Das Wörtchen "freilich"
Im Rahmen meines Geisteswissenschaftlichen Studiums (Englisch und Geschichte), habe ich sehr viel gelesen. Ein Wort, das in argumentativen Texten recht häufig vorkommt, ist das Adverb "freilich". Es hat eine ähnliche Bedeutung wie "selbstverständlich" oder "natürlich", betont aber stärker, dass etwas eingeräumt wird. In einer anderen Verwendungsmöglichkeit, kommt es der Konjunktion "aber" hinsichtlich der Bedeutung sehr nahe. Beispiel:
"Mit Hadrian war eine starke Persönlichkeit hingegangen, deren Los es freilich gewesen war, Partner einer noch weit stärkeren zu sein." ( Aus dem Standartwerk des Hamburger Historikers Peter Classen: Karl der Große, das Papsttum und Byzanz, Sigmaringen, 1985, 2. Auflage, Seite 40.)
Als ich vor 3 Jahren einem Freund von mir meine Abschlussarbeit zum Korrekturlesen vorlegte, strich er mir jedoch jedes "freilich" an. Seiner Meinung nach sei das schlechtes Deutsch. "Bauernsprache", wie er das nannte. Ich dachte mir nichts dabei und ignorierte die Hinweise. Auf die Bewertung schlug es sich jedenfalls nicht negativ nieder.
Vor kurzem gab ich einem anderen Freund meine Bewerbungsunterlagen zum Korrekturlesen. Auch hier hatte sich irgendwo das Wort freilich eingeschlichen. Auch hier hatte der andere Freund etwas zu beanstanden. Dieses Mal überarbeitete ich gleich das ganze Fragment, denn ich dachte, es sei der zu verschachtelte argumentative Charakter, den er beanstandete. Schließlich soll man in einem Anschreiben ja direkt sein. In einem anschließenden Gespräch meinte auch dieser Freund, er habe nur das Wort beanstandet. Es handele sich bei diesem Wort um Dialekt, ich solle Hochdeutsch schreiben. Nun also wurde ich stutzig und fragte weitere Bekannte. Sie alle bestätigten die Ansicht meines Freundes. Es handele sich bei dem Wort um Bayerischen/Fränkischen Dialekt.
Nun wollte ich es genauer wissen und machte den Test. Ich zog wahllos Bücher aus meinem Schrank und blätterte, bis ich auf das Wort freilich stieß. Mein Ergebnis. In nahezu jedem Buch, das in deutscher Sprache verfasst ist, kommt das Wort freilich auch irgendwann einmal vor. Die Autoren stammen dabei keineswegs aus Bayern, sondern aus allen Teilen der Republik, ein Buch ist sogar von einem Engländer, der in deutscher Sprache schreibt. Einzig in Romanen tut man sich schwer, das Wort zu finden. Wahrscheinlich, weil es nicht zu narrativen Texten passt.
Auf der anderen Seite bekam ich aber auch die Meinung meiner Bekannten mehrfach bestätigt. Selbst ein ehemaliger Kommilitone aus München meinte, er verwende das Wort nie, wenn er sich um Hochdeutsch bemühe.
Meine Frage daher: Was hat es mit dem Wort "freilich" auf sich. Warum verwenden Geisteswissenschaftler es unabhängig von ihrer Herkunft und warum ist es im Alltag als "Dialektwort" angesehen?
7 Antworten
Das Wort „freilich“ gibt es schon lange in der deutschen Sprache. Vgl. mit Belegen:
Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Band 4. Erste Abtheilung. Erster Theil: Forschel – Gefolgsmann. Bearbeitet von Jacob Grimm, Karl Weigand und Rudolf Hildebrand. Leipzig : Hirzel, 1897, Spalte 116 – 117
Zu den dort angebenen Schriftstellern (sie kommen nicht alle aus der gleichen Gegend) gehören unter anderem Martin Luther, Sebastian Franck, Gotthold Ephraim Lessing, Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller.
„Freilich“ ist meines Erachtens in der Bedeutung wie im Beispieltext ein hochdeutsches Wort.
Die Einschätzung als Dialektwort rührt vermutlich von einer anderen Bedeutung her. Daher das Wort insgesamt als schlechtes Deutsch abzulehnen und in wissenschaftlichen Arbeiten für fehl am Platz zu halten, ist meiner Meinung nach unberechtigt. Die ablehnenden Urteile sind anfechtbares subjektives Sprachgefühl, sofern sie nicht über eine bloße Behauptung hinausgehende Begründungen anbieten können.
Bei dem Adverb „freilich“ sind grundlegend zwei Bedeutungen zu unterscheiden:
1) einschränkend, etwas einräumend („zugegebenermaßen“)
Statt des Wortes „freilich“ könnte auch „allerdings“ stehen. Das Adverb „freilich“ ähnelt einem „aber“.
2) verstärkende/bekräftigende Bejahung und Zustimmung („ja“, „selbstverständlich", „natürlich")
In dieser zweiten Bedeutung ist „freilich“ Umgangssprache und kann regionaler Sprachgebrauch sein. Ein Gespräch/Dialog ist ein Rahmen, in dem eine solche Äußerung leicht fallen kann. Möglicherweise sind sogar mündliche Äußerungen dieser Art mit nicht völlig hochdeutscher Aussprache bei denen, die „freilich“ allgemein für Bayerischen/Fränkischen Dialekt halten, im Ohr.
Anscheinend hat die zweite Bedeutung, die besonders in Süddeutschland vorkommt, bei den Bekannten die allgemeine Einordnung bestimmt. Es ist also zu einer Ausweitung der Einschätzung auch auf die erste Bedeutung gekommen.
Freilich ist ein Wort aus dem süddeutschen und österreichischen (schweizerischen?) Raum und ist daher dialektangehaucht. Wird aber auch von nicht Süddeutschen manchmal verwendet, so, wie sich viele Worte aus einer eingegrenzten Region verbreiten.
Freilich hat auch den Sinn von jedoch. Es kommt nämlich immer auf den Kontext an.
Das gleiche gilt dann aber auch für "Boarisch", "Ripuarisch" und "Plattdeutsch". Auch diese weichen weit vom Standartdeutschen ab. Die Grenze zwischen Dialekt einer Sprache und eigener Sprache ist fließend. Gleiches hast du ja auch im Spanischen. Ist Portugisisch lediglich ein Spanischer Dialekt? Die Tatsache, dass es die Sprache eines eigenen Landes ist führt dazu, dass man es als eigene Sprache sieht. Was macht man dann aber mit dem Gallizischen? Ist es ein Dialekt des Spanischen oder des Portugiesischen? Mit den Deutschen Dialekten ist es natürlich so ähnlich. Trotzdem wertet man die meisten davon als Teil des Hochdeutschen Dialektkontinuums. (Österreichisch zählt eben nunmal dazu, auch wenn es standardisiert wurde). Plattdeutsch zählt nach aktueller Sprachwissenschaftlicher Definition allerdings tatsächlich als eigene Sprache. Sie ist dem Niederdeutschen, nicht dem Hochdeutschen Dialektkontinuum zuzuordnen - wie auch das Niederländische.
Ich habe gerade nach dem Wort freilich gegoogelt und bin auf den Thread hier gestoßen. Ich kann die Frage, ob es hochdeutsch ist nicht beantworten, aber wollte einfach mal meine Beobachtungen teilen.
Ich komme aus Norddeutschland (Raum Hannover) und benutze das Wort freilich wirklich nie. Allerdings finde ich, dass es sehr hochdeutsch bzw. nach standartdeutsch aussieht, soweit man ein Wort nach optischen Kriterien beurteilen kann. Das Wort frei und das Suffix -lich, sind ja nichts ungewöhnliches.
So wie du, studiere ich auch Englisch und Geschichte, bis jetzt hatte ich nur Seminare zum Mittelalter oder zur Neuzeit belegt (oder halt zur englischen Sprache) und bin dabei noch nie auf das Wort freilich in einem wissenschaftlichen Text gestoßen. Dieses Jahr belege ich zum ersten mal ein Seminar zur (griechischen) Antike und das Wort taucht plötzlich in jedem wissenschaftlichen Text zu unserem Thema auf. Wir mussten für das Seminar ein Buch lesen und auf jeder Seite findet sich das Wort mindestens einmal wieder, was mich langsam echt wahnsinnig macht (liegt wahrscheinlich nur an mir). Jetzt, wo ich für meine Hausarbeit recherchiere, lese ich es immer wieder. Langsam glaube ich, dass es ein Slangwort der Altertumsforscher*innen ist.
Aber zurück zu der Frage: generell würde ich sagen, dass freilich ein standartdeutsches Füllwort ist. Da momentan der Konsens herrscht, dass man mit Füllwörtern sparsam umgehen soll, würde ich es auch in einem Bewerbungsanschreiben vermeiden.
Ja freilich helfe ich dir mit folgendem Link:
Da war ich auch schon. Es erklärt trotzdem nicht, wieso mir - eigentlich doch sehr gebildete Leute - dieses Wort immer anstreichen.
warum ist es im Alltag als "Dialektwort" angesehen?
ja freilich nicht! Wer sagt das denn?
Eben die Freunde, denen ich meine Sachen zum Korrekturlesen gebe.
Eben diese These glaue ich nicht. Denn im 19. Jahrhundert haben sich Dialektwörter noch nicht so sehr Verbreitet....trotzdem haben es da schon Hamburger verwendet.