Freundschaft mit schwerhöriger Person gestaltet sich als belastend? Kennt das jemand?
ich kenne seit Jahren eine Frau, mit der ich eine zeitlang auch eine Freundschaft pflegte.
Kommunikation wurde jedoch zunehmend schwierig für mich, da sie sehr schwerhörig ist und andauernd Probleme mit ihren Hörgeräten hatte.
Leider fand ich die Kommunikation immer anstrengender und erschöpfend...
Die Geräte waren oft verstopft, so dass sie mich vorwarnte, sie würde schlecht hören- ich nahm dies auch wahr, wenn wir uns verabredeten, sie sagte oft Jaja, nickte andauernd mit dem Kopf, aber ich hatte manchmal eher das Gefühl, sie versteht mich gar nicht richtig....?
Dann saßen z.B. wir in einem Restaurant zum Essen, hinter ihr am Tisch saß ein Paar, was sich stritt, meine Bekannte hörte davon rein gar nichts....ich sprach sie drauf an auf den Streit hinter ihr und sie meinte, sie habe gar nichts gehört- ist das normal, dass man nichts mitbekommt, was knapp hinter einem geredet wird?
Sie steht beim Spazierengehen oft mitten auf dem Weg und Radfahrer und andere Fußgänger sind davon irritiert, ich habe sie oft gebebeten, zur Seite zu gehen, da sie es offenbar nicht merkt/hört, wenn jemand vorbei will-
Bei Bestellung in einem Cafe an der Theke verstand sie die Nachfrage der Bedienung nicht, die Dame reagierte etwas irritiert, weil meine Bekannte nicht adäquat au ihre Nachfrage reagiert hat und sie meckerte dann, dass die Bedienung unfreundlich sei- diese wusste aber ja nichts von ihrer Hörminderung....warum sagte sie der Servicekraft nicht, dass sie schlecht hört?
Sie schreibt sehr lange Whattsapp Nachrichten und sendet auch extrem lange Sprachnachrichten, ich jedoch möchte mich lieber austauschen, wenn man sich persönlich sieht....mir fällt es einfach schwer, dass man sich bei Treffen nichts mehr zu erzählen hat, weil sie vorher schon alles über whatts app ausdiskutieren und erzählen möchte.
Ich habe sie öfters auf ihre Hörgeräte angesprochen, ob man die nicht besser einstellen kann oder ob es noch alternative Geräte gäbe.
Sie meinte, die Geräte verstopfen oft, dass Sauberhalten sei teuer, sie reinige diese auch nicht jeden Tag...
Leider sind die Geräte sehr teuer, sagt sie- alle paar Jahre braucht sie komplett Neue- kann ich natürlich verstehen, dass sie da ggf. Probleme hat, jedoch lebt sie bei den Eltern und muss kaum Miete zahlen, so dass sie aus meiner Sicht schon Geld haben müsste, sich gute Geräte anzuschaffen?
Kennt sich jemand damit aus...oder hat ähnliche Erfahrungen??
6 Stimmen
4 Antworten
ich bin selbst ca 10 Jahre Hörgeräte Träger. Mit regelmäßiger Wartung und guter Einstellung habe ich bisher noch keine Probleme gehabt . Ich habe auch die Höherwertigen Geräte gekauft . Ich kann sie sogar mit meinem Smartphone steuern. Die Wartung durch den Akustiker ist im Preis mit drin, außer die Ersatzteile.
ich wechsle alle 6 Jahre , wie die Krankenkasse es bezuschusst.
Als selber Betroffener kenne ich die Problematik des Nichthörenkönnens seit langem von der anderen Seite sehr gut, denn ich bin sehr schwer hörbehindert. Auf einer Seite bin ich komplett taub, auf der anderen habe ich ein geringes Resthörvermögen, das durch ein extrem starkes Hörgerät ziemlich nutzbar gemacht wird, aber deutlich eingeschränkt bleibt.
Was deine Freundin machen kann:
Sie sollte unbedingt Ohren und Hörgerät sauber halten. Was Schmalzbildung im Gehörgang angeht, muss ihr der Ohrenarzt helfen, häufiger säubern und ein geeignetes mittel zur (täglichen) Säuberung verschreiben. Dieses problem habe ich glücklicherweise nicht. Für das Hörgerät gibt es reinigungssets, die der Akustiker mitgibt. U.U. das Hörgerät nachstellen lassen, das ist in der Wartung mit drin. Bei gravierender Verschlechterung gibt es nach meinem Wissen von der Kasse auch innerhalb des 6-Jahre Abstands neue Hörgeräte, die dann in einer u.U. längeren nervigen Prozedur auf das Resthörvermögen angepasst werden müssen. in dieser Zeit kann es sein, dass man noch nicht besser hört. Diese Möglichkeit habe ich noch nicht genutzt, da sich mein Gehör nur sehr langsam verschlechtert hat und seit der Kindheit stark geschädigt ist.
Wenn ich nichts verstehe, was häufiger vorkommt, frage ich nach, bis ich verstanden habe und sage auch dass ich schwerhörig bin. Das versuchen manche, bei denen der Hörverlust noch nicht so schlimm ist fälschlicherweise zu vertuschen. Wie ich jung war, habe ich mich auch dafür geschämt und versucht die Seite mit dem Hörgerät abzuwenden, dass man es nicht sieht und dann noch weniger gehört. Aber schon bei kurzem Gespräch hat sich's nicht verbergen lassen. Ich habe dann gelernt gleich darauf hinzuweisen, dass ich nicht richtig hören kann und zu bitten, deutlich (u.U. auch lauter, langsamer) zu sprechen. Das sollte dein Freundin auch lernen.
Was Radfahrer und Verkehrsgeräusche angelangt, verlasse ich mich nicht auf die (u.U. trügerischen) Geräusche, die ich noch höre. Denn vor allem höre ich mit meinem einen Ohr nie, woher sie kommen. Ich verlasse mich aufs Auge und schaue lieber einmal zu viel. Bei Wegen, auf denen Radler fahren, gehe ich immer auf der Seite, um Platz zulassen. Natürlich bin ich hilflos, wenn auf städtischen Gehwegen, Radler zwischen den Fußgängern Slalom fahren und ich allein unterwegs bin. Wenn ich mit Begleitung unterwegs bin, freue ich mich wenn ich dann kurz am Arm genommen werde und mein Weg etwas korrigiert wird.
Du müsstest natürlich auch Entgegenkommen zeigen, wenn deine Freundin ihrerseits alles getan hat:
Geräuschkulisse, Nebengeräusche, Musik sind sehr hinderlich, oder machen ein Gespräch unmöglich. Ich verstehe dann u.U. nicht einmal wenn man mir etwas direkt laut und deutlich ins (hörende) Ohr sagt. Daher ruhige Restaurants/Cafés aussuchen. Was hinter mir gesprochen wird, unmöglich, das wahrzunehmen. Wenn ich es überhaupt höre, weiß ich nicht mal woher es kommt. (Ich setze mich gern mit dem tauben Ohr zum Raum hin, um eine noch vorhandene Geräuschkulisse zu mildern)
Wenn du merkst, dass sie jemanden (z.B. die Bedienung) nicht verstanden hat, kannst du es ihr ja so wiederholen, dass sie versteht. Und deinerseits immer deutlich und nicht schnell sprechen, denn Schwerhörige müssen oft aus dem Zusammenhang kombinieren. Manchmal, habe ich so rückwärts gesehen erst einen halben Satz später verstanden während weitergesprochen wird. Und bitte immer zu ihr gewandt sprechen, damit der Schall zum Ohr kommt.Und vielleicht möchte deine Freundin auch noch zusätzlich etwas von den Lippen absehen können. Das kann ergänzend helfen. Denke bitte, dass Hören für uns auch Stress sein kann.
ich weiß, für manche sind Schwerhörige nervig und sie werden ungeduldig. Hier aber habe ich als Hörbehinderter auch meinerseits eine Auswahl und vermeide den Umgang mit ihnen, wenn möglich.
Also, wenn dir an ihr gelegen ist, stell dich auf ihre Hörbehinderung ein. unter der Voraussetzung, dass sie alles tut, um das was ihr möglich ist hören zu können.
Wenn es dich nervt, und dies überwiegt die positiven Momente, reduzier den Kontakt oder beende ihn.
ich danke dir für deine ausführliche und sehr objektive Antwort.
ich habe oft das Gefühl, meine Bekannte nimmt ihre Behinderung eher als lästiges Anhängsel wahr und möchte es lieber vertuschen soweit es geht, darum sagst sie auch der Kellnerin nicht, "entschuldigen sie ich kann sie leider schlecht verstehen, da ich schwerhörig bin"----sie nimmt im Beruf Zusatzaufgaben wahr und ist damit überfordert, weil sie schlecht hört.
Sie will diese Behinderung gerne damit kompensieren, sie beginnt wegen der Hörproblematik auch erst gegen 11 Uhr im Büro zu arbeiten und bleibt dann bis spät abends, weil sie da dann ihre Ruhe zum Arbeiten hat. Dann sind aber auch die Kollegen nicht mehr da. Ich denke es belastet sie schon sehr, auch sozial.
Mit den Hörgeräten ist andauernd etwas nicht in Ordnung, das stresst sie auch zusätzlich, denn oft von der Arbeit weg müssen und zum Akustiker gehen, frisst natürlich auch viel Zeit und Energie.
Ich kenne mich leider zu wenig damit aus, ob es vielleicht bessere Geräte gäbe für sie.
Sie meinte aber, dass sie die Geräte nicht jeden Tag säubert....und das ist aus meiner Sicht einfach nachlässig.
Ich denke, eine Reduzierung der Arbeitszeit wäre auch eine Option, um etwas mehr Zeit für sich selber zu haben, das lehnt sie aber ab und nimmt immer mehr Aufgaben an. Se ist auch sehr oft krankgeschrieben.
Ich weiß nicht, ob es auch eine Reha für so einen Fall gäbe?
Sie sollte die Geräte in Ordnung halten, also täglich säubern. Sie kann beim Ohrenarzt und beim Akustiker einen Hörtest machen, ob sich das hörvermögen deutlich verschlechtert hat. Das zahlt die Kasse, bzw. beim Akustiker ist es kostenlos. Bei gravierender Verschlechterung gibt es neue Geräte, wie ich geschrieben habe. Vielleicht kann sie sich auch ein Hörtraining verschreiben lassen. Sonst ist mir von Rehas nichts bekannt. Trägt sie schon lange Hörgeräte und ist sie gewöhnt, oder hat sie sie erst seit kürzerer Zeit? Wie stark ist ihr Hörschaden, wie ist es ohne Geräte. Hört sie da überhaupt was, wenn man ihr was laut ins Ohr sagt (ich höre dann z.B. nichts)? Wenn der Unterschied nicht so groß ist, müssen die Geräte eingestellt werden.
Das sind Sachen, die sie in Erwägung ziehen sollte.
Ich finde toll, dass du dir mit deinem wirklich gelungenem Beitrag soviel Mühe gegeben hast. Danke, auch wenn ich nicht direkt betroffen bin.
Ich kann dein Problem nachvollziehen. Wenn man befreundet ist und sich trifft ist es absolut logisch sich mit dem anderen über Dinge unterhalten zu wollen. Es macht den Eindruck dass dich die Umstände bzw. inzwischen jeder Umstand sehr stressen. Ich habe auch eine Freundin die manchmal sehr verpeilt ist (kennt keine memes, bekommt nicht mit wenn sie angeflirtet wird usw.) aber ich finde das eher süß und es stört mich eigentlich nie.
Ich denke ihr müsst beide aufeinander zugehen wenn das funktionieren soll. Sie müsste das mit den Hörgeräten besser handhaben. Wenn sie sich mit dir trifft dann muss sie vorher an gesäuberte Hörgeräte denken. Sie könnte auch zum Arzt oder beim Hörakustiker testen lassen ob die überhaupt noch richtig für sie eingestellt sind, und beim Arzt kann sie prüfen lassen ob die Gehörgänge frei sind. Das ist erstmal kostenlos.
Auf der anderen Seite solltet ihr euch nur da treffen wo es ruhig zugeht und es nicht Nebengeräusche gibt weil diese Menschen mit Hörbehinderung stark hindern können etwas zu verstehen. Das stresst sehr und dann kommt vlt mal so eine gereizte Antwort von deiner Freundin die gar nicht gerechtfertigt ist.
Wenn ihr wirklich ins Restaurant wollt dann klärt vorher was sie essen will dann kannst du für sie bestellen. Oder ihr müsst euch von Anfang an beide darauf einstellen, dass es eher eine Kommunikation mit Mimik und Gestik wird. Also bleib einfach entspannt ;)
Und wenn all das nichts bringt, wäre ein Weg dass ihr euch eben nicht trefft sondern nur noch per Nachrichten austauscht.
Wenn man eine Person mag, ist so eine Behinderung kein Hindernis für eine Freundschaft. Was du als belastend empfindest, sie zum Teil im Alltag zu unterstützen, wenn sie zB die Radfahrer nicht bemerkt oder eine Bedienung nicht versteht, halte ich für halte ich für selbstverständlich.
Wenn du ihrer Behinderung gegenüber so eine Ablehnung zeigst, und das wird sie zwangsläufig an der ein oder anderen Stelle bemerken, könnte es gut sein, dass sie sich bemüht so normal wie möglich zu sein, sich nciht anmerken will, dass sie dich oder andere nicht versteht und es überspielt. Mit anderen Worten: ihr könnte ihre Behinderung dir gegenüber peinlich sein. Und das ganz offensichtlich zu recht.
danke für deine Antwort, das ist gut zu wissen, dass es auch anders geht....aber du hast schon sehr viel Geld dann gezahlt oder? Hast du denn länger was von den guten Geräten oder musst du die auch alle paar Jahre dann wechseln?