Das Höhlengleichnis von Platon : Metapher des Lichts?

3 Antworten

Metaphorik ist die Bildung und Verwendung von Metaphern und eine Metapher ist ein in übertragener Bedeutung verwendeter bildlicher Ausdruck.

Allgemein kann Licht für Erhellung, Klärung, Erleuchtung stehen.

In Platons Höhlengleichnis ist Licht eine Kraft, eine vermittelnde Wirksamkeit. Licht ist ein vermittelndes Drittes sowohl zwischen Sehendem und Sichtbarem (Gegenstände der Erscheinungswelt) beim Sehen (Sinneswahrnehmung) als auch zwischen Denkendem und Gedachtem (Gegenstände eines geistig zu erfassenden Bereichs) beim Erkennen.

Das Licht ist nicht das Sehen bzw. das Erkennen/die Erkenntnis selbst, sondern das, was Sehen bzw. Erkennen/Erkenntnis ermöglicht.

Das Freiwerden von der Fesselung/Gefangenschaft in der dunklen Höhle und der Aufstieg zum Licht der Sonne in der Welt außerhalb der Höhle steht für ein Freikommen von einem Verhaftetsein auf bloße Sinneswahrnehmung und ihrem Schein (Schattenbilder) hin zum Bereich des Denkbaren/geistig Erfaßbaren (dies sind die Ideen, mit der Idee des Guten) und dem Gewinnen echter Erkenntnis.

Das künstliche Licht, das in der Höhle vom Feuer ausgeht, steht im Gleichnis für das Licht in der Erscheinungswelt/Sinnenwelt, das von der Sonne ausgestrahlte Licht steht für ein geistiges Licht, das von der Idee des Guten ausgeht.

Wie die Sonne der Erscheinungswelt/Sinnenwelt Licht spendet, so ist nach Platons Darstellung die Idee des Guten Ursache der Ideen und Grund ihrer Erkennbarkeit. Die Idee des Guten (ἡ τοῦ ἀγαθοῦ ἰδέα) ist nach seiner Auffassung sowohl Seinsgrund (Ursache des Seins der Ideen) als auch Erkenntnisgrund. Platon denkt das Seiende lichthaft und intelligibel (geistig einsehbar).

Das geistige Licht (in einer Doppelnatur als Wahrheit und Sein) ist das vermittelnde Dritte, das Bedingung der Möglichkeit von Erkennen/Erkenntnis ist.

Dieses Licht hat nach Platon eine einheitsstiftende Kraft. Es unterscheidet Seiendes in seiner Eigenart und verbindet zugleich zu einer Einheit.

Das berühmte Höhlengleichnis, das Platon in seinem Werk «Politeia» (514 a– 521 b und 539 d – 541 b) geschrieben hat, ist nach im Text selbst gegebenen Hinweisen (517 a – 521 b und 532 a– 535 a), die als methodische Hilfestellung genutzt werden können, im Zusammenhang mit dem Sonnengleichnis (508 a – 509 d) und dem Liniengleichnis (509 d – 511 e) zu deuten.

Platon versucht im Sonnengleichnis eine Analogie (Entsprechung) von Idee des Guten und Sonne darzulegen. Die Verhältnisse im sichtbaren Bereich, der Erscheinungswelt/Sinnenwelt/empirischen Welt, gleichen dabei denen im denkbaren, durch Vernunft einsehbaren (geistig erfaßbaren) Bereich (dies ist der Bereich der Ideen). Die Idee des Guten soll in einer entsprechenden Art zu dem verstanden werden, was für die Sonne (Sprößling/Abkömmling der Idee des Guten) gilt.

Die Höhle im Höhlengleichnis steht für das gewöhnliche Dasein der Menschen. Sie ist der Bereich der Sinneswahrnehmungen und der Beschränkung auf den Anschein bei einer Erfahrung. Das Umschließen symbolisiert die Begrenztheit, die Dunkelheit die mangelnde Klarheit und das fehlende Wissen.

Das Feuer in der Höhle steht in einer Entsprechung für die natürliche Sonne, die mit ihrem Licht das Sehen ermöglicht.

Die Sonne in der Welt außerhalb der Höhle, in die ein Aufstieg unternommen wird, steht für die Idee des Guten. Das Licht der Sonne steht im Gleichnis für ein geistiges Licht.

Das Licht (τὸ φῶς) ist eine vermittelnde Wirksamkeit, sowohl das Licht im Bereich der Sinnenwelt als auch das geistige Licht, das seinen Ursprung in der Idee des Guten hat.

Im sichtbaren Bereich benötigt beim Sehen die Sinneswahrnehmung einer Person mit ihrem Sinnesorgan ein zwischen ihr und dem Objekt vermittelndes Drittes (das Licht). Dieses leistet die Ermöglichung eines Wahrnehmens. Das Licht stammt von der Sonne und diese ist insofern die Ursache. Die Sonne (die weder das Sinnesorgan noch die Fähigkeit der Sinneswahrnehmung ist) verursacht als begründende Kraft:

1) Sehen des Auges/Gesichtssinnes

2) Gesehenwerden des Sichtbare

3) Einheit von Sehendem und Gesehenem im Sehvorgang

Wie im Licht ist auch in der Fähigkeit der Sinneswahrnehmung etwas von der Art der Sonne enthalten. Die Sonne, als lebensspendende, lebensfördernde und erhaltende Kraft, ist auch die Ursache der Existenz von Dingen. Dies kann sie sein, ohne ihrem Werden und Vergehen zu unterliegen.

Im denkbaren Bereich verleiht die Idee des Guten Wahrheit und Sein/Existenz und gibt insofern als Ursache dem Subjekt (eine Person mit Erkenntnisvermögen in der Seele) die Fähigkeit zu Wissen/Erkenntnis.

Die Idee des Guten verursacht als begründende Kraft:

1) Erkennen der Seele

2) Erkanntwerden des Denkbaren/Einsehbaren/geistig Erfaßbaren

3) Einheit von Denkendem und Gedachtem (den Ideen), Denken und Sein, im Erkenntnisvorgang


Albrecht  08.09.2014, 04:36

Licht bewirkt Sichtbarkeit bzw. Erkennbarkeit.

Durch das geistige Licht bekommt das Seiende Sein/Existenz und Wesen.

Beim Aufstieg hin zum Licht (und ebenso bei einer Rückkehr/einem Anstieg in die dunkle Höhle) gibt es Umgewöhnungsschwierigkeiten. Das Licht blendet, weil es überaus hell ist. Dies weist darauf hin, wie bei durch Angewöhnung einer Ausrichtung auf bloße Sinneswahrnehmung bzw. reine Ideenschau jeweils Schwierigkeiten entstehen, einen anderen Ansatz zu verstehen und darin etwas zu leisten.

Platon wurde Ausgangspunkt einer Lichtmetaphysik, einer Darstellung des Lichts als Manifestation eines höheren Prinzips. Vgl. dazu als Überblick:

Werner Beierwaltes, Licht I. Antike, Mittelalter und Renaissance. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 5: L – Mn. Basel ; Stuttgart : Schwabe, 1980, Spalte 282 – 286 (zu Platon Spalte 282 – 283)

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Albrecht  07.09.2014, 06:21

In Wahrheit und Erkenntnis wie auch im Erkenntnisvermögen in der Seele (νοῦς [nous] = Vernunft, Geist) ist etwas von der Art der Idee des Guten enthalten. Dem Erkannten wird von der Idee des Guten Dasein und Wesen zuteil, die Idee des Guten übersteigt aber noch Wesen/Seinendheit/wesenhafte Bestimmtheit (οὐσία)) und überragt sie an Alter und Kraft (Platon Politeia 509 b)

In Büchern gibt es erklärende Darstellungen z. B.:

Michael Erler, Platon. München : Beck, 2006 (Beck`sche Reihe: bsr - Denker; 573), S. 92 - 94

Michael Erler, Platon (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben von Helmut Holzhey. Die Philosophie der Antike - Band 2/2). Schwabe : Basel ; Stuttgart, 2007, S. 390 – 430

Hans Krämer, Die Idee des Guten : Sonnen- und Liniengleichnis. In: Platon, Politeia. Herausgegeben von Otfried Höffe. 3., überarbeitete Auflage. Redaktionelle Bearbeitung der 3. Auflage: Moritz Hildt. Berlin : Akademie-Verlag, 2011 (Klassiker auslegen ; Band 7), S. 135 – 153

Thomas Alexander Szlezák, Das Höhlengleichnis (Buch VII 514 – 521 b und 539 d – 541 b). In: Platon, Politeia. Herausgegeben von Otfried Höffe. 3., überarbeitete Auflage. Redaktionelle Bearbeitung der 3. Auflage: Moritz Hildt. Berlin : Akademie-Verlag, 2011 (Klassiker auslegen ; Band 7), S. 155 – 173

Rudolf Rehn: Sonnen-, Linien- und Höhlengleichnis. In: Platon-Handbuch : Leben, Werk, Wirkung. Herausgegeben von Christoph Horn, Jörn Müller und Joachim Söder. Unter Mitarbeit von Anna Schriefl und Simon Weber. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2009, S. 330 – 334

Jens Halfwassen, Der Aufstieg zum Einen : Untersuchungen zu Platon und Plotin. 2., um einen Forschungsbericht erweiterte Auflage. München ; Leipzig : Saur, 2006, S. 220 – 265

S. 241: „Die einheitsstiftende Mächtigkeit des Einen zeigt sich im Seienden durch Maßhaftigkeit (μετϱιότης) und Maßbestimmtheit (συμμετϱία), durch die das Viele, das an sich selbst unbegrenzt (ἄπειϱον) und unbestimmt (ἀόϱιστον) ist und so ins Nichts zergehen müßte, ins Sein geeint wird und Grenze (πέϱας) und Bestimmtheit (ὅϱος) erhält. Die Maßbestimmtheit seiner Teile, dergemäß jeder Teil jeden andern zum Vorschein kommen läßt, erhält das Viele im Sein, indem sie Einheit in der Vielheit verbürgt, in welcher Einheit die Teile sich auf das Ganze und das Ganze sich in seinen Teilen auf sich selbst bezieht (vgl. Parm. 157 C – 158 D, spez. 157 C 7 - E 3 und 158 C7 – D 2). Das ist aber das Wesen der Schönheit (κάλλος), der Vollkommenheit des κόσμος νοητός, der sein Wesen in vollständiger Ausgeprägtheit und Artikuliertheit besitzt, indem das Ganze und die Teile sich wechselseitig durchdringen und ineinander sind; und dies ist als die Durchlichtetheit, durch die alles Seiende intelligibel ist, zugleich die Wahrheit (ἀλήθεια)."

Parm. = Parmenides

spez. = speziell

S. 247- 248: „Das einende Dritte, das verbindet und unterscheidet zumal, ist nun das Licht (φῶς). […]. Durch seine artikulierende Helligkeit gliedert es das Sichtbare und schließt es zugleich zu einem in sich geeinten Ganzen zusammen und macht es dadurch erst sichtbar. Zugleich aktualisiert das Licht das Sehvermögen und ist damit das “kostbare Licht“ (508 A 1), durch das der Sinn des Sehens und die Macht des Gesehenwerdens im aktualen Sehen zur in sich selbst unterschiedenen Einheit zusammengespannt sind (ἐζὐγησαν) (507 E 6 – 508 A 2).“

S. 252: „Durch seine einheitsstiftende Kraft also verbindet das „intelligible Licht“ alles Intelligible zur Einheit eines in sich gelichteten Ganzen, des Ideenkosmos, und ermöglicht zugleich die Einheit von Nous und Idee, von Denkendem und Seiendem im Akt der Erkenntnis.“

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das ist eigentlich garnicht so schwer:

sie versuchen dir hier an einem beispiel dir zu erklären in was für eine situation du dich befindest, du bist gefangen in einer höhle und hälst die schatten an der wand für die wirklichkeit!

Auch die wissenschaft z.B. führen ihre tests an den schatten durch und legen Prognosen und Theorien über die schatten, jedoch wissen sie nichts über ihren ursprung und den ausgang aus dem Gefängnis!

Das Licht ist meines Wissens nach eine Metapher für Erkenntnis oder Erleuchtung. Als der eine Mutige Mensch die Höhle verlässt und die wirkliche Realität sieht, erkennt er somit die Quelle des Lichts:)

LG miriam


44selin 
Beitragsersteller
 06.09.2014, 18:46

danke, hast du vielleicht auch ein Beispiel für eine Erklärung? :)

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