Würdest du deinen Partner, deine Partnerin noch genauso lieben wenn er/sie querschnittsgelähmt wäre?

Das Ergebnis basiert auf 28 Abstimmungen

Ja 89%
Nein 11%

17 Antworten

Generell ja, aber nur gesetzt den Fall, es bleibt bei der Lähmung etwa der Beine und einem Rollstuhl. Damit kann man im Alltag klarkommen bzw. kann den Alltag entsprechend gestalten, es gibt auch Zuschüsse zum Umbau von Wohnungen oder Autos - das ist im Normalfall eine viel geringere Hürde als gedacht. Kenne auch Rollstuhlfahrer in meinem Alter, die ihren Alltag allein meistern. Läuft prima!

Ich käme auch mit einer Frau klar, die bspw. beidseitig oberschenkelamputiert wäre etwa nach einem Unfall - das kann man alles hinkriegen, der Alltag lässt sich schon gestalten, wenn man es möchte. Auch MS und ähnliche Nervenerkrankungen lassen sich steuern - ich sehe es an meinem Cousin, der eine sehr schwere Form von Morbus Bechterew hat und mit 40 Frührentner geworden ist. Er kommt auch gut zurecht, fährt sogar Auto.

Ich habe aber keine Lust und davon abgesehen auch keine Kraft, mein Leben lang (ich bin jetzt 30) zur reinen Pflegeperson einer kaum mehr beweglichen, ab Hals und Kopf gelähmten und eventuell geistig in Mitleidenschaft gezogenen, immer auf Hilfe angewiesenen Person degradiert zu werden, mich um Inkontinenz, Rundumbetreuung oder Regelung der Pflege in einer Einrichtung und ähnliches zu kümmern, mein eigenes Leben und womöglich meinen Beruf sowie sämtliche soziale Kontakte komplett aufzugeben und unterzuordnen bis ich eines Tages reif für die Psychiatrie wäre oder am Rand zum Wahnsinn/möglicherweise zum Suizid. Das klingt vielleicht herzlos, aber so ehrlich bin ich wenigstens - ich habe auch ein eigenes Leben und will mit 30 oder wöllte auch mit 40 noch ein bisschen was davon haben.

Habe einige solcher Fälle miterlebt, vor denen kann ich den Hut ziehen, aber ich bin so ehrlich dass ich sage - nein, das wäre zu viel für mich. Ich bin durchaus empathisch, aber in dem Fall wäre es mir sogar egal, was andere denken würden von mir. Die würden es doch genauso machen und schreien nur auf - sie sind dafür alles Pharisäer, ich kenn's doch.

Man stellt sich das Szenario nur mal vor, wie es im dümmsten Fall wäre: Wenn jemand hoch querschnittsgelähmt und eventuell nach einem Unfall auch geistig beeinträchtigt ist, nicht mehr richtig sprechen kann und ständiger Pflege und Hygieneversorgung bedürfte, womöglich noch in einer Art Pflegebett läge und kaum mehr in der Lage dieses zu verlassen, könnten Bedürfnisse aller Art nicht mehr erfüllt werden (ich rede ausdrücklich nicht nur von Sex und was dazugehört sondern auch von Lebensfreude und Unternehmungen, Gesprächen und menschlicher Nähe), man würde alsbald selber am Rad drehen und außerdem weiß ich nicht, ob ich jemanden den ich eigentlich liebe sehen wollen würde, wie er nur noch ein Schatten von sich selbst ist - zumindest will ich das noch nicht mit um die 30 tun. Was das Alter bringt, wissen wir nicht.


Loka95  08.12.2020, 18:29

Da stimme ich dir vollkommen zu. Meine Oma ist geistig und körperlich seit etwa 30 Jahren sehr eingeschränkt und zuzusehen wie mein Opa darunter leidet, mehr ihr Pfleger als ihr Partner zu sein, ist wirklich hart.

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rotesand  08.12.2020, 18:38
@Loka95

Genau so etwas meine ich. Kenne auch Biographien wie Pflegebedürftigkeit nach Arbeits- oder Verkehrsunfällen oder auch Demenz in relativ jungen Jahren mit um die 50, und das ist wirklich schlimm. So jemand hat kein eigenes Leben mehr, keinerlei Gesellschaft da sich wahrscheinlich alle Freunde zurückziehen (sicher auch aus Verlegenheit weil sie nich wissen, wie sie umgehen sollen) und keinerlei Auswege mehr - und Gespräche, die sich auf Angehörigengruppen mit ähnlichen Schauermärchen oder dauerndem Jammern beschränken sind auch nicht gut für die Seele.

Außerdem bin ich kein ausgebildeter Pfleger sondern "nur" Industriekaufmann, wäre selbst als angelernter Pfleger über Kurse und Seminare völlig suboptimal/einem Gelernten haushoch unterlegen und will nicht mein Zuhause als Krankenstation sehen. Da kann man sich ja gleich die Kante geben, plump gesagt; da habe ich ja nix mehr vom Leben.

Ich kannte einen Mann, der eine behinderte Tochter hatte/zuhause pflegte so gut es ging mit Hilfe der Lebenshilfevereinigung und dessen größte Sorge war zu Lebzeiten eine, die ihn gar nicht selber betraf - was passiert, wenn er stirbt und die Tochter überlebt? Er hat da sogar einen vielbeachteten und sehr nachdenklichen Leserbrief in der Zeitung veröffentlicht. Am Ende kam es zwar andersherum und die ans Bett gefesselte, geistig und körperlich schwerstbehinderte und von dem Mann gepflegte Tochter starb als sie ca. 40 und er ca. 70 gewesen ist, aber trotzdem, solche Sorgen sind genauso quälend wenn der eigene Partner dahin siecht und nicht klar ist, was sein wird.

Danke für dein Verständnis & unbekannterweise weiterhin alles Gute für deinen Opa und deine Oma.

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Loka95  08.12.2020, 18:42
@rotesand

Ja, wenn man so was nie erlebt hat, ist es immer schwer sich vorzustellen wie das ist und wie beide darunter leiden.

Habe es einmal bei Bekannten meiner Eltern erlebt, da kam die Frau dann in ein Pflegeheim, wo man sich auch gut um sie kümmern konnte und er hat sie jede Woche besucht, sich aber draußen ein neues Leben aufgebaut (mit ihrer Zustimmung). So was ist meiner Meinung nach die beste Lösung, wenn es finanziell geht.

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rotesand  08.12.2020, 18:44
@Loka95

So etwas habe ich auch erlebt und empfand allen Respekt vor der Situation. Über eine solche Lösung kann man nachdenken, aber man hofft natürlich es käme nie soweit.

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Ich muss ehrlich sagen das ich es nicht weis.
Ich hab keine Ahnung ob ich damit klar kommen würde. Ich weis auch nicht ob ich mich jemals auf eine Beziehung mit einer Frau einlassen würde die Querschnittsgelähmt ist.

Ja

Das kann ich 100% sicher sagen.

Meine Freundin sitzt schon phasenweise im Rollstuhl, aufgrund einer Nervenerkrankung und Rheuma. Als ich sie kennen gelernt habe war das noch nicht so.

Es wäre natürlich schöner, wenn das nicht so wäre, aber an meinen Gefühlen ändert das gar nichts und eine/n "schönwetter Freund/in" braucht keiner.

Jeder, der "Nein" gewählt hat ist für mich ein oberflächliches Charakterschwein - sorry, aber das ist meine Meinung

Ja

Genauso lieben: ja. Zusammen bleiben: nein.

Einfach die Beine nicht bewegen zu können wäre ok. Wir müssten zwar eine neue Wohnung finden, aber es wäre kein Grund für eine Trennung. Aber du meinst ja, glaub ich, das wo man nur den Hals drehen kann, oder?

Ich kenne einen der so gelähmt ist und hab ihn mal gefragt was er alleine kann. Ergebnis: lesen. Mehr nicht. Er braucht rund um die Uhr Betreuung, bezahlt wird aber nur eine einzige Hilfskaft (man bräuchte 2 bis 3), ebenso werden nicht alle Geräte bezahlt die er braucht. Man kann nicht richtig kuscheln, keinen Sex haben, er kann nicht im Haushalt helfen, man kann nicht in den Urlaub oder mal schwimmen gehen, man muss reich sein um sich so einen Zustand leisten zu können. Und es muss immerzu Pflegepersonal da sein. So etwas könnte ich nicht ertragen.

Zudem ist mein Freund jmd der viel tut, nur versorgt zu werden, könnte er nicht ertragen und er wäre sehr unglücklich. Ich würde es auch nicht ertragen, hoffe auch das ich eher sterbe als so leben zu müssen.


Panazee  08.12.2020, 18:43

Ich bin Krankenpfleger und kenne eine Rollstuhlfahrerin, die genau die Querschnittslähmung hast, die du meinst. Sie ist seit ihrem 13ten Lebensjahr sogar permanent auf ein Beatmungsgerät angewiesen.

Sie hat Sozialpädagogik studiert, arbeitet mittlerweile als Webdesignerin und sitzt sogar im Stadtrat einer 35.000 Einwohner Stadt. Sie kann lesen, am PC schreiben (mit Hilfsmittel) und ist in einem Elektrorollstuhl dank Mundsteuerung voll mobil. Sie hatte schon zwei langjährige Beziehungspartner. Bei beiden hat sie sich von ihnen getrennt. Sie ist mit einem Trike (natürlich hinten sitzend) nach Italien gefahren und durfte dort in Monza mit dem Trike sogar über die Formel 1 Rennstrecke fahren. Sie fährt fast jedes Jahr in Urlaub. Das Pflegepersonal zahlt die Krankenkasse.

Sogar mit gravierenden Behinderungen ist soooo vieles möglich. Diese Frau hat mehr Lebensfreude als die meisten "gesunden" Menschen, die ich kenne und sie ist mir immer wieder eine Inspiration und wenn ich mal in Versuchung gerate mich selbst wegen Kleinigkeiten zu bemitleiden rückt sie mein Weltbild wieder gerade.

Wenn ich eine Person nennen sollte, die ich wirklich bewundere, dann wäre es diese Querschnittsgelähmte.

Ich weiß natürlich, dass sie da eher die Ausnahme ist, aber es zeigt, dass es auf die Einstellung und den Willen ankommt und dann die Behinderung in den Hintergrund tritt.

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Loka95  08.12.2020, 18:47
@Panazee

Das ist wirklich beeindruckend! Freut mich für sie :)

Der den ich meine, ist Professor an einer Uni und auch ein gut gelaunter, selbstbewusster Mensch, den ich sehr für seine Einstellung bewundere. Aber er hat selbst gesagt das es beruflich zwar gut geht, mit den Helfern und da Studenten ihm auch immer gerne helfen, aber privat sei es nach wie vor die Hölle.

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Panazee  08.12.2020, 18:54
@Loka95

Diese Leute müssen leider oft viel kämpfen, um zu bekommen was ihnen zusteht.

Was ich bei der Person, die ich kenne, mitbekomme ist es oft so, dass gar nicht in Zweifel gezogen wird, dass ihr etwas zusteht, aber es immer wieder darum geht wer es zahlt. Sie hat z.B. ein Auto (Mercedes Sprinter) für ihre Arbeit und es steht nicht in Frage, dass Reperaturen gezahlt werden. Es ist aber jedes mal ein Drama, weil zuständige Stellen sich weigern mit der Begründung es müsste von einer anderen Stelle gezahlt werden. Da schieben sich Krankenkasse, Bezirk und Arbeitsamt gegenseitig die Verantwortung zu. Jeder sagt "Das muss ihnen gezahlt werden - aber nicht von uns".

Sie muss fast jedes Jahr zum Sozialgericht, um zu klären wer etwas zahlt was ihr zusteht bzw. um einzuklagen was ihr zusteht. Dafür muss man auch die Nerven haben.

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Loka95  08.12.2020, 21:38
@Panazee

Echt schlimm, als hätten es diese Leute nicht schon schwer genug.

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Ja

Ich kann das nur aus der Sicht der Querschnittsgelähmten beantworten. Ich bin durch Unfall querschnittsgelähmt und Rollifahrerin. Ich bin ausschließlich an Frauen interessiert. Ich hatte durch meine Behinderung bisher überhaupt kein Problem, Partnerinnen zu finden und auch keinerlei Probleme in der Partnerschaft.