Dürfen wir moralisch betrachtet von weniger entwickelten Ländern erwarten ihre Natur zu schützen?

In Deutschland gibt es nur noch verhältnismäßig wenig unberührte Natur. Die Flächen dienen überwiegend dem industriellen Ackerbau, der menschlichen Siedlung und Industrie sowie Gewerbe. Kaum führen Schutzmaßnahmen zur Rückkehr von Großraubtieren, z.B. dem Wolf, wird schon wieder vehement dessen Abschuss gefordert da er angeblich die Viehhaltung und die Sicherheit von Menschen beeinträchtige. Andererseits fordern wir dass in anderen Ländern die Lebensräume der letzten Tiger, Löwen, Schneeleoparden etc. erhalten werden obwohl aufgrund der Armut in diesen Ländern oftmals die Menschen selbst um das nackte Überleben kämpfen müssen. Die Abholzung von Regenwaldflächen zugunsten von Anbauflächen oder zur Holzgewinnung wird von uns Europäern, die dieses schon vor Jahrhunderten durchgeführt haben, ebenfalls sehr kritisch gesehen. Inwieweit ist diese Doppelmoral ethisch tragfähig?

Answer 1

[Alex Putzer]

Hallo Rennegent,

Die Frage stellt einen (historischen) Gleichheitsgedanken einem Nachhaltigkeitsgedanken gegenüber. Ja, es wäre irgendwie fair, wenn jede Nation vor der eigenen Haustür kehrt. Und es wäre auch irgendwie fair, wenn jede Nation entscheiden darf, die eigene Natur als schützenswert oder nicht zu deklarieren. Der Klimawandel zeigt jedoch, dass solches nationalistisches Denken nicht funktioniert. Alles ist miteinander verbunden. Wir müssen deshalb auch verschiedene moralische Ansätze miteinander kombinieren.

Inspiration gäbe es aus der Klimaethik. Diese beschäftigt sich mit Fragen, ob 'arme' Länder mit historisch niedrigen Emissionen nicht denselben Anspruch auf Umweltbelastungen haben wie 'reiche' Länder. Auch dies mag intuitiv ansprechend sein, nur leider wäre das für die Erde fatal. Eine Lösung hierzu wäre das Teilen von emissionsniedrigen Technologien oder anderen Praktiken. Auf die Biodiversität angepasst gäbe es die Idee eines Naturschutzhandels ('arme' Länder werden von 'reichen' Ländern für deren Schutz entlohnt bzw. für das verpasste Wirtschaftswachstum substituiert).

Woher ich das weiß: Berufserfahrung – UN-Experte für "Harmonie mit der Natur"

Comments

[Herfried1973]

Es wird auch mit Klimaschitz, dank neuer Techniken, zum Wirtschaftswachstum kommen. Man muss nicht unsere 200 Jahre Ibdustrieentwicklubg nschkochen, man kann erhebliche Strecken dieser Zeit überspringen, dank neuer Technik.

Und das kann auch dazu führen, dass wir von etlichen Ländern, die gleich neu arbeiten, überholt werden, weil der Wandel von existenten alter Technik hin zu neu, real schwerer ist...