Bewertung der unterschiedlich schwierigen Stilmittel?

2 Antworten

Es gibt keine Ennalage, sondern nur eine Enallage ... Natürlich sind Alliteration und Anapher sehr häufige Stilmittel, andere werden halt seltener verwendet. Aber die Frequenz lässt sich nicht mit Einfachheit gleichsetzen. Dir kommen sie deshalb besonders einfach vor, weil du alle Naselang auf sie triffst. Insofern ist es vollkommen in Ordnung, dass alle korrekt erkannten (und funktional erklärten !) Stilmittel gleich bewertet werden. Auch Stilmittel wollen nicht diskriminiert werden ... Aber vielleicht bekommst du, wenn du besonders exotisch anmutende Stilmittel erkennst, benennst und erläuterst, Extrapunkte. Chiasmus übrigens ist ein sehr häufiges Stilmittel, ähnlich wie der Parallelismus. Und das Hendiadyoin ist im Latein viel häufiger als im Deutschen; dagegen bevorzugen wir oft Adjektiv-Substantiv-Verbindungen. Aber schön, dass dir die Epimone geläufig ist ... Auch wenn ich jetzt nicht länger dabei verweilen will - kleiner etymologischer Joke - gefühlt habe ich in der gesamten Sekundärliteratur, die ich während meines Studiums gelesen habe, keinmal von einer Epimone gelesen, was vielleicht auch daran liegt, dass einfach erklärt wird, wie es gelingt, einen Gedanken kunstvoll in die Länge zu ziehen. Eine ganz wichtige Strategie übrigens: Wenn dir eine besondere sprachliche Gestaltung auffällt und du dahinter eine Startegie erkennst, dir aber kein Stilmittel einfällt, das das, was dir auffällt, benennt, erläutere einfach mit Textbelegen, was dir auffällt, indem du sagst, auf welcher Ebene ein Stilmittel operiert (lautliche Ebene, Wortebene, Satzebene oder logische Ebene) und mit welchem Mechanismus (Auslassung, Hinzufügung, Ersetzung oder Umstellung), um dann die Wirkung zu erklären. In dieses Schema kannst du übtigens alle (!) Stilmittel einordnen. Ein Satz wie "Außerdem findet sich eine Epimone." bringt dir bei einer Analyse ohne weitere Ausführungen weniger Punkte als eine Erklärung, in der diese Strategie des Verweilens bei einem Gedanken als eben solche erläutert wird.

LG

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Habe Latein und Französisch auf Lehramt studiert.

Hikoba231 
Beitragsersteller
 07.08.2023, 09:56

Danke für den Tipp

HA kann ich erst ab nächsten Montag wieder vergeben. wird mir angezeigt.

Oder vllt. heute im Laufe des Tages um eine bestimmte Uhrzeit. Weiß ja nicht wie das genau funktioniert.

Je größer das Level ist desto mehr HA kann man jedenfalls verleihen.

Sowohl die "Erkennung" von Stilmitteln als auch ihre Bestimmung als "schwer" oder "einfach" sowie ihre Interpretation ist subjektiv. Eine Differenzierung in der Bewertung ist daher sinnlos und sogar eine Hinderung der Kreativität vieler SuS.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Studium der lateinischen Philologie

Hikoba231 
Beitragsersteller
 06.08.2023, 07:37

Es gibt ja Stilmittel, die erkennt man ohne den Text übersetzt zu haben. Anhand den Buchstaben (Anapher, Alliteration).

Es gibt keinen der sagen würde, dass Anapher und Alliteration schwer zu erkennen sind. Ich würde schon sagen, dass diese objektiv gesehen am einfachsten zu erkennen sind. Die einzige Schwierigkeit liegt hier, die beiden Namen auseinander halten zu können.

Wenn man Anapher und Alliterationen etwas weniger bewerten würden, das würde doch eben die "Kreativität" der Schüler steigern, da sie sich dann noch mehr mit den Texten befassen müssen, als sich nur die Anfangsbuchstaben der Wörter anzuschauen, also noch genauer hinschauen müssen und mehr sprachliche Mittel kennen müssen.

Dann müsste man natürlich in die 0,x Punkte Verteilung gehen. Also z.B. für eine Anapher gibt es nur 0,8 Punkte statt 1. (Wenn das mal nicht kreativ ist) Unkreativ ist es meiner Meinung nach, wenn man es sich leicht macht und zu immer allem sofort sagt "das ist sinnlos".

Für einen Lehrer ist es doch auch viel schöner, wenn ein Schüler schöne Stilmittel erkennt wie (Ennalage, Hendiadyoin, Epimone, Parallelismus, Chiasmus, Constructio ad sensum).

Außerdem geht es bei sprachlichen Mittel doch eigentlich nicht um Kreativität. Sprachliche Mittel hat man auswendig zu lernen und es geht um die Fähigkeit sie im Text unter Zeitdruck erkennen zu können.

Je mehr sprachliche Mittel ein Schüler kennt, desto mehr hat er gelernt. Ihn jetzt genau zu bewerten, wie ein Durchschnittsschüler der nur Anapher, Alliteration und was sonst noch kennt, das ist laut dir also sinnvoll? Führt am Ende des Tages ja nur dazu, dass ein Pferd nur so hoch springt wie es muss.

Also nochmal:

Ein Schüler der 50 Stilmittel kennt, wird genauso bewertet wie ein "Durchschnittsschüler". Der Lehrer denkt sich so beim bewerten "Hey, voll cool, dass er diese Stilmittel erkannt hat, schlauer Typ" bekommt aber die gleiche Punktzahl.

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Alle deine Argument wurden entkräftet:

die "Erkennung" von Stilmitteln als auch ihre Bestimmung als "schwer" oder "einfach" sowie ihre Interpretation ist subjektiv

Die Erkennung und Bestimmung ist erstens das gleiche. (Lehrer: "Ja, das in Zeile 4 ein Hendiadyoin ist, hast du richtig erkannt." Und damit hat der Schüler das natürlich auch richtig bestimmt.)

Zweitens. Es gibt sprachliche Mittel, die schon etwas schwerer zu erkennen sind. Das würden sowohl Lehrer als auch Schüler zugeben.

Drittens. Sprachliche Mittel haben nicht wirklich was mit Kreativität (sich selber neue ausdenken) zu tun, sondern man muss diese auswendig lernen.

muhh7  06.08.2023, 11:57
@Hikoba231

Du hast interessante Punkte angeführt.

  • Die Erkennung von Stilmitteln ist subjektiv.

=> z.B. Cives multis cum lacrimis lamentantur

l-acrimis l-amentantur sehen die einen vielleicht als Alliteration, die anderen als Zufall. In manchen textlichen Phänomenen ein Stilmittel zu sehen ist subjektiv. Aber ich gebe dir Recht, dass der Begriff Erkennung hier nicht gut von mir gewählt wurde. Die schlichte Tatsache: lacrimis und lamentantur beginnen beide mit dem Buchstaben L, ist freilich wohl kaum subjektiv. Aber was man mit dieser Erkenntnis anfängt, die Überlegung, die jeder mit sich macht, ob man dies als ein Stilmittel, eine Alliteration auffasst ist von Person zu Person unterschiedlich. Da habe ich mich zu unklar ausgedrückt.

  • Die Bestimmung als "schwer" oder "einfach" ist subjektiv.

Sicher kann man sagen, für die meisten ist die Erkenntnis, dass lacrimis und lamentantur beide mit L beginnen, eine sehr einfache. Aber für alle? Wohl kaum. Den einen fällt vielleicht nicht sofort der Anfangsbuchstabe von folgenden Worten auf, sondern vielmehr die Endungen der Wörter, und sie erkennen sofort in: illum absens absentem auditque videtque (Verg. Aen. 4, 83) ein Polyptoton, aber der Alliteration schenken sie keine Beachtung.

Ich bin etwas geschockt, welche Einstellung du zu "Stilmitteln" hast.

Außerdem geht es bei sprachlichen Mittel doch eigentlich nicht um Kreativität. Sprachliche Mittel hat man auswendig zu lernen und es geht um die Fähigkeit sie im Text unter Zeitdruck erkennen zu können.
Je mehr sprachliche Mittel ein Schüler kennt, desto mehr hat er gelernt

Vielleicht liegt das daran, wie sich die Aufgabenkultur in der Schule, bzw. die Qualität vieler Lehrer verschlechtert hat.

Stilmittel schlichtweg nur zu erkennen, kann niemals, niemals das einzige Ziel einer Aufgabe sein. Denn erst in der Interpretation entfaltet sich ja die Kreativität. Außerdem sollte für einen Schüler nie das einzige Verlangen sein, nur das auswendig zu lernen, was dann in einer schlecht konzipiert Schulaufgabe dann verlangt ist, unreflektiert wiederzugeben. Selbstverständlich hat ein Schüler, der mehr Stilmittel kennt, wohl mehr gelernt; aber welche Erkenntnis möchtest du denn daraus ziehen? Ich würde in allen Fällen einen Schüler als "geistreichen" ansehen, der mit eine ganze Seite darüber schreibt, warum vielleicht Cicero zwei Wörter mit dem gleichen Buchstaben hat anfangen lassen, als jemanden, der mir zwar aufzeigen kann, dass labores / ... ab ores (Verg. Aen. 4, 78f.) eine vokalische Assonanz ist, aber diese Tatsache nicht weiter ausführen kann.

Wenn du also schreibst, dass eine Anapher oder eine Alliteration mit weniger Punkten bewertet werden sollte, dann liegt das daran, dass du (leider) zu stark von einem Schulsystem beeinflusst wurdest, das zu viel auf unreflektiertes Auswendiglernen setzt.

Ich hoffe, du verstehst mein Anliegen.