Berufswahl DDR?

6 Antworten

Klar war ein Grad Freiwilligkeit bei der Berufswahl auch damals dabei. Ich wollte seinerzeit Kameramann werden, ein Studium in der DDR. Mein Berufsberater war darüber erstaunt: "Hab ich bei uns im Bezirk Neubrandenburg nicht im Angebot. Ich hätte hier jetzt gerade Melioration, Hochbau oder Armee. Davon nichts? Na gut, wenn du dich in Potsdam-Babelsberg bewirbst, bring mal Infomaterial mit, damit ich was habe, wenn wieder einer fragt."
Ist das jetzt freie Berufswahl oder eher nicht?

Oft allerdings fing man im Betrieb in der Nachbarschaft an, weil die Bewerbung dort am einfachsten war. Häufig hat man dort auch schon im Schulunterricht gearbeitet (oder reingeschnuppert). Außerdem kannten Eltern und Verwandte jemanden, der irgendwo arbeitet, wo er eine Lehrstelle besorgen konnte. Dann haben die Eltern - gern zusammen mit der Schule - dorthin geschoben. Dabei muss man sich wieder fragen, ist das dann noch freie Berufswahl für den Jugendlichen?

Es kam aber auch vor, dass irgend einem Funktionär irgendwas nicht gepasst hat. So konnte meine Mutter nicht Zahnmedizin studieren, weil sie nach Ansicht des zuständigen Politfunktionärs als Christin ja wohl nicht verantwortlich genug ein sozialistisches Kollektiv würden leiten können. Sie hat dann Hebamme gelernt und war damit bis zur Rente sehr glücklich.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Den Beruf konntest du dir schon aussuchen, aber bei begehrten Berufen wie z. B. Physiotherapeutin brauchte man entweder Beziehungen oder musste linientreu sein. Wer Abitur machen und studieren wollte, musste sich auf der EOS bewerben. Ich wurde dort wegen "mangelnder politischer Reife" abgelehnt (im Klartext: Ich war nicht in der FDJ).

Ansonsten ging es nach dem Notendurchschnitt, und jeder bekam eine Lehrstelle, und sei es in der Produktion. In meiner 10. Klasse bekamen die meisten im ersten Anlauf ihre gewünschte Lehrstelle, der Rest im 2. Anlauf. Man konnte notfalls auch noch ungelernt in einen Betrieb einsteigen und dann per Erwachsenenqualifizierung den notwendigen Abschluss erwerben.

Wer mit dem Studium fertig war, musste zunächst 3 Jahre lang in einem zugewiesenen Betrieb arbeiten. Aber auch da hatte man ein gewisses Mitspracherecht.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Bei uns in den 80ern war das alles streng geregelt. Zu Beginn der 10. Klasse war das Thema im Deutschunterricht. Da gab es vorher ein Heft, wo alle Lehrstellen aufgeführt waren. Das war die genaue Anzahl der Schulabgänger - abzüglich derer, die zur EOS gingen. Da durfte man eine auswählen, aber wirklich nur eine. Darauf schrieb man im Deutschunterricht eine Bewerbung und einen Lebenslauf. Zu den Herbstferien wurden die abgeschickt. Jeder, der eine gute Lehrstelle suchte, hatte längst vorher geguckt und gefragt. So war das auch bei mir. Mein Vater hatte das Jahre vorher festgemacht.

Für gute Lehrstellen wie meine als Bürokauffrau brauchte man die Jugendweihe mit einem Gelöbnis zum DDR-Staat. Da ich Katholikin bin, wollte ich da nicht hingehen. Aber Betriebsdirektor und Schuldirektor sagten, dass ich diese Lehrstelle ohne Jugendweihe nicht bekomme. Diese Erfahrung machten alle, die eine gute Stelle wollten oder zur EOS gingen. Für Jungen war außerdem 3 Jahre Armee Voraussetzung für sowas.

War die Familie nicht linientreu, versperrte der Staat Karrieren. Für Führungsstellen war außerdem meist die SED-Mitgliedschaft notwendig.

Im allgemeinen war es freie Wahl und man musste sich bewerben wie Heute auch noch. Studenten wurden zeitweise verpflichtet, sich freiwillig fuer 2 Jahre zur Volksarmee zu melden, nach Abschluss des Studiums. In Fächern der Medizin, gab es Aufnahmebeschränkungen, dort wurde damit auch gleich selektiert.

https://www.mdr.de/geschichte/ddr/alltag/erziehung-bildung/studium-studieren-ddr-100.html

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

minimax11  29.08.2022, 21:20

Falsche Aussage: Grundwehrdienst war 18 Monate. Wer studieren wollte, sollte mindestens 3 Jahre, eine Unteroffizierslaufbahn, machen. Ein 2 Jahresdienst gab es nicht.

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zetra  29.08.2022, 21:40
@minimax11

Nun ich musste 1,5 Jahre zum Barras.

Fuer deine Aussage bringe einen Link, denn so nehme ich dir den nicht ab.

Ich wurde nur gefragt ob ich freiwillig zur Grenze gehen würde. Nach der Verneinung lief die Delegierung in ein Unteroffiziersregiment hinaus, wobei das halbjährlich gewesen ist. Somit koennte es zu verschiedene Zeiten auch verschiedene Regelungen gegeben haben, so wie du sie hier anführst. Ich rede von 1962 nach der Wehrpflicht Einführung durch den Mauerbau.

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Udavu  30.08.2022, 04:56
@minimax11

Der User fuhr in der DDR wie er gerne schreibt Volvo und Mazda, da war anscheinend vieles anders als beim Rest des Volkes.

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zetra  30.08.2022, 09:47
@metalfreak311

Jetzt fährt/fliegt jeder Gast mit seinem Flugzeug zur Hochzeit, das sollte normal sein, derweil alte Menschen die Müllkästen plündern. Hetze vom Feinsten, hat nie die DDR vor 1989 betreten und sagt dir was richtig und falsch gewesen ist?

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Bestimmte Berufe waren z.b. mit Westverwandtschaft nicht möglich. Auch das Abitur war vielen verwehrt: Arbeiterkinder wurden bevorzugt. Nur kamen gerade 1 bis 2 Schüler auf die Erweiterte Oberschule von etwa 30. Abitur in der DDR war also schon fast eine Elite, da extrem selten.

Wer sich sogar verpflichtete zur Armee um dann Berufsoffizier zu werden, konnte auch ein schlechtes Zeugnis zum Abitur genügen.

Parteibuch der SED öffnete so manche Tür..

Ansonsten hatte man sich den Beruf ausgesucht; Ausbildungsplätze gab es für jeden. Die Betriebe waren ja auch verpflichtet auszubilden.