Aus rein ästhetischer Sicht: Fandet ihr das Deutsche Kaiserreich auch wunderschön?
Hallo,
geht um das Aussehen (Architektur, Stadtgestaltung und Landschaften) und die Größe des Reiches in den Grenzen zwischen 1871 und 1918.
Ich stehe total auf den wilhelminischen Prunk der Gründerzeit in Kombination mit den Stilen der vorhergehenden Jahrhunderte (Fachwerk, Barock usw.).
Zudem war Deutschland damals deutlich größer, da ja nach dem Ersten Weltkrieg 1/7, nach dem Zweiten 1/4 des Staatsgebiets weggefallen ist. Alleine schon dadurch hat Deutschland aus meiner Sicht viel Schönheit eingebüßt, da Straßburg, Danzig, Breslau, Posen und das alte Königsberg (das heutige Kaliningrad) schöne Städte sind bzw. waren. In Bezug auf Königsberg kann ich es eher vermuten, in den anderen Städten war ich - alle wunderschön.
Hinzu kommt, dass viele Städte, die nach wie vor zu Deutschland gehören, deutlich schöner vor dem Zweiten Weltkrieg waren. Nur einige Beispiele nach meinem Geschmack: der Ebertplatz in Köln (damals top, heute Flop), das ehem. Kölner Opernhaus (abgerissen, sehr traurig), der heutige Mehringplatz in Berlin (damals Prunk, heute hässlicher Neubau, vielleicht 70er-Jahre), Kassel (da war ich nie, aber mein Eindruck ist, dass da viel verloren gegangen ist) und da gäbe es noch so viele weitere Beispiele.
Ist nur meine persönliche Meinung und keine politische Frage mit der Ausnahme, dass ich massenhaften, staatlich betriebenen Wiederaufbau nach historischem Vorbild (keine moderne Neuinterpretation) befürworten würde. Ich kann der heutigen Architektur in 99,9 Prozent der Fälle nichts abgewinnen.
Zudem fand ich toll, dass die Hauptstadt ziemlich mittig lag (so wie Madrid in Spanien).
9 Antworten
https://www.dhm.de/lemo/kapitel/kaiserreich/alltagsleben.html
Diese Monarchie hat sich ja selber abgeschafft. Du berichtest von den Vorderfronten der Fassaden in den Staedten, leider gab es dahinter bis zu fuenf Hinterhoefe mit der Baubedingung, das eine Feuerspritze dahin kommen musste. Dazwischen gab es Kuhstaelle und eine unvorstellbare Armut, die Vater Zille mit seinem Galgenhumor darstellt und und uns erhalten geblieben ist. Diese Geschichte ist zweigeteilt zu sehen, je nachdem, welchen Gesellschaftsstand man angehoerte.
Ich kenne die Hinterrhofwohnungen, speziel im Prenlauer Berg, Friedrichshain und Berlin Mitte, ein Zuckerschlecken ist das Heutr noch nicht, dort wohnen zu muessen.
Auch wenn ich die etwas frühere Architektur noch schöner finde gibt es schon zahlreiche wunderschöne Bauten aus der Kaiserzeit :
Berliner Dom z.b
Ich würde viel dafür geben mal durch eine Stadt dieser Zeit wandern zu können.
Dresden z.b
Auch Schmuck, Gewänder, Möbel, Schiffe und und und...
Der Jugendstil der ab 1900 aufkam ist für mich einfach das schönste, verspielteste, beindruckendste aller Zeiten.
Den Berliner Dom, hat uebrigens die DDR noch erstehen lassen aus den Truemmern, aber die Schlossruine liess Ulbricht sprengen. Dafuer rissen sie den Palast der Republik wieder ab, alles Zug um Zug, das Schloss steht wieder.
Der Baustil der Gründerjahre ist vom rein ästhetischen so ziemlich das Schrecklichste, was Architekten je zustande gebracht haben. Abgesehen von der Ästhetik ist auch der soziale Aspekt ziemlich grauenhaft: vorn eine Fassade mit Prachtwohnungen für die Reichen, in den vier, fünf oder sechs - euphemistisch als 'Gartenhäuser' bezeichneten Gebäuden in den Hinterhöfen dagegen unbeschreibliches Elend, ich wüßte nicht, was daran 'wunderschön' gewesen sein sollte!
Es ist Geschmackssache. Die Frage bezieht sich ausschließlich auf die Ästhetik. Ich persönlich finde sogar die Hinterhöfe schön, wenn sie saniert sind. Aber nicht primär, sondern die Fassaden. Ich finde sie stilistisch perfekt und dagegen die heutigen Neubauten im Vergleich zu den Stilen der vergangenen Jahrhunderte besonders schlecht, wobei ich die Nachkriegsarchitektur der 50er- bis 80er-Jahre am schlechtesten finde. Ich stehe total auf Prunk (kann auch gerne industriell gefertigt sein) und Verzierungen. Zudem mag ich die Blockrandbebauung der Gründerzeit und nicht diese durchmischten Straßenzüge, wo dann der Giebel frei liegt. Geschmäcker sind halt verschieden. Zudem finde ich die Architektur der Kaiserzeit so ansprechend, weil es auch deutlich mehr Gebäude / Städte in Deutschland mit Altstädten gab (Breslau gehörte ja bspw. zum Deutschen Reich und ist eine tolle Stadt).
Die Architektur um 1900 hat wirklich viele wunderschöne Bauten hervorgebracht. Der Jugendstil war nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa stilbildend.
Natürlich war die Situation in den Arbeitervierteln eine andere, das sollte man nicht vergessen. Aber bewundern kann man die Architektur heute trotzdem.
Ja, ich fand den Stil damals auch schöner in den Städten. Die modernen Gebäude von heute finde ich meistens nicht schön bis auf Ausnahmen natürlich und auch von den Grenzen fand in Deutschland viel schöner als jeden anderen deutschen Staat in der Geschichte.
Die Situation mit den Hinterhöfen ist mir zwar ungefähr bekannt, aber dennoch finde ich - nach meinem rein persönlichen Geschmack - die Architektur und Stadtgestaltung von damals um Lichtjahre schöner (geht hier auch nur um die Ästhetik, ein Klo für alle im Hausflur usw. ist natürlich kein geiler Standard, auch nicht Kohleheizung usw.). Heutzutage finde ich die Hinterhöfe sogar schön, wenn sie saniert sind. Ist aber nur mein persönliches Empfinden.