Wird das Abitur heutzutage "verschenkt"?
Ich habe mein Abitur 2021 an einem Gymnasium (G8) in NRW gemacht, wir waren der erste Jahrgang der Corona quasi vollständig abgekriegt hat.
Meine Abiturfächer waren unter anderem als Leistungskurse Englisch und Geografie, als drittes Fach war es Deutsch und als mündliches Biologie. In meiner Schulzeit habe ich immer auf das Pareto Prinzip gesetzt, 20% der Zeit führen zu 80% der Ergebnisse - was perfekt funktioniert hat.
Biologie war das einzige Fach, wofür ich mich intensiver vorbereitet habe (vier Wochen vorher begonnen, rund 1-2 Stunden am Tag). Für Geografie habe ich mich gar nicht und für Deutsch und Englisch maximal 15 Minuten vorbereitet.
In Deutsch und Englisch bekam ich eine drei, in Geografie eine zwei und in der mündlichen Prüfung eine 1+. Damit kann ich sehr gut leben. Andererseits denke ich mir, das kann es doch irgendwie nicht sein. Die Lehrer haben uns seit der fünften Klasse eingetrichtert, dass das Abitur besonders schwer sei und nur eine "Bildungselite" es bekommen würde. Von 92 Schülern haben 91 bestanden, von Aussieben keine Spur.
Ohne überheblich klingen zu wollen, meine Stufe bestand nicht nur aus übermäßig intelligenten Menschen (ich klassifiziere mich auch nicht so).
Wenn fast alle so locker durch das Abitur kommen, wie leicht sollen dann erst die "niedrigeren" Abschlüsse sein? Das der höchste schulische Abschluss dieses Landes dermaßen leicht zu erreichen ist, zeigt doch auch dass entweder das Niveau der Bildung insgesamt sinkt oder eine bestimmte "Abiturientenquote" erreicht werden soll.
Wie seht ihr das?
14 Antworten
Das Qualitätsmaß ist für mich nicht wie viele Schüler durch das Abitur fallen und sogar weniger mit welcher Note sie das abgeschlossen haben.
Wichtiger ist für mich, was die Schüler hinterher können. Wenn die Lehre und Lehrer perfekt waren, dann hat man auch gute und schlaue Schüler (gute Abinoten als Nebeneffekt) , die für die Berufswelt gut vorbereitet sind.
Alles wird immer mehr verschenkt.
Realschulabschlüsse, Abitur, Bachelor-Arbeiten, Master-Arbeiten...
Das Problem beim Abi liegt daran, dass viele Eltern darauf bestehen, dass ihr Kind Abi macht. Wenn es dann nicht läuft wird es oft nicht auf das Kind geschoben, sondern auf die Lehrer. Dann sind die Lehrer die blöden. Da die wenigsten Lehrer Lust haben sich dauerhaft mit nervenden Eltern auseinanderzusetzten, wird das Kind halt irgendwie durchgezogen. Besser 3er Abi und Ruhe, als durchfallen lassen und sich von den Eltern anhören zu müssen was alles falsch läuft.
Beim Studium geht es dann ähnlich so weiter. Klar, es gibt viele aus-Siebe-Fächer (Mathe) und viele Studierende brechen auch ab, aber wenn man es bis zur Bachelorarbeit geschafft hat, wird die 1,irgendwas verschenkt. Egal wie schlecht die Arbeit ist, weil die Studierenden sich ja damit bewerben müssen und eine schlechte Bachelornote ist bei fast allen Unternehmen ein Ausschlusskiterium.
Erstens:
Viele werden vor der Oberstufe „ausgesiebt“. Ich kenne genug welche weit vorher schon das Gymnasium nicht gepackt haben.
Zweitens:
Es wird inzwischen schon von einer Noteninflation gesprochen. Ich muss halt sagen das der Fakt das man eben nicht alles anrechnen lassen muss bei mir schon dazu führt das ich deutlich besser bin. Vielleicht sind Schüler heutzutage einfach wegen der Technik besser.
Drittens:
Es war noch nie so das nur die intelligenten das Abitur bekommen haben. Dein Umfeld spielt da eine weitaus wichtigere Rolle als dein Intellekt.
Viertens:
Deutsch und Englisch sind wirklich schlechte Beispiele. Wenn man verstanden hat was man in Deutsch machen muss bekommt man ohne Probleme eine 2/3 in Englisch das selbe solange man die Sprache eben kann.
Das Aussiebeverfahren hat sich weitgehend nach hinter verschoben: auf den N.C. und auch direkt an die Uni. 1/3 kommen gar nicht erst durchs Grundstudium, trotz Abitur.
Ich wäre dafür mit einem relativ einfachen Schulsystem nur noch maximal 25 % eines Jahrgang zum Abitur kommen zu lassen. Mit einer 3 zügigen Sekundarschule pro Fach für alle. Die gymnasiale Mittelstufe, die Realschule und die Hauptschule werden gestrichen und auch die Gesamt- und vor allem Gemeinschaftsschule. Es gibt dann nur noch Sekundarschule und Oberstufenzentren.
Mehr Qualität wäre besser als mehr Quantität und immer neue sinnlose Schulformen.
Als ich Abitur machte (vor 55 Jahren) war ich einer von etwa 10% meines Jahrgangs. Inzwischen wäre ich einer von etwa 50%. Der elitäre Charakter des Gymnasioums ist zurückgedrängt worden. Jetzt wird auch in einigen Ausbildungsberufen als Voraussetzung das Abitur verlangt oder gewünscht. Unsere Welt ist komplexer geworden. Früher habe ich mein Auto noch selber reparieren können. Das wäre heute praktisch unmöglich. Zur Diagnose sind spezielle Geräte nötig und der Umgang mit diesen Geräten muß gelernt werden. Der Bachelor hat das frühere Vordiplom ersetzt. Ich würde es diesbezüglich durchaus als sinnvoll ansehen, dass man auf diese Weise eine Art akademischen Mittelbau schafft. Der Master gilt dann als wissenschaftliche Vollausbildung und in den Naturwissenschaften und in Mathematik muß man mindestens den Doktor machen um zum Elitebereich der Forschung vorzudringen.