Alle christlichen Kirchen berufen sich auf Jesus Christus als den Messias, als Gottes Sohn, als Gott in Menschengestalt. Die Unterschiede sind zum Teil kultureller Natur, zum Teil beruhen sie auf unterschiedlichen Interpretationen und verschiedenen Gewichtungen bestimmter Aspekte. Dass daraus Kirchenspaltungen entstanden, war fast immer auch ein Ausdruck von Politik und weltlichen Machtkonstellationen.
Die katholische – oder genauer: damals noch die lateinische Kirche und die Orthodoxie haben sich um das Jahr 1054 an einem Detail des großen Glaubensbekenntnisse gespalten, dem Filioque. Zu der Spaltung wäre es aber vermutlich nicht gekommen, wenn nicht auch die Herrschaft zwischen dem Westen und dem Osten gespalten gewesen wäre. In den Fragen des Amtsverständnisses, der Sakramente und weiter Teile der Theologie sind sich beide Kirchen(-familien) eigentlich noch immer ziemlich ähnlich. Die wichtigsten Unterschiede sind die Form der Gottesdienstfeier nach byzantischer oder römischer Tradition, und die Position des Papstes, der für die römisch-katholische Kirche Oberhaupt des ganzen Christentums, unfehlbar in der Lehre und oberster Richter in allen Kirchenfragen ist. Für die Orthodoxie ist er nur der Patriarch eines anderen Flügels und damit auch nur für seinen Flügel des Christentums verantwortlich.
Charakteristisch jedenfalls für die römisch-katholische Kirche, ich vermute allerdings, dass es ähnlich auch in der Orthoxie ist, ist die Autorität des Lehramtes – des Pfarrers, des Bischofs und zuvorderst des Papstes. Sie legen die Bibel und die Traditionen z.B. der Kirchenväter aus, und definieren damit verbindlich, was zu glauben ist und wie der gute Christ zu leben habe.
Die Trennung zwischen Evangelisch und Katholisch entstand Anfang des 16. Jahrhunderts. In der lateinischen Kirche waren viele Sitten entstanden, davon leider auch einige sehr unchristliche zu nennende: Ämterhäufung, Nepotismus (Vetternwirtschaft), Käuflichkeit etc. Diese wurden von verschiedenen Theologen zu Recht kritisiert, am prominentesten Luther, Zwingli, Calvin, aber es gibt noch viele weitere, die Reformen forderten. Daher auch der Name „Reformation“ für diese Epoche. Im Versuch, die Kirche wieder zu ihren Grundsätzen zurückzuführen, wurde so unter anderem gefordert, alle Regeln und Gebote müssten sich direkt aus der Bibel ableiten lassen („sola scriptura“), sonst seien sie nichtig. Diese starke Betonung der Bibel, des Evangeliums ist bei heute kennzeichnend für die evangelischen Kirchen. Darüber hinaus hat sich aber auch eine ganz andere Struktur entwickelt: Die evangelischen Kirchen sind synodal strukturiert, dass heißt es gibt verschiedene Formen und Formate der Mitwirkung aller Mitglieder in Versammlungen oder durch Wahlen. Dies beinhaltet auch die Frage, wer die Kirchenleitung ausüben soll.
Auch wenn die evangelischen Pastorinnen und Pastoren die Verantwortung haben, die Bibel im Gottesdienst gemäß den Bekenntnissen ihrer Kirche auszulegen, liegt es doch an jedem Gläubigen selbst, die Bibel zu studieren und seine eigenen Konsequenzen für sein persönliches Leben zu ziehen.