Das ist Unwissen, fehlende Erfahrung und eben das Phänomen "auf der anderen Seite der Wiese ist das Gras immer grüner".
Mir ging es früher auch so. Ich fand das Meer faszinierend. Diese Weite, diese Freiheit dachte ich mir. Mein erster Langfahrt-Segeltörn lehrte mich, dass das Meer das Gegenteil ist.
Erst die Plackerei in den Häfen, Liegeplatz suchen, manövrieren im Hafen. Voll nervig!
Dann die langen Fahrten auf See. Tage- oder wochenlang ist man eingepfercht auf einem kleinen Boot. Null Privatsphäre, Enge, wenn einer seekrank wird riecht es nach Kotze. Das Boot schaukelt, wenn man aufs Klo geht und es kommt ein Wellenschlag kommt die Kacke nach oben. Bist Du mit 6 Leuten auf einem Boot von 12-14 Metern, wo alle schon seit 3 Wochen nicht mehr geduscht haben, das riecht wirklich lecker.
Wenn es warm genug ist, kann man sich an Deck mit Seewasserseife und einer Pütz waschen und von jemanden mit Wasser übergießen lassen. Ist es aber kalt, dann bleibt nur eine schnelle Katzenwäschen in der schaukelnden Naßzelle. Das Wort Zelle passt, das Ding ist meist so klein, dass man sich nicht mal darin umdrehen kann.
Hast Du einigermaßen guten Wind aus der richtigen Richtung, und schönes Wetter, kann man der Sache etwas abgewinnen.
Ich habe schon Törns erlebt mit zwei Wochen überhaupt keinen Wind. Wir haben die Zeit auf See minimal gehalten und waren lieber an Land. Lediglich zum Übergabepunkt sind wir dann tagelang unter Motor hingefahren. Da hast Du die totale Dröhnung.
Also nach so einer Atlantiküberquerung, auf einer kleinen Segelyacht beißt Du vor Frust ins Steuerrad, wenn Du von einer größeren schnellen Yacht überholt wirst. Du bist so froh wenn Du ankommst und schwörst Dir, nie wieder so weite Strecken zu segeln.
Ich habe zwei Langfahrten gesegelt und bin einmal über den Atlantik, alles mit einer Bavaria 44. Ich mag kein Meer mehr sehen.
Zum Segeln bevorzuge ich heute das interessantere Segeln mit schnellen Jollen oder 49ger Skiff, Contender Skiff oder Windsurfen. Aber um Kielyachten, die heutzutage nichts anderes als unförmige schwimmende Wohnwägen sind mache ich einen weiten Bogen.
Diese Langfahrtensegler sind ein dröges Volk. Sie richten auch sehr viele Umweltschäden an. Man kann ja bei der Hitze in der Passatzone z.B. Lebensmittelabfälle usw. nicht an Bord aufbewahren. Man wirft den Müll ins Meer. Oder all die schönen Lagunen, wo die Langfahrtensegler dann ankern. Die lassen ihre Abwässer einfach ins Wasser ab, schwimmen kann man dann dort nicht mehr, weil das Wasser voller Kacke und Müll schwimmt. Das ist auch ein Grund, warum ich mit dem Langfahrtensegeln aufgehört habe.
Meer ist schön, um daran zu spazieren, oder kurze spannende Regatten mit schnellen Skiffen oder touristische Törns, bei denen man jeden Tag einen Hafen anläuft und auch was von Land und Leuten sieht.
Meer ist das Gegenteil von Freiheit, weil der Mensch kein Meereslebewesen ist. Man ist immer auf einem schwimmfähigen Gefährt eingekerkert.
Oh ja, und ein Ostsee-Segeltörn, bei dem es auch im Sommer durchaus tagelang regnen kann oder kalt sein kann. Du bist mit 6 Leuten auf einem Segelboot, die den ganzen Tag lang Gummistiefel und Ölzeug getragen haben. Wenn dann in dem kleinen Salon alle ihre Gummistiefel ausziehen riecht das echt lecker. Dann krabbelst Du nachts in eine klamm-feuchte muffelige Koje und morgens wieder in das nicht trockengewordene kalte, feuchte, muffelige Ölzeugs ... der Geruch von Freiheit, hahaha. Ich kann mir heute Schöneres vorstellen.