Wird mein Bruder zu gut behandelt?
Hallo, mein älterer Bruder (fast 18) hat asperger autismus. Natürlich sind manche sachen schwer für ihn aber es kommt mir so vor als würden meine Eltern ihn zu gut behandeln. Er hat mich als wir kleiner waren häufig geschlagen und gezwungen sachen für ihn zu tun was aufgehört hat als ich alt genug war um mich zu wehren. Er hat nie ärger dafür bekommen. Er war mal auf einer Förderschule und hatte immer schlechte noten. Jetzt ist er auf einer Berufsschule und will irgendwann Studieren.Meine Eltern sagen immer wie gut er doch sei allerdings habe ich das selbe vor und es juckt niemanden (ich bin momentan auf einer realschule und hab eigentlich gute noten). Heute wollte er das ich mir ein 6 minütiges video über ein für mich langweiliges spiel anschaue und ich habe nein gesagt weil ich noch etwas wichtiges für die schule machen musste. Er hat mein nein nicht akzeptiert , hat mich beschimpft, sogar gesagt er würde hitler mehr mögen als mich. Er ist in sein Zimmer gegangen und hat seine Tür kaputt gemacht. Nicht mal dafür hat er ärger bekommen.Auch im Haushalt muss er immer fast nichts machen und ich fast alles obwohl ich irgendwie immer zeit zum lernen brauche. Die meisten haben mir gesagt ich brauch nur Aufmerksamkeit oder er kann nichts dafür. Was findet ihr?
3 Antworten
Ich bin mit der gleichen Situation aufgewachsen.
Es wird immer von einem erwartet, dass man sich zusammenreißt, Rücksicht nimmt und Verständnis für den anderen zeigt. Man kann aber nicht 24/7 seine eigenen Bedürfnisse hintenanstellen. Nur verstehen das leider viele nicht, weil sie nicht in so einer Situation leben. Es macht einen Unterschied, ob man sich für eine Weile zusammenreißen muss oder sowas ständig und vor allem zuhause von einem erwartet wird.
Dazu kommt noch das Gefühl, nur Kind Nummer 2 zu sein. Man hat das Gefühl, als wäre ihnen das andere Kind wichtiger. Und das schlimme daran ist: wenn man sich anstrengt und das "perfekte" Kind ist, wird man erst recht übersehen. Wenn man sich aber daneben benimmt, wird man als böses Kind gesehen und wieder nicht beachtet.
Viele verstehen nicht, dass das nichts mit Eifersucht zu tun hat. Es ist normal, dass man Aufmerksamkeit von den Eltern will. Wenn man dann sieht, dass der Bruder besser behandelt wird, verletzt das die eigene Seele. Das hat auch nichts damit zu tun, dass man sich nicht selber liebt. Man möchte aber eben auch die Liebe der Eltern. Erwachsenen fällt es oft extrem schwer, sich selber anzuerkennen, wenn es andere nicht tun. Wie soll man das dann als Jugendliche?
Mittlerweile gibt es sogar einen Begriff für Menschen wie uns: Schattenkinder. Das sind meistens Geschwister von chronisch kranken oder behinderten Kindern. Sie stehen sozusagen immer im Schatten des anderen, daher die Bezeichnung. Mittlerweile weiß man auch über die möglichen Folgen für Schattenkinder Bescheid. Die leiden nämlich öfter unter psychischen Problemen. Man hat bewiesen, dass dies Folgen der Ungleichbehandlung sein können.
Ich würde dir gerne einen Rat geben, weiß aber nur nicht welchen. Mir hat am Ende etwas geholfen, dass meine Mutter eingesehen und zugegeben hat, dass Erwartungen an mich gestellt wurden, die ein Kind oder eine Jugendliche nicht erfüllen konnte. Dadurch wurde zwar das Verhältnis zwischen uns deutlich besser, es hat den für mich gesundheitlich entstandenen Schaden aber nicht behoben. Die ganzen Gefühle, die ich einfach immer geschluckt habe, um meine Eltern nicht weiter zu belasten, haben mich schlussendlich krank gemacht. Daher mach das bitte nicht. Rede mit jemanden darüber, streite dich mit deinen Eltern,... wirf Teller auf den Boden wenn es sein muss. Aber die Gefühle müssen einfach raus. Vielleicht wird die Situation dadurch nicht besser, aber sie fressen dich dann nicht innerlich auf.
Deine Eltern schätzen deinen Bruder als krank bzw. besonders problembelastet ein und kümmern sich deshalb mehr um ihn als um dich. Deine deswegen entstandene Eifersucht solltest Du überwinden. Du bist stark und brauchst keine elterliche Bewunderung. Auch gute Schulnoten erwirbst Du für dich und deine Zukunft, nicht für deine Eltern. Wenn Du dich wieder mehr in die Familie einbringst, werden deine Eltern dich auch stärker beachten.
Hmm… bei uns war das anders, oder meine Sicht ist eventuell etwas verzerrt weil ich Asperger-Autist bin. 🤔
Meine Mutter hat mich eigentlich immer gefördert und gefordert, mein Vater hat immer mehr zu meiner nicht-autistischen Schwester gehalten. Hatte selbst aber eigentlich keine Aggressions-Probleme, bei mir war es eher problematisch mit Lehrern (trotz guter Noten) da ich nichts getan habe wenn sie mir nicht verständlich erklärt haben wozu das gut sein soll (bestimmte sportliche Aktivitäten, Gruppenübungen, Hausübungen in Fächern in denen ich sowieso immer ein „Sehr gut“ hatte…).
In dem Fall scheinen deine Eltern dem ganzen mehr zuzurechnen als notwendig, das bringt auf lange Sicht weder dir noch deinem Bruder etwas. Die Aussage und das Verhalten wegen dem Video mag zwar etwas hart gewesen sein, aber das hängt vermutlich damit zusammen, dass Emotionen „richtig“ zeigen nicht gerade unsere Stärke ist und viel Übung nötig ist um das halbwegs unter Kontrolle zu bringen.
Er kann nichts dafür wie er ist, das braucht Zeit, Übung und Verständnis von außen, was nicht heißt, dass du dir alles gefallen lassen musst, vielleicht kannst du deine Eltern auf das Thema ansprechen und aufzeigen wie es dir damit geht, immerhin sollte ihnen dein Wohlergehen ebenso wichtig sein wie seines. Bei der Hausarbeit kannst du zum Beispiel ansetzen im Gespräch, wenn dein Bruder mal eine Routine hat sollte es klappen.