Die Partei im Gesamten nicht. Nicht einmal der Flügel an sich - ich finde es eigentlich immer ganz nett, wenn man die kleinen Randgruppen noch begutachten kann.
Was ich bedenklich finde, ist wie sich zunehmend mehr Leute teilweise oder ganz an eines der Extreme (gelte hier auch für Teile der AfD als Extrem) anbiedern, da sie ansonsten keine konsequente und/oder klare Haltung/Handlung gegen sonstige Extreme erkennen.
Ich denke nicht wirklich, dass (nehmen wir insbesondere die altbackenen Herrschaften aus, deren Meinung kann effektiv keine persistente Gefahr darstellen, solange sie ihre Positionen nicht an die Jungen vermarkten können) die meisten AfD-Wähler illiberale homophobe Ausländerhasser sind. Ich denke jedoch, dass sie teilweise solche Positionen tolerieren würden, wenn andere illiberale (XXX)-Positionen eines anderen Extrems dafür bekämpft werden. Dies in Kombination mit der Annahme, dass dieses anderen Extreme (nehmen wir fatalistische Wokisten) stark genug ausgeprägt und wenig genug von der Allgemeinbevölkerung erkannt/abgelehnt werden, als dass man mit der Unterstützung anderer politischen Strömungen etwas dagegen erreichen kann, halte ich für bedenklich.
Das ist aber keine AfD-interne Gefahr, sondern gilt im Generell. Der Gedanke, dass differenzierte Handlungsentscheidungen ohne spontane/größere Einschnitte in Teile der Gesellschaft, obsolet/wirkungslos wird - das sehe ich gleichartig an vielerlei Stellen.
Die meisten Leute, so mein Eindruck, verteidigen unsinnige Ausprägungen der AfD auch nur, weil die Kritik eine sehr negative Interpretation der AfD(ler) bietet, und dem eine sehr gute Interpretation der AfD(ler) entgegengehalten wird. Es bemühen sich heutzutage nur wenige die Synthese einer neutralen Übereinkunft anzustreben.
Nehme man sich solche sinngemäßen (für's Wortzitat müsste ich das Buch rauskramen) Aussagen von Höcke wie <Dem deutschen Volk ist das Bedürfnis nach einer Wunden heilenden Leitfigur innewohnend>
Positive Interpretation:
Jeder fände es doch schön, wenn ein Engel vom Himmel herabsteigt, das Wunden-Heilen-Ministerium besetzt und 5 Jahre später alle mit der Migrations- und Klimapolitik zufrieden sind. Die Wortwahl ist außerdem eine richtig coole Provokation an die Linken.
Negative Interpretation:
Der will nach Hitlers Vorbild als Führer des deutschen Volkes Diktator werden. Ich meine, er hat Volk gesagt ... das ist ja schon NS-Sprache.
Neutrale Synthese:
Ja, eine problembewältigende starke Persönlichkeit wäre schön, insbesondere in unserer aktuell semi-gespaltenen Gesellschaft, aber die innewohnende Gefahr von Korrumpierung dieses "Engels" macht das praktisch unmöglich. Warum weist Höcke darauf eigentlich fast gar nicht hin, während er 10 mal solch sinn-ähnlichen Sachen in seinem Buch drucken lässt? Kann es sein, dass er die Mechanismen zur Wahrung unserer Republik gar nicht allzu sehr schätzt?
Neutrale Anmerkung:
Und es ist egal, wie häufig Höcke zeigt, welche Probleme man mit seinen Ideen lösen könnte oder welch' schöne Zustände damit erreichbar wären. Kein Mensch strebt in seinem politischen Wirken nach allgemeiner Verschlechterung, und selbst wenn, wird er diese mit dem Versprechen nach Verbesserung legitimieren.
[edit: Ich denke die Debatte zwischen Proletopia und Schattenmacher ist für dieses Verständnis gut geeignet. Nicht im speziellen bei extremen Randpositionen kocht innere Antipathie gegen das "Böse" hoch, sondern primär nur bei dumm formulierten Randpositionen, die es nicht schaffen ein gutes Bild ihres Ideals zu vermitteln - nun ja, jedenfalls bei mir. Vielleicht reflektiere ich zu viel von mir auf andere.]
Die Gefahr an sich, sehe ich in dieser Mentalität:
"Ich ächte dich mehr dafür, mit den einen Bösen zusammen gegen das andere Böse zu sein, als ich dich dafür achte, mit dem Guten in dir gegen das Böse außerhalb dir zu sein."
Zusammen mit einer Art Doomscrolling, wobei ich da lieber beim alten Nietzsche-Zitat bleibe:
"Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, daß er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein."
(Nein, ich kenne den Kontext des Zitates nicht. Aber es eignet sich definitiv für den Kontext von an sich liberalen Personen, die so lange Kommunisten-Twitter/Neonazi-Dokus anschauen, bis sie ehemals heftig kritisierte IB-Aussagen/Intersektionalisten-Ideen stillschweigend hinnehmen und tolerieren)