Zahnmedizin studieren?
Hallo,
ich habe mein Abitur mit 1.1 abgeschlossen und würde jetzt gerne studieren. Wegen Corona konnte ich leider kein Praktikum bei einem Kieferorthopäden machen. Könnte mir jemand vielleicht ein paar Einblicke ins Studium und späteren Berufsalltag geben(machbar, Anstrengung,..)?
LG Hannes
4 Antworten
Erstmal Glückwunsch zu deinem Abitur. Wenn du solch ein gutes Zeugnis hast dann solltest du nicht Zahnmedizin studieren. Es ist nämlich so... als Zahnarzt darfst du nicht in den anderen medizinischen Bereichen als Arzt arbeiten. Solltest du z.B. "dein Chirurgenstudium" nicht schaffen oder du merkst es ist nix für dich, dann kannst du meistens jedoch noch Zahnarzt sein. Da brauchst du dich weitgehend "nur" oberhalb der Brust auszukennen.
Leider ist es meiner Meinung sinnvoll, wenn du dein Praktikum lieber in einem Zahntechniklabor zu machst. Kieferorthopädie ist eine Kategorie wo sich Techniker und Ärzte nach der Ausbildung oder dem Studium erst spezialisieren. Oft sind die Zahnärzte und Kieferorthopäden, die sogar vorher mal Zahntechniker gelernt haben, die besseren Zahnmediziner. Der Zahnarzt und das Labor verdienen dadurch auch mehr Geld. Ausserdem ist dann das Arbeitsverhältnis zwischen Zahntechniker und Zahnarzt oft viel besser. Und Fehlerquellen in der langen Fertigungskette kommen selten vor. Oft versteht der Zahnarzt nicht warum der Zahnersatz nicht passt und meckert das Labor voll... und das Labor schimpft auf den Zahnarzt, weil er sich mit den Abformung nicht genug Mühe gegeben hat. Oft sind die MFA's auch nicht genug geschult und gehen mit den Abformungen falsch um. So viele Fehler können entstehen. Auch unabsichtlich sogar mal. Jedoch wenn man kennt und erkennt, genau dann noch retten oder Tage an Arbeit sparen indem noch mal neu gemacht wird bevor sie nach 2tagen nicht passen wird wenn sie dann fertig ist.
Labor verdient nix... Arzt auch nix... und der wütende Patient meckert auch noch.
Mein Tipp an dich:
Du solltest später wissen was unterwegs und im Labor alles schief gehen kann. Und das Labor welches du dir aussuchst sollte wissen das ein Abformmaterial auch ein Bluttropfen im Mund abformt. Es dann auch erkennt, erfahrung hat, und am sowas Modell radieren kann. Und dann auch versteht, dass im blutigen Mund, wo die Zunge ständig im Weg und der Patient womöglich am würgen ist die Traumabformung in weiter Ferne rückt. Der Fehler fängt also beim Patienten schon an.
Also wenn du damit später Geld verdienen möchtest solltest du das Labor verstehen und manchmal auch gut aussuchen.
Ansonsten ist es wirklich sehr geiler und interessanter scheiß. Mittlerweile gibt es Möglichkeiten wo der Zahnarzt einen angestellten Zahntechniker im Nebenraum hat... den Mund scant, am Computer den Ersatz konstruiert, per E-Mail versendet. Und nächsten Tag gibt die Druckerei dir das fertige Teil in die Hand.
Wenn du stressfrei bleiben und Geld verdienen möchtest, dann rate ich dir lieber ab.
Ich habe die Arbeit an sich gemocht und es ist richtig feine hitech-arbeit. Aber es ist auch sehr anstrengend und deprimierend wenn jeder glaubt das immer der andere schuld ist.
Dem Sinne Augen auf und informier dich gut. Ich habe mittlerweile 3 Berufe und nicht glücklich damit. Heute weiß ich das ich ingenieur sein müsste. Das lohnt wenigstens.
Sorry für die ganzen Fehler im Text. Ich habe das loswerden müssen obwohl ich nebenbei die Kinder für die Schule fertig mache.
Kronen und Brücken aus dem Laser-sinter-drucker zum verblenden sind aber auf jeden Fall eine super Sache.
Vielen lieben Dank für diese tolle Antwort! ❤ Ich habe noch nie hier auf GF eine so große und ausführliche Antwort erhalten! 😀 Natürlich spielt der Aspekt des Geld verdienens eine recht große Rolle. Aber als Human Mediziner würde ich vlt. ein paar 1k mehr verdienen, müsste aber länger studieren?!
Moin, also, Zahnmedizin ist ein toller Beruf, das Studium hat in den ersten Semestern nur nichts mit deinem Berufsalltag gemein. Woher ich das weiß? Weil ich grade Stex mache. Zahntechniker zu sein hilft im Studium extrem (wobei sich das mit der neuen Approbationsordnung relativieren dürfte), bin selbst Techniker, hat mit deiner eigentlichen Arbeit aber auch nur am Rande zu tun. Man arbeitet zwar mit seinen Technikern zusammen, nur der jeweilige Aufgabenbereich ist kaum zu vergleichen. Und natürlich darf man als Zahnarzt nicht in anderen Fachrichtungen arbeiten, (abgesehen von der KFO) dafür gibt es die Humanmedizin. Genauso wie ein Humanmediziner nicht Zahnarzt werden kann, ohne Zahnmed. studiert zu haben ^^ Und ich würde ein Praktikum bei einem normalen Zahnarzt empfehlen, nicht bei einem Kieferorthopäden, der macht nämlich auch etwas völlig anderes als ein "normaler" Zahnarzt. Am besten suchst du dir einen der viel Chirurgie selbst macht, damit du auch was zu sehen kriegst. Und mit 1,1 wirst du eh überall zugelassen.
Naja ich bin zwar nur Zahntechniker aber das ist gefühlt 1/2 Zahnmedezin Studium. Du musst viel Latein lernen, Anatomie vom Körper kennen und Speziel natürlich alles ab dem Hals hinauf. Du wirst viel Materialkunde haben, du musst auch selber Zahntechnische arbeiten Anfertigen. Und vieles mehr. Ich hoffe dass gibt dir einen kleinen Einblick.
Ich hab schon gehört von jemand der Zahnmedezin studiert, das auch viel mit Chemie drann kommt, was genau kann ich nicht sagen aber auch im ganzen Umfang.
Und um die "was muss man können Frage" zu beantworten. Natürlich solltest du nicht gerade zwei linke Hände haben, Zahnmed ist ein Handwerk. Ansonsten hast du in der Vorklinik Physik, Chemie, Biochemie, Anatomie, Histo, Physio usw. ..., in der Klinik verbringst du deine Zeit überwiegend im Behandlungskurs. Also, du behandelst selbst unter Aufsicht.
Danke für die Antwort. Latein sollte kein Problem sein, da ich seit ich klein war damit unfreiwillig "gefüttert" wurde.... Weißt du zufällig, ob der Studiengang besonders chemie-lastig ist? Chemie hat mit nämlich immer mal wieder in der Schulzeit Probleme bereitet.