Angst Motorrad?

3 Antworten

Die unschöne Wahrheit beim Motorradfahren ist wohl, dass Stürze und je nach dem Knochenbrüche dazu gehören. Wer viel zuwenig fährt (z.B. 1-2x pro Jahr eine Ausfahrt macht), dem fehlt die Erfahrung mit dem Motorrad im Verkehr allgemein (z.B. in welchen Situationen welche Geschwindigkeit angemessen ist, wo die Gefahren lauern, wie sich andere Verkehrsteilnehmer verhalten, ab wann das Motorrad bei welchen Strassenbelagsverhältnissen zu rutschen beginnt, wie stark man bremsen kann, ohne dass man ins Schleudern gerät usw.). Wer sehr viel fährt (jedes Wochenende auf weite Touren oder gar täglich zur Arbeit), der hat einfach ein erhöhtes Zufallsrisiko, dass irgendwann trotz viel Erfahrung etwas passiert, das man einfach trotz aller Vorsicht kaum vorhersehen kann, z.B. ein Wildtier galopport einem nachts aus einem Dickicht neben der Strasse direkt vor's Vorderrad und man stürzt mit 60 oder 80 oder gar 100 km/h auf den harten Fahrbahnbelag. In solchen Situationen ist ein Unfall kaum abzuwenden, und wenn nichts passiert, oder wenn etwas passiert, aber ausser Sachschaden man glimpflicht davonkommt, dann hatte man einfach Glück. Übermütigkeit und zu hohes Tempo in und vor Kurven führen auch schneller ins Spitalbett als man es vielleicht glauben würde.

Und doch, auch nach einem Sturz mit Brüchen, Spitalaufenthalt, Operation, monatelanger Physiotherapie, irgendwann lockt es den passionierten Fahrer wieder auf das Motorrad. Aber es ist klar, nach so einem Ereignis ist man vorsichtiger, was auch nicht falsch ist, denn der letzte Sturz passierte ja vielleicht, weil man eben zuwenig vorsichtig war. Insofern ist es gar nicht so falsch, ein bisschen Angst zu haben. Mit der Zeit vergeht diese Angst aber auch wieder. Dann muss man einfach aufpassen, dass man nicht übermütig wird, und sollte sich stets daran erinnern, dass man einmal einen Unfall hatte. Im Motorrad Spitzensport gehen die Fahrer teilweise praktisch mit dem Gips am Bein schon wieder auf die Rennstrecke, um den Anschluss nicht zu verpassen. Als Privatperson hat man diesen Druck zum Glück nicht und kann die Sache langsam wieder angehen, wenn man es denn überhaupt will.

Ein Kurventraining bei einer Fahrschule (etc.) kann Dir auch viel Sicherheit beim Kurvenfahren geben. Du hast dann wesentlich mehr "Reserven" in Kurven, wenn es einmal knapp wird und reagierst nicht überhastet mit Bremsen, was oft zu einem Unfall führt. Der Nachteil ist, wenn Du das Kurvenfahren zu gut kannst, dass man dann dazu neigen könnte, auf der Strasse so schnell in Kurven zu fahren wie auf einer abgeschlossenen (Renn-)Strecke. Da muss man dann auch wieder Disziplin haben, da die Gefahren auf der Strasse einfach viel grösser sind als auf einer abgeschlossenen Strecke. Ich habe schon so viele gefährliche Situationen erlebt, besonders gefährlich ist es natürlich, wenn man nicht sieht, was nach der Kurve kommt.

Also... wenn Du gerne fährst, das Gefühl der Sicherheit kommt schon wieder. Mache Dir keine Sorgen, aber werde auch nicht übermütig. Schätze die Situation richtig ein, verzichte auf's Motorradfahren bei Temperaturen um den Nullpunkt (oder tiefer) herum, sei vorsichtig beim Tempo bei nassen Strassenbelägen oder bei Dreck auf der Strasse, Laub im Herbst, bei viel Verkehr, bei unübersichtlichen Kurven, auf schmalen Strassen, bei Kreuzungen (selbst dann wenn Du die Vorfahrt oder eine "grüne Ampel" hast). Rechne nie damit, dass andere Verkehrsteilnehmer sich an die Regeln halten, überlege stets, ob es theoretisch zu einer Kollision kommen könnte, wenn ein anderes Fahrzeug sich z.B. an einer Kreuzung nicht an die Regeln hält. Vermeide riskante Verkehrsmanöver, wenn Du z.B. wegen viel Verkehr lange warten musst, bis Du endlich in eine Strasse einbiegen kannst - knappe Manöver nach dem Motto "die knappe Lücke reicht schon zum Abbiegen" können gerne zu einem Unfall führen. Fahrten in der Nacht, besonders aber in der Dämmerung bringen ein erhöhtes Kollisionsrisiko mit Wildtieren mit sich.

Weil das Risiko immer mitfährt, nie ohne Schutzkleidung fahren. Schutzkleidung muss überall Protektoren haben, insb. Ellbogen, Schulter, Knie, Rücken. Massive Stiefel und Handschuhe mit Protektoren sind ebenfalls unabdinglich. Und natürlich ein guter Helm, aber dieser ist ja sowieso vorgeschrieben.

Aus eigener Erfahrung kann ich Dir noch Folgendes sagen: Der menschliche Körper ist sehr viel verletzlicher, als man es denken würde. Schon mit 50 km/h kann man sich bei einem Sturz etwas brechen, z.B. den Arm, vor allem wenn man auf den harten Strasenbelag fliegt. Wenn Du z.B. in eine Wiese neben der Strasse abspringen kannst, ist das Risiko kleiner, dass Du Dir etwas brichst. Doch meistens geht es so schnell, dass Du es realisierst, wenn Du bereits durch die Luft fliegst. Und eine Extremität (Arm, Bein) brichst Du Dir dann oft auch mit Schutzkleidung. Die Schutzkleidung hilft aber dennoch, vor allem an Orten, wo die Heilung bei einem Bruch sehr kompliziert wird, oder wo bleibende Behinderungen zu möglich sind, z.B. bei Gelenkverletzungen).

Während ein in der Mitte gebrochener Armknochen oder ein gebrochenes Bein bei jüngeren Leuten meist wieder relativ gut zusammenwächst, ist bei der Wirbelsäule oft schon eine geringfügige Verletzung mit Lähmung verbunden. Daher immer mit Rückenprotektor fahren.


davegarten  14.01.2024, 20:02

Und noch etwas: Besonders vorsichtig musst Du auch sein, wenn Du mit einem neuen Motorrad oder mit einem anderen Motorrad dem dem gewohnten unterwegs bist. Fremde Motorräder können anders reagieren, z.B. dass es viel weniger Bremsdruck braucht, um stark zu bremsen. Auch in Kurven können sie anders reagieren.. an all das muss man sich erst gewöhnen. Fährt man mit einem anderen Motorrad so schnell wie mit dem eigenen, ist die Unfallgefahr auch deutlich erhöht.

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Salty715 
Beitragsersteller
 14.01.2024, 20:16

Vielen Danke für diese Ausführliche antwort. Ich bin halt noch Fahranfänger also fahre seit knapp 3 Monaten( auch für Arbeitsweg) werde jetzt dann aber 18 und kann dann mit dem Auto zur Arbeit möchte aber halt trotzdem für die Freizeit oder im Sommer Motorrad fahren können. Bin zum Glück „nur“ mir einem Knorpelriss davon gekommen aber die Schutzkleidung hat denk ich mal auch seinen Beitrag geleistet Voralem der Rückenprotektor weil wen man mit dem Rücken ohne Schutz auf der Motorhaube landet tut das glaub ich ein bisschen weh

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Sofort wieder aufsteigen! Zähne zusammen!

Erst mal nur eine kurze Runde und dann steigern!

Und nachdenken! Auch wenn Du nicht schuld warst: Was kann ich tun, um einen Unfall wegen irgendwelchen Deppen zu vermeiden. Wie kann ich so fahren, dass ich auch die Fehler der Anderen ausgleichen kann!

Der Frühling kommt! Gute Fahrt und linke Hand zum Gruß!

Da hilft nur fahren, fahren, fahren. Am besten noch ein Fahrsicherheitstraining machen.