Was du erlebst ist weit verbreitet. Die meisten Beziehungen und Ehen enden auf ähnliche Weise. Deine Partnerin hat innerlich schon lange mit der Beziehung abgeschlossen. Lange bevor sie es überhaupt auch nur angesprochen hat. Der erste Stein dazu dürfte bereits vor langer Zeit ins rollen gekommen sein, und anstatt zu kommunizieren was in ihr los ist hat sie, aus welchen Gründen auch immer, beschlossen, dass es keinen Sinn für sie hat, gewisse Probleme oder Sorgen anzusprechen. Es kann ein Streit gewesen sein, einfach nur eine Debatte, eine unschöne Äußerung... einfach alles. Und ab diesem Moment sieht eine Frau jeden Moment, an dem sie das Gefühl hat, es läuft etwas nicht so wie es sein sollte, als Bestätigung. Es sammelt sich an und tötet ihre Gefühle für sich mit der Zeit mehr und mehr ab. Was als deine Schuld empfunden wird, weil du ja nichts dagegen unternimmst. Ich sage bewusst "empfunden wird", denn es hat nichts mit Logik oder Sinnhaftigkeit zu tun, sich so zu verhalten. Für uns als Männer ist das also in doppelter Hinsicht ein Problem, da wir eher dazu neigen, Logik- und/oder Vernunftbasiert zu denken und zu handeln. Wenn wir denken, wir sollten oder könnten etwas, das uns besorgt, nicht ansprechen, dann ändert es nur seltenst etwas an den Gefühlen, die wir für unsere Partnerin haben. Wir machen es mit uns aus und wollen nicht "zur Last fallen". Frauen sind da im allgemeinen anders. Sie tendieren eher dazu, das Gefühl zu haben, über etwas nicht sprechen zu können, und lassen es deswegen. Das Gefühl hat i.d.R. Vorrang vor der Logik.
So entsteht eine Spirale des "Quiet Quitting", die du aber kaum wahrnimmst. Besonders mit Kind. Wie soll man(n) es denn auch entdecken, wenn es immer etwas gibt, was eine gerade vorhandene Laune erklären könnte? Wie z.B. ein Kind dass mehr Aufmerksamkeit braucht, etwas anderes dass grad Stress verursacht, eventuell Ärger mit Kollegen oder sonstwem... Oder einfach nur eine kaputte Glühbirne. Und wenn man(n) fragt, ist es entweder sowas gewesen oder "es ist nichts, Schatz." Dann geht es häufig weiter wie gewohnt, nur mit einem weiteren "War ja klar, der Herr weiß wieder nicht, was er getan hat" oder "was in mir los ist" und "was ich durchmache." in ihren Gedanken.
In der psychologischen Praxis erleben wir diese Verhaltensmuster unglaublich oft. Es kommen Männer, bei denen von jetzt auf gleich, ohne Vorwarnung, alles zusammen bricht. Innerhalb weniger Tage - manchmal sogar nur Stunden - wurde ihre Partnerin von der Ehefrau, die sie lieben, zu einem Stahlblock, der nichts mehr an sich heran lässt. Die Beziehung wird infrage gestellt, oft sogar einfach schlagartig beendet. Ohne Angabe eines Grundes, den der betreffende Mann nachvollziehen kann, und selten mit etwas, dass man als auslösendes Ereignis beschreiben könnte. Vielleicht begleitet von einer Aussage der Partnerin, wie "Ich habe das Gefühl, dass es keinen Sinn mehr hat..:", und oft begleitet von Aussagen wie "Wenn er mich liebt, hätte er doch spüren müssen, dass...".
In vielen dieser Fälle war die Partnerin emotional und geistig bereits seit Monaten, oft sogar seit Jahren, vom Mann "geschieden". Von einem Prozeß der Abspaltung war jedoch nirgends eine Spur für den Mann erkennbar, bis dann alles zusammenbricht. Es wurde nicht klar und eindeutig von ihr kommuniziert.
Du erkennst sicher eine Menge davon wieder, oder?
Die eigentliche Frage wäre also: wie möchtest du mit einer Frau umgehen, die schon seit langem von dir getrennt ist? Denn das ist sie allem Anschein nach. Du wusstest es nur nicht. Und dir wurde auch keine Chance gegeben. Ich verstehe deine Gefühle, aber sei dir gewahr: Für sie sind sie wahrscheinlich nicht mehr von Relevanz. Und was das miteinander reden betrifft... Nun, mit Logik erreichst du nichts. Also sind vernünftige Argumente auch keine Lösung. Das einzige, was dir weiterhelfen kann, ist, dein Leben weiter zu leben und ihr zu zeigen, dass du es auch ohne sie schaffst. Dass du stark und gefestigt genug bist und sie nicht brauchst. Dass du auch ein erfülltes, spannendes und aufregendes Leben ohne sie führen kannst. Dass du gefestigt bist und weiterhin mit beiden Beinen im Leben stehst, eventuell sogar Dinge anfängst, die du schon immer mal machen wolltest. Das ist es, was dir selbst helfen kann. Und es sind Dinge, die dich als Mann interessant machen - wenn sie es von selbst mitbekommt, ohne dass du irgend etwas davon kommunizierst. Denn jede Aufnahme von Kommunikation, jeder Ausbruch von "Aber ich liebe dich", wird nun von ihr als "Der ist so needy", und damit als entwürdigend und eventuell sogar abstoßend empfunden werden. Als heischen nach Aufmerksamkeit oder dem Versuch ihr zu zeigen, wie toll du bist. Kämpfen und versuchen, es wieder hin zu bekommen? Das ist erfahrungsgemäß entweder nicht möglich oder es wirkt nur wie ein Pflaster, dass vorübergehend hält.
Kurz: lasse es. Mache DEIN Ding. Lebe weiter. Erlebe dich neu. Und klammere sie aus, ohne sie wegzustoßen, wo es geht. Wenn es ums Kind geht dann tue, was für das Kind am besten ist. Abgesehen davon muss ich leider sagen, dass du wahrscheinlich nicht umhin kommst, dein Leben neu zu ordnen. So leid es mir tut. Bei klarer Kommunikation hätte man vor Monaten mit einer Paartherapie vielleicht noch etwas machen können. So allerdings klingt es, als wäre es dafür bereits zu spät.