Würdet ihr dieses Gespräch auch als demütigend empfinden?
Liebe Community,
ich arbeite seit 5 Jahren als Betreuungskraft in einem Pflegeheim.
Bisher war es wohl so, dass die Pflegekräfte, nicht aber die Betreuungskräfte (sozialer Dienst), einen Selbsteinschätzungsbogen ausfüllen mussten. In diesem Jahr mussten auch wir vom sozialen Dienst diesen Bogen ausfüllen. Er diente nicht nur dazu zu gucken, wo noch Schulungsbedarf besteht, sondern auch zu prüfen, ob jemand von uns in den pflegerischen Bereich wechseln könnte.
Man konnte seine Leistungen nach Punkten von 1 bis 5 einschätzen. Ich dachte, es könnte peinlich sein, nach einigen Jahren Arbeitsverhältnis und Erfahrung die Selbsteinschätzung zu niedrig anzusetzen. Also habe ich fast überall ein Kreuz bei 4 und 5 gemacht, also meine Leistungen als gut bis sehr gut eingeschätzt.
Vorgestern hatte ich nun ein Feedbackgespräch mit meiner Vorgesetzten vom sozialen Dienst und dem Pflegedienstleiter. Sie gab mir zu verstehen, dass ich mich selbst überschätzt habe. Ich habe zwar bei Fortbildungen eine schnelle Auffassungsgabe und versuche bestmöglich, das erworbene Wissen in die Praxis umzusetzen. Doch würde sie mich bei allen Punkten niedriger bewerten, überwiegend mit 3, also Mittelmaß.
Dann gab der Pflegedienstleiter, der vorher öfter mal die Augen verdreht hat, seinen Senf dazu. Er könne nicht nachvollziehen, warum man sich nicht erst einmal niedriger einschätze. Dann könnten Vorgesetzte Mitarbeiter immer noch höher einstufen. Man sollte doch ehrlich sich selbst gegenüber und Vorgesetzten gegenüber sein.
Was blieb mir anderes übrig als zuzustimmen?
Danach war mir irgendwie zum Heulen zumute. Ich habe das Gespräch als demütigend empfunden.
Kennt ihr auch solche Gespräche von euren Jobs?
Wie geht ihr damit um, wenn ihr solch ein Feedback bekommt?
Liebe Grüße
4 Antworten
Kann man so sehen (wie deine Vorgesetzten), muss man aber nicht. Hätte man auch ermutigender rüberbringen können.
Das Problem bei solchen Einstufungen ist oft, dass sie subjektiv sind. Das heisst auch, man in in gewissen Maße abhängig davon, ob die Vorgesetzten wissen, wie man Mitarbeiter gut führt - ob sie sich "entfalten können oder man sie lieber zusammenfaltet", falls du verstehst, was ich meine.
Dass du dich nun mies fühlst, ist für mich voll verständlich. Aber nimm es nicht zu ernst. Das ist nun eine Einschätzung. Auch wenn ich deine Reaktion verstehe: Du hättest durchaus nicht der Behauptung deines Pflegedienstleiters zuzustimmen "müssen", sondern dazu zu stehen, dass du es anders siehst. Damit muss er klarkommen, und du kannst lernen, damit klarzukommen, dass man da verschiedene Meinungen hat.
Und du bist mehr als nur eine Betreuungskraft - dein Beruf ist nicht deine Identität, wovon dein Wert abhängig ist. Wenn dich sowas runterzieht, dann frag mal deine Familie, Freunde, was sie an dir schätzen. Und achte darauf, welches Feedback (wenn oft auch indirekt) von deinen Klienten zurückkommt an dich.
Naja, die Ansage vom Pflegedienstleiter finde ich da schon etwas... schräg. Letztendlich ist seine Aufforderung zu einem Unterschätzen der eigenen Fähigkeiten doch genau so daneben wie ein Überschätzen der eigenen Fähigkeiten von Mitarbeitenden selbst. Das Ziel ist doch, dass es eine realistische Selbsteinschätzung wird!
Eine Demütigung war das aber dennoch nicht. Natürlich fühlt es sich super unangenehm an, wenn man zurückgemeldet bekommt, dass die eigenen Leistungen halt doch nur als Mittelmaß und somit nicht super toll eingeschätzt werden. Aber so unangenehm das im ersten Moment auch ist - es ist doch wichtig, ein realistisches Feedback zu bekommen, um an sich arbeiten und sich weiterentwickeln zu können!
Also, nicht heulen, nicht einschnappen, sondern überlegen - und ggf. auch ruhig bei den Vorgesetzten nachfragen! -, wie genau du dich verbessern kannst!
Hey!
Ich kann verstehen, dass das demütigend und blöde für dich gewesen sein muss.
Ich selbst kenne das nicht. Zumindest nicht so. Wenn ich negatives Feedback bekomme, wird nicht nur gesagt, dass ich schlecht sei oder was besser machen kann. Sondern mir wird das richtig begründet. Selbst wenn ich mich anders einschätze. Das ist okay.
An deiner Stelle hätte ich das Feedback hinterfragt. Was du in deren Augen anders/besser machen musst, um eine höhere Bewertung als 3 zu bekommen. Oder konkrete Nachfrage, ob sie die einzelnen Punkte absprechen.
Wenn sie das nicht tun, dann schei's drauf. Ordentliches Feedback sollte ein Arbeitgeber geben können. Und bei dir klang das nicht wirklich nach einem ordentlichen Feedback, sondern nur nach "mimimi, wie kannst du es wagen, dich so hoch einzuschätzen, wenn es doch andere gibt, die über dir seien" PS: Dein Status, ob du Pflegekraft oder Leitung bist ist meiner Meinung nach kein Grund, dich niedriger zu setzen. UND DAS ist wirklich demütigend.
Skala von 1 bis 5:
1: Schlecht
2: Mittelmässig
3: Gut
4: Sehr gut
5: Erwartungen Übertroffen
Eine 3 ist demnach gut. Das hat nichts Diskriminierendes an sich, es ist halt einfach, wie es ist und welche Werte herangezogen werden, um diese Einstufungen vorzunehmen, wissen wir nicht.