Guten Morgen zusammen,
Ich schreibe gerade für meinen Nachbarn. Seine 17-jährige Tochter leidet seit ihrer Kindheit an Depressionen und befindet sich seit der Grundschule in psychologischer Behandlung. Vor einem Jahr hat sie einen Selbstmordversuch unternommen. Seitdem ist sie weiterhin in psychologischer Betreuung und wird derzeit zusätzlich auf Autismus getestet. Zusätzlich engagiert eine Sozialarbeiterin, die mit ihr einmal pro Woche für zwei Stunden Freizeitaktivitäten unternimmt. Dies hat ihr anfänglich gut getan.
Derzeit hat mein Nachbar jedoch den Eindruck, dass sich die Situation verschlechtert hat. Sobald seine Tochter von der Schule nach Hause kommt, verschließt sie sich in ihrem Zimmer, isoliert sich vollständig von der Familie und redet mit niemandem mehr. Seit drei Jahren spricht sie nicht mehr mit ihrem älteren Bruder, mit dem sie zuvor ein sehr enges und vertrautes Verhältnis hatte. Dieses Band ist irgendwann gebrochen und seitdem ist sie wutentbrannt, sobald der Bruder auch nur das Haus betritt. Diese Veränderung trat plötzlich und unerwartet ein. Die Psychologin hat erklärt, dass Kinder mit autistischen Spektrumstörungen einen derartigen Hass entwickeln können, dass sie eine Person vollständig aus ihrem Leben streichen.
Vor über einem Monat lud der Nachbar seinen Sohn zum Grillen ein, da sie sich seit Monaten nicht gesehen hatten, weil der Nachbar ihn bewusst nicht eingeladen hatte. Er wusste jedoch nicht, dass dieser Besuch zu einer Eskalation der Situation führen würde. Als die Tochter davon erfuhr, schloss sie sich in ihrem Zimmer ein und verlässt es nur noch, um auf die Toilette zu gehen, Essen zu holen oder zur Schule zu gehen.
Mein Nachbar hat den Eindruck, dass die Sozialarbeiterin die Situation eher verschlimmert und die Tochter von der Familie trennt, anstatt sie an die Familie zu binden. Es kam zu einem Gespräch zwischen der Sozialarbeiterin und dem Nachbarn, das leider eskalierte. Beide wurden lauter und der Nachbar sagte der Sozialarbeiterin, dass sie den falschen Beruf gewählt habe. Er ist verzweifelt und hilflos und ich habe den Eindruck, dass es ihm aufgrund der Krankheit seiner Tochter sehr schlecht geht.
Er kam nun zu mir und erzählte mir von diesem Vorfall. Er macht sich Sorgen, dass das Jugendamt seine Tochter wegnimmt, weil das Gespräch eskalierte. Er glaubt, dass die Sozialarbeiterin das Gespräch aufgenommen hat. Als ich ihn fragte, was er genau gesagt hat, schilderte er mir alles. Ich persönlich halte es nicht für verwerflich, seine Meinung zu äußern, insbesondere wenn es um das Wohl seiner eigenen Tochter geht. Er sieht es genauso, weiß aber nicht, wie das Jugendamt handeln wird.
Hat jemand Erfahrung damit? War es ein Fehler, lauter zu werden? Ich persönlich kann es nachvollziehen, da ich seine Lage kenne und weiß, wie verzweifelt er ist. Es würde mich auch in Verzweiflung treiben zu sehen, dass eine Sozialarbeiterin die Situation eher verschlimmert.