Immer mehr Jugendliche leiden unter psychischen Störungen. Häufig liegt die Ursache nicht in klassischen Drucksituationen, sondern in einem Übermaß an Freiheit. Eine Einrichtung in Hamburg bietet Kindern und Eltern professionelle Ersthilfe.
„Papi, ich spüre nichts mehr. Ich habe schon überlegt, mich zu ritzen.“ Als Janne Solcher diesen Satz aussprach, war sie 20 Jahre alt – und mitten in einer schweren Depression. Die Symptome hatten sich über Jahre angeschlichen: bleierne Müdigkeit, Rückzug, Antriebslosigkeit. Freunde, Sport, sogar essen oder duschen wurden zur Herausforderung. Erst professionelle Hilfe brachte Klarheit – und einen Wendepunkt.
Wenn wir uns um diese Menschen nicht kümmern, wird das auch wirtschaftliche Folgen haben!
Heute engagiert sich Janne im Jugendbeirat der Fürstenberg Foundation, die sich für die psychische Gesundheit junger Menschen einsetzt. Die Stiftung bietet Angebote wie Webinare, Beratungshotlines und Orientierungshilfen für Jugendliche und Eltern. Der Bedarf ist enorm: Laut COPSY-Studie ist jeder fünfte junge Mensch psychisch belastet, doch Therapieplätze sind knapp – oft mit monatelangen Wartezeiten.
Für Janne war die Corona-Pandemie ein Auslöser. Das Abitur fand unter Auflagen statt, der gewohnte Alltag brach weg. Im Studium wuchs die Einsamkeit, die Symptome verschärften sich. Dank der schnellen Reaktion ihres Vaters erhielt sie zügig Hilfe – ein Glücksfall. Viele andere warten monatelang, was die Situation oft verschlimmert, warnt Expertin Carolin Göhre von der Schön Klinik Roseneck.
Göhre beobachtet eine zunehmende Unsicherheit unter Jugendlichen: Die Vielzahl an Optionen überfordert viele, Entscheidungen werden zur Belastung. Ihre Therapieansätze setzen auf Eigenverantwortung statt auf Rückzug in die Patientenrolle. Auch Eltern müssten lernen, ihre Kinder mit Schwierigkeiten nicht allein zu lassen – und nicht alles aus dem Weg zu räumen.
Heute geht es Janne besser. Sie nimmt Antidepressiva, kennt ihre Grenzen und setzt sie. Eine zentrale Erkenntnis aus der Therapie: „Ich bin der wichtigste Mensch in meinem Leben.“ Diese Einsicht hat sie gestärkt – und macht sie heute zur Stimme für viele, die noch auf der Suche nach Hilfe sind.
Was denkt ihr darüber?