Wieso wurde in Deuteronomium 20,10-20 zu solchen grausamen Sachen aufgerufen?

10 Antworten

Für mich hat AdamundEvi die Antwort gegeben, die ich auch gegeben hätte.

Sonst zusätzliche Infos durch dieses Video:

https://www.youtube.com/watch?v=SLPeeKylDxM (ab 3.00)

Kurz: Es ging dabei um die Landaufteilung und den Götzendienst.1. Die ganze Erde gehört JHWH-Jehova und er kann Land geben wen er will. Die Völker aus Kanaan hatten sich dieses Land angeeignet, obwohl es ihnen nicht gehörte. - 2. Die Völker pflegten ihren Göttern Schlachtopfer darzubringen, wozu auch Kinder gehörten, der wahre Gott wurde ignoriert. - Diese Tatsache besteht bis heute und wird bald geklärt.

Weil es ein Text aus dem Wechsel zwischen Bronze- und Eisenzeit ist. Kriege waren damals alltäglich, völlig normal, ein Volk, das keine Kriege geführt hätte, wäre sofort im Nichts verschwunden. Er fängt schon mal ganz ok an.

10 Wenn du vor eine Stadt ziehst, um gegen sie zu kämpfen, sollst du ihr ein Friedensangebot machen.

11Nimmt sie das Friedensangebot an und öffnet sie dir ihre Tore, soll ihre Bevölkerung dir dienen. Du sollst sie zur Arbeit verpflichten.

Das war eher großzügig. Normalerweise hat man es sich bezahlen lassen, wenn man eine schwächere Stadt verschont hat. Arbeiten musste sowieso jeder, mal für den einen, mal für den anderen.

12Nimmt die Stadt das Friedensangebot nicht an und will gegen dich kämpfen, dann belagere sie.

13Der Herr, dein Gott, wird sie in deine Hand geben. Töte alle männlichen Einwohner mit dem Schwert!

Klar, wer sich gegen einen Stärkeren wehrt, wird erschlagen. Das ist absoluter Standard bei diesen Auseinandersetzungen zu der Zeit. Hätte ja auf das Friedensangebot eingehen können. Die Argumentation läuft ja heute bei manchen immer noch so in gewissen aktuellen Konflikten.

14 Aber die Frauen, Kinder und Tiere darfst du als Beute für dich nehmen. Auch was sich sonst alles in der Stadt befindet, darfst du plündern und für dich nehmen. Iss, was du von deinen Feinden erbeutet hast! Der Herr, dein Gott, hat es dir geschenkt.

15 So sollst du es mit allen Städten halten, die sehr weit entfernt von dir liegen. Das gilt jedoch nicht für die Städte in der Nähe, in denen fremde Völker wohnen.

Die Frauen, Kinder und Tiere sollen alle überleben. Das war keineswegs Standard. Normalerweise wurde ein Großteil davon zu der Zeit gleich mit erledigt.

16 Diese Städte sollen dir als Erbbesitz gehören, den der Herr, dein Gott, dir gibt. Deshalb sollst du nichts und niemanden am Leben lassen in den Städten dieser Völker.

17Du musst sie alle dem Untergang weihen, die Hetiter Amoriter Kanaaniter Perisiter, Hiwiter und Jebusiter. So hat es der Herr, dein Gott, dir befohlen.

18Damit soll verhindert werden, dass sie euch alles Abscheuliche beibringen, was sie für ihre Götter getan haben. Denn dann würdet ihr Sünden begehen und euch gegen den Herrn, euren Gott, stellen!

Dazu muss man wissen, dass einige Götterkulte in der Region das Opfern und Quälen von Kindern vorsehen, und andere eher befremdliche Riten sexueller Natur.

19 Folgender Fall: Du belagerst eine Stadt eine lange Zeit, um gegen sie zu kämpfen und sie zu erobern. Dann zerstöre nicht die Bäume, indem du sie mit der Axt umhaust! Denn du kannst von ihnen essen. Fälle nicht die Bäume, die Früchte tragen! Diese Bäume sind doch keine Menschen, die du bekämpfen müsstest!

20 Du kannst nur das Holz der Bäume nutzen, von denen du weißt, dass sie keine Früchte tragen. Fälle sie und verwende sie für die Belagerung. Baue damit eine Blockade gegen die Stadt, die mit dir kämpft – bis sie fällt.

Womit auch klar wird, dass da vermutlich nicht Gott persönlich spricht, sondern ein Heerführer, der seinen Mannen mal die Richtung vorgibt. Also: Erst Frieden anbieten, nur die Feinde, die gefährlich sind, töten, Frauen und Kinder verschonen. Menschen mit unappetitlichen Götterkulten sind auch potenziell gefährlich, also töten. Ihr dürft schon plündern, aber nicht kopf- und sinnlos. Sich bereichern ja, arbeiten lassen auch, aber Menschen sinnlos quälen, nein.

Das sind für die damalige Zeit recht humane Standards. Normalerweise hat man direkt nach und während des Plünderns einen Großteil der Frauen und Kinder gleich mit getötet, oder den Göttern geopfert. Als lebende Brandopfer.

Worauf der biblische Gott nie Wert gelegt hat. Der lehnt lebende Brandopfer ab. Und gibt auch Sklaven und Frauen einen Tag frei pro Woche. Sensationell für die damalige Zeit. Passt schon alles für mich.


Mayahuel  08.07.2022, 15:45
Das war keineswegs Standard.

Woher weißt du das?

Und gibt auch Sklaven und Frauen einen Tag frei pro Woche.

Aber nur, weil NIEMAND arbeiten durfte. Auch nicht das Rind, der Esel und das sonstige Vieh.

14 Aber am siebenten Tag ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Rind, dein Esel, all dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt, auf dass dein Knecht und deine Magd ruhen gleichwie du.

https://www.bibleserver.com/LUT/5.Mose5,14

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heikemargret  08.07.2022, 16:49
@Mayahuel

Was heißt nur? Dem Vieh gleich auch freizugeben, ist ein sehr sinnvolles Konzept. Macht doch Sinn, wenn sowieso alle Menschen frei haben, die Viecher können ja kaum alleine arbeiten.

Im Unterschied zu den umliegenden Völkern wurde in Israel keine Menschenopfer gebracht. Wer dennoch Menschen opferte, wurde mit der Todesstrafe bedroht (Lev 20,2; Dtn 18,10 u. a.). Wenn Könige wie Ahas (2 Kön 16,3) und Manasse (2 Kön 21,6) weiterhin den alten Kulten folgten, verstießen sie gegen dieses Gebot.

Jer 3,24: Doch der Baal fraß seit unserer Jugend alles, was unsere Väter erwarben, ihre Schafe und Rinder, ihre Söhne und Töchter.

Ps 106,37ff : Sie brachten ihre Söhne und Töchter dar als Opfer für die Dämonen. Sie vergossen schuldloses Blut, das Blut ihrer Söhne und Töchter, die sie den Götzen Kanaans opferten.

2 Kö 3,27: Da nahm der König der Moabiter seinen erstgeborenen Sohn, der nach ihm König werden sollte, und brachte ihn auf der Mauer als Brandopfer dar.

Jeremia bekämpfte die Opferung der Erstgeburt, die manche Jerusalemer offenbar von den zuvor dort lebenden Kanaanäern übernommen hatten, als Götzendienst und schweren Verstoß gegen Gottes Gebote:

Jer 7,31: Auch haben sie die Kulthöhe des Tofet im Tal Ben-Hinnom gebaut, um ihre Söhne und Töchter im Feuer zu verbrennen, was ich nie befohlen habe und was mir niemals in den Sinn gekommen ist.

Anders als das 1. Königsbuch nennt der Prophet Baal, nicht Moloch als Opfer fordernden Gott (Jer 19,5; 32,35), Ez 16,20 dagegen spricht allgemein von den Götzen. Deshalb ist ungewiss, welchem Gott solche Opfer gebracht wurden und ob dies zu Jeremias Zeit noch praktiziert wurde (vgl. Jes 57,5).

Im gesamten Mittelmeerraum waren Menschenopfer üblich. Übrigens auch bei den Griechen und den Römern. Im ehemaligen Karthago auch. Man hat auch in Europa bei Kelten und Germanen Menschenopfer nachgewiesen. Der Text (Deuteronomium) ist mindestens 2600, eher 2800 Jahre alt.

In Karthago (Tunesien) kann man so einen Tophet/Opferplatz heute noch besichtigen: Mit Grausen - DER SPIEGEL

Mehr unter Wasser als an Land mußten die amerikanischen Archäologen bei ihrer Erkundung des »Tophet« arbeiten, der bis ins späte 8. Jahrhundert vor Christus zurückführt. Es gelang den Forschern, Urnen und Votivtafeln freizulegen und schließlich die Opferstätte wiederherzustellen.
Mit einer Beschreibung der rituellen Kinderopfer hatte schon 1862 Gustave Flaubert schockiert___« Jedesmal, wenn ein Kind gepackt wurde, breiteten die » _____« Molochpriester die Hände über ihm aus----Kaum am Rand der » _____« Öffnung angelangt, verschwanden die Opfer wie » _____« Wassertropfen auf einer rot glühenden Platte, und eine » _____« weiße Rauchwolke stieg aus dem scharlachroten Schlund auf » _____« ... »
Römer und Griechen verdammten den grausamen Brauch, so Plutarch in seiner Abhandlung »Über den Aberglauben«. Wohlhabende Leute, so klagte der Schriftsteller, drückten sich vor dem Opfer, sie »kauften Kinder von Armen und schnitten ihnen die Hälse durch wie Lämmern oder Vögeln«.

Plutarch ist mal eine nichtbiblische Quelle, vielleicht akzeptabler für dich.

Fakt ist, das waren andere Zeiten. Gott wollte sein auserwähltes Volk vor Vernichtung oder, noch schlimmer, dem Götzenkult bewahren, er hat damals andere Anordnungen gegeben als heute. Menschliche Kulturen und die Weltsicht ändern sich, Gott ist immer gleich.

Er mag es nicht, wenn getötet wird, egal aus welchem Grund. Im Alten Testament erlaubt er noch die Todesstrafe und Feldzüge, im Neuen Testament ist damit Schluss. Weil sich die Welt geändert hat, und es jetzt ohne geht.

Wer aus dem Alten Testament irgendwelche Rechte ableitet, Gewalt anzuwenden, hat schlicht nichts kapiert. Kommt leider vor, ist aber nach Lektüre der Evangelien schon ein Zeichen fortgeschrittener Beratungsresistenz.

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Es ging um das Überleben des auserwählten Volkes der Israeliten in einer bedrängten Situation. Auserwählt weil sie das Wissen von Gott bewahrten, weil aus dem Volk alle Propheten, der Messias und seine Apostel hervor gehen sollten.

Extreme Grausamkeiten der Angegriffenen wurden damit gestraft, ein Wiedererstarken oder Rache dieser oder eine Assimilation mit ihnen verhindert, damit keine der von ihnen praktizierten Grausamkeiten überleben konnte.

Wichtig zu wissen ist:

Diese Gewaltlegitimationen galten für ein bestimmtes Volk in einer konkreten Situation und zeitlich begrenzt. Im Alten Testament sind sie rückblickend beschrieben. Kein Mensch kann/konnte daraus eine Legitimation für Gewalt im Hier und Heute ableiten. Dass es dennoch teilweise in der Geschichte geschehen ist, ist unstrittig.

Christen leben das nach (oder versuchen es hoffentlich), was Jesus forderte: extreme Gewaltlosigkeit, radikale Vergebung, bedingungslose Nächstenliebe. Wer schafft das gänzlich? Aber die Richtung ist klar.


Mayahuel  08.07.2022, 15:10
um das Überleben des auserwählten Volkes

Ein Führer in Deutschland hat das auch behauptet, als er Raum für sein Volk brauchte.

Und auch er dämonisierte seine Gegner.

Dämonisierung oder „Verteufelung“ ist die Darstellung einer anderen Person oder Gruppe, des Gegners oder Feindes als wesensmäßig böse.
Es handelt sich um die extremste Form der Dehumanisierung des Anderen. Sie entwickelte sich aus religiösen Ursprüngen und hat heute vor allem eine politische Funktion, besonders in politischen Konflikten, bei der Kriegsvorbereitung und Kriegsführung.

https://de.wikipedia.org/wiki/D%C3%A4monisierung

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AdamundEvi  08.07.2022, 15:21
@Mayahuel

Dieser Führer hat aber aus eigenen Hass und Machtwahn heraus, maßlose und zeitlich, örtlich unbegrenzte Gewalt initiiert. Und das an dem auserwählten Volk! Ein Hinweis darauf, von welchen Mächten er getrieben war.

Also: Kein Vergleich!

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Es gab zwei Arten von Kriegen im damaligen Judentum: den erlaubten Krieg (milchemet reschut) und den Pflichtkrieg (milchemet mizwa).

Der erlaubte Krieg war ein Angriffskrieg mit einigen Beschränkungen: Der König benötigte die Zustimmung des Hohepriesters und der Sanhedrin (Hohe Rat). Und der Gegner musste die Gelegenheit haben, vor dem Angriff zu kapitulieren.

Wenn der Gegner verliert, werden ALLE Männer getötet und der Rest versklavt.

So sollst du mit allen Städten verfahren, die sehr weit von dir entfernt liegen und nicht zu den Städten dieser Völker hier gehören:

Dtn 20,10   Wenn du vor eine Stadt ziehst, um sie anzugreifen, dann sollst du ihr zunächst eine friedliche Einigung vorschlagen.   
Dtn 20,11   Nimmt sie die friedliche Einigung an und öffnet dir die Tore, dann soll die gesamte Bevölkerung, die du dort vorfindest, zum Frondienst verpflichtet und dir untertan sein.   
Dtn 20,12   Lehnt sie eine friedliche Einigung mit dir ab und will sich mit dir im Kampf messen, dann darfst du sie belagern.   
Dtn 20,13   Wenn der Herr, dein Gott, sie in deine Gewalt gibt, sollst du alle männlichen Personen mit scharfem Schwert erschlagen.   
Dtn 20,14   Die Frauen aber, die Kinder und Greise, das Vieh und alles, was sich sonst in der Stadt befindet, alles, was sich darin plündern lässt, darfst du dir als Beute nehmen. Was du bei deinen Feinden geplündert hast, darfst du verzehren; denn der Herr, dein Gott, hat es dir geschenkt.

https://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/bibel/dtn20.html#10

Im Christentum gibt es unterschiedliche Ansichten über Krieg. Die ganze Bandbreite von Pazifisten bis Kriegstreibern. Manche Evangelikale und die Southern Baptist befürworten den Irak-Krieg:

Im Herbst 2002 befürwortete die SBC den Irakkrieg. Richard Land, der Vorsitzende der Kommission für Ethik und Religionsfreiheit, verfasste den sogenannten Land Letter, einen offenen Brief an Präsident Bush, der eine Militäroperation gemäß der Lehre des gerechten Krieges des Kirchenvaters Augustinus rechtfertigte. Diesem Brief schlossen sich andere evangelikale Persönlichkeiten an

https://de.wikipedia.org/wiki/Southern_Baptist_Convention

Kyrill I. rechtfertigt den russischen Angriff auf die Ukraine, denn sie ist von bösen Mächten besetzt. Eindeutig erkennbar an Gay-Pride-Paraden:

Während des russischen Überfalls auf die Ukraine seit dem 24. Februar 2022 äußerte sich Kyrill I. mehrfach unterstützend zum russischen Angriff und zu Putins Politik und sprach in dieser Linie der Ukraine ihr Existenzrecht ab.
In einer Sonntagspredigt am 6. März 2022 rechtfertigte er den Überfall mit der vermeintlichen Begründung, Präsident Putin wolle die Ukraine vor Gay-Pride-Paraden schützen und bezeichnete die Gegner Russlands als „Kräfte des Bösen“, womit Kyrill den Angriff Russlands „als einen metaphysischen Kampf des Guten (Russland) gegen das Böse“ sehe

https://de.wikipedia.org/wiki/Kyrill_I.#Russischer_%C3%9Cberfall_auf_die_Ukraine

zu sowelchen grausamen Sachen aufgerufen?

Keine Ahnung. Für ein Volk Gottes ist das schon erstaunlich.


Roentghen  08.07.2022, 15:35

Wer sagt, dass Kyrill zum Volk Gottes gehört?

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Mayahuel  08.07.2022, 15:40
@Roentghen
Wer sagt, dass Kyrill zum Volk Gottes gehört?

Wer sagt, dass er nicht zum Volk Gottes gehört?

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