Hallo,
es gibt zahlreiche Motive fürs fremdgehen. Mangelnde Konfliktfähigkeit, Unzufriedenheit, unterschiedliche Bedürfnisse, mangelnde Zeit oder Liebe füreinander, geringer Selbstwert, der Wunsch nach Abwechslung, ein sexuelles Verlangen nach jemand anderem.
Fremdgehen ist nicht prinzipiell schlimm. Es hängt natürlich davon ab, was man mit seinem Partner/in vorher kommuniziert hat. Der Sex selbst wiegt oft weniger schlimm, als die Lüge(n) und natürlich der Vertrauensbruch. Daraus resultieren dann Verletzungen, Demütigung und Erniedrigung beim Partner. Schlimmstenfalls ist fremgehen für den ein oder anderern ein psychisches Trauma, welches sich in der nächsten Beziehung, oder, falls der Seitensprung verziehen wurde, in der noch bestehenden Beziehung, in der betrogen wurde, in Verlustängsten und Eifersucht zeigt. Ein Muster, aus dem der Betroffene oft schwer wieder ausbrechen kann.
Wenn wir uns aber mal eingestehen, dass Menschen aus evolutionsbiologischer Sicht einfach keine monogamen Lebewesen sind und wir deshalb vom Partner auch nicht ein Leben lang zu 100% Treue einfordern können oder sollten, dann sind die Verletzungen am Ende auch nicht so groß. Das heißt jetzt natürlich nicht, dass wir unserem Partner problemlos zugestehen müssen alle 2 Wochen mit jemand anderem zu schlafen, aber eben nicht gleich aus allen Wolken zu fallen, wenn es nach 15 Jahren mal passiert. Viele Menschen behaupten von sich, sie würden niemals fremgehen, oder könnten ihrem Partner/in einen Seitensprung niemals verzeihen. Jedoch weiß nach 5 Jahren Beziehung keiner, wie es nach 20 Jahren auf einmal aussieht. Viele behaupten hinterher sie hätten nie gedacht, dass sie ihrem Partner/in jemals fremdgehen könnten. Das die eigene Beziehung 20 Jahre später noch voller Leidenschaft ist und ohne Konflikte oder ernsthafte Krisen, die es gemeinsam zu bewältigen gilt ist aber lediglich Wunschdenken.
Der Besitzanspruch "du gehörst mir, ich gehöre dir", der eine gesellschaftlich akzeptierte Regel für die allermeisten Paarbeziehungen darstellt, finde ich zum Teil etwas suspekt und egoistisch. Wenn die Erwartung an die Partnerschaft das lebeslange Exklusivrecht am Körper des anderen bedeutet, dann wird fremdgehen logischerweise als extrem schlimm bewertet. Wer Exklusivität= Liebe schlussfolgert, für den lautet die Schlussfolerung ja letzendlich: Fremdgehen= derjenige liebt seinen Partner nicht (mehr) genug. Ich finde es ist naiv, fast schon infantil eine lebenslange Exklusivität beim Partner einzufordern. Völlig suspekt ist es mir deshalb, wenn Menschen eine 10 oder 20 jährige Beziehung an den Nagel hängen, wenn der andere einmal fremdgegangen ist.
Die Monogamie ist eine erfundenes Beziehungsmodell des Menschen. Das heißt nicht, dass Monogamie schlecht ist. Ich befinde mich selbst seit 8 Jahren in einer monogamen Beziehung und habe meinen Partner noch nie betrogen. Als wir zusammen gekommen sind hatte ich starke Verlustängste, war eifersüchtig und allein der Gedanke mein Freund könnte etwas mit einer anderen Frau haben, hat mich in den Wahnsinn getrieben. Ich war vor eingen Jahren der Ansicht man könne gar nicht richtig lieben, wenn man nicht monogam lebt, oder fremdgeht. Heute sehe ich das anders. Nach 8 Jahren ist eine Beziehung emotional sehr gefestigt, man hat viel zusammen erlebt, vertraut sich, kennt sich in und auswendig. Verlustängste und Eifersucht kenne ich kaum mehr.
Wir wollen nach 8 Jahren beide nach wie vor monogam leben. Ich garantiere aber nicht, dass das in weiteren 10 Jahren noch genau so ist. Außerdem wissen wir beide, dass wir uns einen Seitensprung 1. sofort erzählen, denn Ehrlichkeit ist uns beiden noch wichtiger als Treue und 2. nicht gleich komplett ausrasten, wenn es mal passieren sollte.
Wenn man am sich am Anfang der Bezieung mit den Wünschen und Vorstellungen des Partner befasst hat, für beide Treue und Monogamie das aller wichtigste ist und ein Betrug unverzeihlich, dann verstehe ich natürlich das eine Trennung eine logische Konsequenz des Seitensprungs ist. Wer Monogamie und Treue jedoch ein Leben lang vom Partner einfordert, muss sich darauf einstellen, dass es irgendwann eben zum Betrug kommen kann, oder der Seitensprung einfach nicht gebeichtet wird, weil der andere ja weiß wie der Partner dazu steht.
Wenn es ein Ausrutscher war, ein Fehler-denn Fehler sind menschlich und man die Beziehung auf keinen Fall beenden möchte, jeodch weiß welche Konsequenzen der Partner nach der Beichte zieht-nämlich eine Trennung, dann wird man eben stillschweigen bewahren und das schlechte Gewissen aushalten. Ich möchte lieber, dass mein Partner mir den Seitensprung beichtet, da ich Ehrlichkeit als das allerwichtigste erachte und danach besprechen möchte, warum das passiert ist und was man in der Beziehung verändern sollte. Also lieber davon wissen, als das es unter den Teppich gekehrt wird und derjenige, der betrogen hat, die Probleme, die dazu geführt haben, alleine lösen muss.
In jeder Partnerschaft wird es irgendwann schwierig. Wenn man alles versucht hat, wäre es für mich dennoch eine bessere Lösung, das Beziehungsmodell zu überdenken und die Beziehung (kurzweilig) zu öffnen, bevor ich die Partnerschaft beende und alle Jahre voller Intimität, Vertrauen, Verbundenheit, Erinnerungen, Erlebnisse und das ganze in und auswenig kennen flöten geht. Sich nach so langer Zeit einen neuen Partner zu suchen und alles von neuem aufzubauen, fände ich müheseeliger, als nach einem Seitensprung an der bestehenden Beziehung zu arbeiten, das Vertrauen wieder aufzubauen oder sich, wenn das Verlangen da ist und sonst alles passt einmalig ein Erlebnis in einem fremden Bett ,,erlaubt". Aber nur nach Kommunikation mit dem Partner/in und nichts im Alleingang und heimlich.
Zussamenfassend kann ich sagen, Monogamie ist eine schöne Sache. Ich würde aber nicht felsenfest davon ausgehen, dass man nach Jahrzenten Beziehung nicht mal den Drang verspürt, die Beziehung zeitweilig zu öffenen oder einem ein Ausrutscher passiert. Wir Menschen laufen nicht mit Scheuklappen durch die Welt und nehmen während einer Beziehung keine anderen Menschen mehr wahr. Fehler sind menschlich und in einer langen Partnerschaft schwindet die Leidenschaft irgendwann nunmal.
Liebe Grüße