicht wegen dem ersten Gebot: "Ich bin der Herr dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben neben mir". Personenkulte und Vergottungen gehen so auch nicht. Diese wiedersinnigen Dinge nennt man in der Religion für gewöhnlich "Sekte" - und die sind Eklektizistisch.

Positiv: In der Kunst kannst du sehr wohl eigentlich unpassendes zusammen bringen, etwa auf der Bühne. Verschiedene Charaktere symbolisieren verschiedene Dinge, die unpassend sind.

Aber: Was meinst du jetzt mit Eklektizismus?


helisua66 
Beitragsersteller
 30.08.2011, 16:40

Ich beziehe mich in meinem Verständnis des Begriffes weitgehend auf das, was auch in Wikipedia darüber steht (und zwar nicht deswegen, sondern weil wohl dessen Autor aus den gleichen Quellen schöpfte wie ich). Insofern ist etwa der architektonische Historismus eklektisch und wird i.a. mit Kitsch gleichgesetzt. Während ich darin aber tolerant bin und z.B. den schinkelschen Bauten eine eigene hohe Ästhetik zubillige und mich dann frage: Warum eigentlich nicht? Wo steht geschrieben, daß die historischen Elementegruppierungen ein für alle mal dogmatisch festgelegt sein müssen? , dreht sich mir der Magen bei vielen modernen Operninszenierungen um, wo etwa Lohengrin im Nazikostüm auftritt. Insofern ist die Grenze zwischen Kunst und Kitsch auch immer eine subjektive Abwägungsfrage. Wenn du allerdings sagst: Unpassendes soll passend gemacht werden, so halte ich das bereits für einen Widerspruch in sich selbst, da etwas entweder unpassend oder passend ist und deshalb Unpassendes nicht passend gemacht werden kann. Was die Religion betrifft, so habe ich ausdrücklich von orthodoxer Kirchengläubigkeit gesprochen und nicht von Religion, denn in Bezug auf diese bin ich ebenso wie bei der Philosophie der Ansicht, daß sie jeder in sich selber finden muß und es ihrem inneren Wesen widerspricht, wenn man da irgendwelche festen Linien vorschreibt. Ob Sekten eklektisch sind oder nicht, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Schließlich war auch das Urchristentum ursprünglich eine Sekte und da sogar gerade noch am echtesten!
Daß man in der Kunst vieles zusammenbringen kann, was zunächst nicht als passend empfunden wird, macht sogar das Wesen echter originaler Kunst aus, indem sie zeigt, daß dieses eben gerade nicht unbedingt unpassend ist, sondern u. U. durchaus in einen neueren Zusammenhang gebracht werden kann.

Odysseus247  30.08.2011, 17:29
@helisua66

Was den Historismus (Kraggewölbe etc.) betrifft: Nun ja - es gibt schlimmeres. Im Film "Richard der III." von Loncraine ist Richard III ein Herrscher in einem naziähnlichem Anzug. Die Oper mit dem Nazikostüm habe ich jetzt nicht gesehen, aber die Verklärungsmaschinerie der Kunst trägt manchmal Bullshit zu tage, wohl wahr. Bei Loncraine war der Hinweis derjenige (u. a.) das die Katastrophe auch in GB stattfinden könnte. Das mit der "Echtheit" in Sekten empfinde ich als eher schwierig. Das Problem kannst du Klapsmühlen bestaunen, das ich meinte. Was du meinst ist der wahre Glaube, da würde ich nicht wiederspechen. Mir scheint, es sind verschiedene Prinzipien, nachdem dein Denken und das des Verfassers des Wikipediaartikels funktioniert. Der Artikel spricht dich also nicht an. Du musst wo anders suchen.

helisua66 
Beitragsersteller
 07.09.2011, 10:14
@Odysseus247

Wie kommst du übrigens zu dieser Schlußfolgerung, daß mich der Wiki-Artikel nicht anspricht, wo ich doch ausdrücklich gesagt habe, daß ich mich mit ihm in Übereinstimmung sehe? Allerdings muß ich zugeben, daß ich nur seinen Anfang gelesen habe, um das festzustellen. Ich lese nämlich zu philosophischen Fragen kaum bei Wikipedia nach, weil die nur enzyklopädisch sind, also höchstens Sachfragen beantworten. Über das in inhaltlicher Hinsicht äußerst schwache Niveau der dortigen Artikel gibt folgender Link einen deutlichen Hinweis, in dem ein Vergleich mit einer Wiki-Ausführung gezeigt wird:

http://ouroboros-forum.de/index.php?option=com_content&view=article&id=263:der-melancholiker&catid=42:thema-kultur&Itemid=72

Eklektizismus ist die Bezeichnung einer Methode. Laut Wiki:

"Als Eklektizismus (von griech. ἐκλεκτός, eklektos, „ausgewählt“) bezeichnet man Methoden, die sich verschiedener entwickelter und abgeschlossener Systeme (z. B. Stile, Philosophien) bedienen und deren Elemente neu zusammensetzen."

Das ist nicht unbedingt negativ. Es gibt keine Entwicklung (egal ob Philosophie, Literatur, Kunst, Musik, Architektur usw.), die ohne Rückgriff auf Vergangenes voranschreitet. Die Frage ist nicht, ob sich jemand an Ideen oder Vorbildern orientiert und sie in einem neuen Verständnis zusammensetzt (so greift z.B. Schopenhauer auf Kant, Hume und Epikur zurück und negativ auf Hegel), sondern ob dann auch etwas Neues dabei herauskommt oder nur ein "als NEU eingefärbter Abklatsch bereits dagewesenen". Es gibt z.B. große Künstler wie Picasso, die mehrere Stile mitgeformt aber nicht ausgereitzt haben. Das schafft für andere Künstler durchaus Raum, in einem solchen Stil eine größere Bandbreite von Motiven umzusetzen. So ist es auch in der Philosophie: Es ist schon soviel gedacht worden, dass es ein Zeichen von Redlichkeit ist, anzugeben, bei wem alles man sich hat inspirieren lassen. Aber Philosophie versucht immer wieder neue Antworten in einer ihr eigenen Zeit und wenn solche Antworten gelingen, auch wenn sie sich auf Ideen und Ansätze früherer Philosophen beziehen, ist das vollkommen in Ordnung.


helisua66 
Beitragsersteller
 30.08.2011, 21:03

Worin ich übrigens mit dem Wiki-Artikel übereinstimme, das ist die Aussage, daß man den Begriff weniger auf Religionen (und wie ich auch meine: auf Philosophien) anwendet, sondern nur auf Kunststile bzw. damit Zusammenhängendes wie Architektekturstile usw., sodaß es sich eher um ästhetische Aspekte handelt. Ich glaube aber nicht, daß man den dort nur zufällig gewälten Ausdruck 'Methode' betonen sollte. Es handelt sich nicht um eine bewußte Methode, sondern um eine dem Handelnden unbewußte Entgleisung. Man kann nämlich, so meine ich, durchaus verschiedene Elemente kombinieren, und es wäre an den Haaren herbeigezogen, soetwas verbieten zu wollen, es ist aber immer eine Frage der persönlichen und auf den jeweiligen Fall bezogenen Abwägung, ob soetwas innerlich stimmt oder nicht. Nicht jede so bezeichnete Tätigkeit, wohl aber der Begriff selbst ist deshalb immer negativ und bezieht sich auf Fälle, in denen diese innere Richtigkeit verfehlt wurde. Tatsächlich lebt die Kunst, darin stimme ich durchaus zu, davon, immer wieder bereits bestehende Elemente neu zu kombinieren, und das ist auch dort geschehen, wo man später dann von einem neuen Stil gesprochen hat. "Ohne Rückgriff auf Vergangenes" ? Das dürfte allerdings wohl schwer sein, denn irgendwie war zu allen Zeiten ansatzweise immer alles im Prinzip schon da, und gerade in den neuen Kombinationen entstand dann etwas, von dem man immer erst im Rückblick sagte, das sei ein neuer eigenständiger Stil gewesen. Die Frage der Redlichkeit beim Zitieren ist allerdings ein weiteres und anderes Thema: Guttenberg war kein Eklektizist, sondern ein Täuscher. Der Elektizist will aber nicht unbedingt täuschen, sondern ihm fehlt nur der sichere Geschmack.

berkersheim  31.08.2011, 10:49
@helisua66

Wenn Du, wie man lesen kann, eine feste Meinung (ausschließlich negativer Art) vom Eklektizismus hast, warum fragst Du dann? Guttenberg hat insoweit getäuscht, als er eklektisch Aussagen anderer aneinandergebunden hat ohne seine Quellen zu benennen. Was dabei nie in der Diskussion (wo es nur um Bloßstellen und Abwatschen ging) behandelt wurde, war die Frage, ob trotz Nichtbenennung der Quellen alle Zitate zu einer durchaus eigenen Vorstellung zusammengebunden waren. Das wäre eigentlich der wichtigere Aspekt gewesen.

Schlechten Eklektizismus gibt es z.B. oft in Horror- und Fiktionfilmen. Nicht selten werden da unterschiedlichste mystische Vorstellung wild durcheinander zitiert und als Eigenes filmisch-emotional aufgepuscht präsentiert.

helisua66 
Beitragsersteller
 31.08.2011, 11:16
@berkersheim

Nun gut, ich habe vielleicht eine eigene Vorstellung von einem Forum: Ich frage nicht, weil ich grundsätzlich keine Vorstellung habe, sondern weil ich meine Vorstellung präzisieren will. Wie gesagt war ja der unmittelbare Anlaß meiner Frage der, daß ich an einer sich als offiziell gebärdenden Stelle (nämlich als angeblich richtige Quizantwort) eine mir absurd vorkommende Definitiion fand, sodaß ich das schon für diskussionsbedürftig hielt.

Was Guttenberg angeht, so stand dabei die Frage des Eklektizismus nie zur Diskussion, weil das eine eher kunstkritische Frage gewesen wäre, hier aber natürlich nur der juristische Aspekt gesehen werden konnte. Im Übrigen kann ich den auch sonst nicht relativieren, aber das ist ein anderes Thema. Du kannst das ja einmal als eigene Frage zur Diskussion stellen.

Ja, schlechten Eklektizismus (ein weißer Schimmel, wie ich tatsächlich meine!) gibt es nicht nur im Trivialbereich, sondern leider auch im "seriösen" Bereich, wo er mir als viel gravierender erscheint, nämlich u.a. bei Operinszenierungen. Z. B. (nicht nur neuerdings) in Bayreuth. Auch das wäre eine eigene Frage, die zu stellen sich lohnen würde.

berkersheim  31.08.2011, 13:51
@helisua66

Was die Inszenierungen von Opern angeht, bin ich inhaltlich bei Dir. Ich habe zum Eigenbedarf gute "alte" Inszenierungen auf DVD gesammelt (begonnen mit Bildplatte). Ich würde das dann nicht mehr als Eklektizismus bezeichnen (gibt es auch, wenn z.B. aus mehreren Händel-Opern eine "neu gestrickt" wird), sondern als Diebstahl und Verballhornung. Natürlich bedarf jede Oper der Interpretation. Doch jede Oper ist thematisch in eine bestimmte Zeit eingebettet. Sie da darstellerisch herauszureißen und, weil dann nichts mehr passt, hier und da stümperhaft den Text zu verändern oder jemanden mit einer Knarre in der Hand singen zu lassen: "Ich steche Dich tot.", das ist eine Offenbarung von Instinktlosigkeit. Aber solange unsere "Kunstkritik" sowas honoriert und diese Menschen hoch bezahlt werden, obwohl sonst die städtischen Kassen leer sind, wird es so bleiben. Da bleibt vom so oft zitierten Selbstbewusstsein nur noch die blanke Angst, nicht "zum erlauchten Kreis" zu gehören. Wenn man' s braucht!

Nein, Eklektizismus ist sozusagen eher ein Patchwork aus philosophischen Richtungen. Und ja du hast Recht, es hat einen eigene Schoepfungshoehe. Es ist aber nichts nachempfundenes sondern etwas neues, das aus vorhandenem geschaffen wurde. Eher so wie wenn jemand aus Rhythm 'n' Blues, Jazz-Rock und Techno einen neuen Stil generiert.


helisua66 
Beitragsersteller
 30.08.2011, 16:48

Ich habe bisher den Eklektizismus niemals auf Philosophie bezogen, sondern immer nur auf Kunststile. Dort paßt das m. E. hin, aber weder zur Religion noch zur Philosophie. Ein "Patchwork" aus philosophischen Richtungen klingt negativ, entspricht aber eigentlich echtem eigenständigen Denken, wie es von einem echten Philosophen doch wohl gefordert wird. Etwas anderes würde auch der Realität widersprechen, da alle möglichen auch modernen Philosophen durchaus nicht linienkonform denken, sondern eigene Denkrichtungen vertreten. Im Gegensatz dazu stand die (peripathetische, also fast ausschließlich auf Aristoteles bezogene) Scholastik oder moderne Gesellschaftsdoktrinen wie der Kommunismus usw.