Beispiel für die adaptive Radiation bei Beuteltieren in Australien?

2 Antworten

Ein Beispiel innerhalb der Beuteltiere zu finden, ist bei dem Thema "adaptive Radiation" schwierig, denn die Beuteltiere insgesamt sind ja das Beispiel.

Bei adaptiver Radiation gehen aus einer gemeinsamen Art innerhalb kurzer Zeit viele verschiedene Arten hervor, wobei der Zeitraum so kurz ist, dass man die einzelnen dichotomen Artauftrennungen nur schwer, unvollständig oder gar nicht auflösen kann. Andere Beispiele für adaptive Radiation wären z. B. die Darwinfinken auf dem Galápagos-Archipel oder die Cichlidenartenschwärme im Tanganjika-, Malawi- und Victoriasee. Ein Beispiel für adaptive Radiation ist also immer eine ganze Verwandtschaftsgruppe, nicht eine einzelne Art.

Ursache für die Radiation der Beuteltiere in Australien ist das Fehlen von Placentaliern ("höheren" Säugetieren) auf dem Kontinent. Abgesehen von einigen Nagern, Fledertieren und Robben haben es die Placentalier nicht nach Australien geschafft (heute in Australien weit verbreitete Placentalier, z. B. Dingos, Dromedare, Büffel, Pferde oder Hauskatzen wurden erst durch den Menschen eingeführt). Die ökologischen Nischen, die anderswo von Placentaliern aus unterschiedlichen Gruppen eingenommen werden, konnten so in Australien sämtlich von einer einzigen Gruppe eingenommen werden, nämlich von den Beuteltieren. Aus diesen ökologischen Anpassungsprozessen ging dann die Vielfalt der heutigen australischen Beuteltiere hervor. Sie alle stammen dabei ursprünglich von einer gemeinsamen Stammart ab, die von Südamerika aus über die Antarktis nach Australien eingewandert sein muss, als die drei Kontinente noch als Urkontinent Gondwana miteinander verbunden waren. Die heute noch in Südamerika lebende Chiloé-Beutelratte (Dromiciops gliroides) könnte diesem Vorfahren noch sehr ähnlich sein, denn sie ist mit den australischen Beuteltieren näher verwandt als mit den amerikanischen Beuteltieren (Ameridelphia). Das wird sowohl durch Übereinstimmungen im Bau des Gebisses und der Fußknochen als auch durch genetische Befunde bestätigt. Die Chiloé-Beutelratte gehört deshalb zur Verwandtschaftsgruppe der australischen Beuteltiere (Australidelphia), obwohl sie nicht in Australien vorkommt. Innerhalb der Australidelphia steht sie als ursprünglichste Form an der Basis des Stammbaums.

Weil die Beuteltiere sich an die verschiedensten ökologischen Nischen angepasst haben, die anderswo von den Placentaliern eingenommen werden, haben sie unabhängig von den Placentaliern ganz ähnliche Anpassungsformen hervorgebracht. Eine solche gleichartige Parallelentwicklung, die unabhängig voneinander erfolgte, wird als konvergente Evolution bezeichnet.

Die ökologische Nische der großen Grasfresser wird in Australien von Känguruhs eingenommen, während es anderswo die Wiederkäuer (Ruminantia) sind. Als Anpassung an die schwer verdauliche Grasnahrung haben die Känguruhs, genau wie die Wiederkäuer, einen mehrhöhligen Magen entwickelt. Der Kurzkopfgleitbeutler (Petaurus breviceps) hat wie die Flughörnchen Flughäute zum Gleiten von Baum zu Baum entwickelt. Der Beutelmull (Notoryctes typhlops) ist das australische Pendant zu den Maulwürfen, der Numbat (Myrmecobius fasciatus) ersetzt etwa den amerikanischen Ameisenbären oder das afrikanische Erdferkel, die ökologische Nische der Kleinraubtiere (Marder, Kleinkatzen) wird von den Quolls (Beutelmarder, Dasyurus) eingenommen und der Beutelwolf (Thylacinus cynocephalus) ersetzte - er wurde vom Menschen ausgerottet - placentale Spitzenprädatoren wie den Wolf. Wenn du eine Suchmaschine benutzt, findest du ganz bestimmt nich weitere Beispiele für solche Parallelentwicklungen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

ACBRE  01.12.2021, 12:25

Wow! Sehr spannender Beitrag! Habe heute viel gelernt. Danke.

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Ich würde die Kängurus nehmen, die haben sich in Australien an fast alle unterschiedlichen Lebensräume angepasst. Die meisten sind Nachtaktiv und im Grasland. Es gibt aber auch welche im Busch und tagaktive Arten.