Ich habe das Gefühl, dass ganz oft vergessen wird, dass Transidentität eine willkürliche Eigenschaft ist, die halt manche Menschen bei Geburt haben. Das ist kein Verein, keine Versammlung oder sonst was. Manche Menschen, jeglichen Alters, jeglicher gesellschaftlicher Gruppe, und jeglicher Persönlichkeit, sind halt trans. Das passiert halt. Laune der Natur.
Ich kenne sehr wahrscheinlich mehr trans Menschen als 99% der Menschen. Manche mag ich sehr gerne, manche sind neutral, und manche mag ich nicht. Manche finde ich sympathisch, manche unsympathisch, etc.
Die allermeisten Leute kennen wahrscheinlich keine, eine oder maximal zwei trans Personen. Und häufig bildet sich dann etwas, wo man plötzlich als Vertreter einer ganzen Menschengruppe angesehen wird, obwohl man eigentlich nur man selbst ist, und andere Menschen da ganz anders sind.
Beispiel: Ich hab Informatik studiert. Ich bin schlecht in Mathe. Für viele war das halt „das Mädel“ ist schlecht in Mathe, Klischee bestätigt. Aber dabei bin einfach nur ich schlecht in Mathe, das sagt gar nix über den Rest aus.
Zu deinem „cisphob“-Beispiel mit dem Händeschlag: Hier ist es genauso. Irgendein Mensch, irgendwo, mag es nicht, die Hände zu schütteln, und gibt niemandem die Hand. Und plötzlich wird daraus „trans Menschen sind gemein zu cis Menschen weil sie nicht die Hand geben“, und es wird darüber spekuliert, dass das ja sicher anders wäre, wenn man selbst trans wäre. Und plötzlich ist aus irgendeiner random Person, die keine Hände schüttelt, ein Angriff der trans Community auf cis Menschen draus geworden.
Laut deiner eigenen Aussage kennst du ja viele trans Menschen. So. Manche wirst du mögen, manche nicht mögen, und manchen gegenüber stehst du neutral. Das ist NORMAL. Und wenn du lange genug suchst, wirst du auch welche finden, welche Fieslinge sind. Das sind einzelne Menschen, die eine Geburtseigenschaft verbindet, kein Klub.
Und nein, ich denke nicht, dass es sowas wie Cisphobie gibt. Transphobie ist, wenn du dich in der Schule outest, und plötzlich in vier verschiedenen Fächern eine „ergebnisoffene Diskussion“ stattfindet, ob es trans überhaupt gibt, und ob man sowas tolerieren sollte, wenn dir dein Religionslehrer sagt, wie sündig und satanisch du doch bist, und dann eine Unterrichtsstunde darüber macht, wie Sünde das Werkzeug des Bösen ist, oder wenn dein BWL-Professor einfach mal so in den Raum wirft, dass ja trans Menschen „geistig gestörte Trans en“ seien, ohne das irgendwer das Thema auch nur erwähnt hat.
Manche Menschen sind gemein. Das ist so. Auch manche trans Menschen. Aber zwischen ein bisschen Übereifer bei Jugendlichen und systematischer, unausweichlicher Demütigung durch teils auch Vorgesetzte, liegen Welten.