Wieso ist der Welthandel für Industrieländer ungerecht?

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Ich helfe wir wirklich gerne, aber erstmal muss doch die Frage verstanden werden bevor eine Antwort möglich ist. Die Frage ist "Der Welthandel ist ungerecht, weil...". Aber was bedeutet denn ungerecht in Bezug auf Handel oder Welthandel? Ist das vielleicht irgendwo definiert und nur nicht im Bild zu sehen?
Für mich ist es ein gerechter Handel, wenn alle beteiligten sich freiwillig dazu entschieden haben den Handel so einzugehen ohne dass sich ein Dritter unbeteiligter einmischt und ohne dass sie von irgendwem dazu gezwungen werden.

Auch Handeln ja üblicherweise nicht Länder, sondern Menschen und Firmen miteinander. Ich werde trotzdem mein besten tun dir ein paar Ideen für die Frage zu geben:

Argumente aus Sicht der Industrieländer:

  • Einige Industrieländer, z.B. in der EU, unterliegen den Zollbestimmungen der EU. Diese Zollbestimmungen werden von der EU genutzt um Schutzzölle zu erlassen, also Zölle, die nur dafür da sind die Preise von Produkte aus Entwicklungsländern, häufig Agrarprodukte, im Inland zu verteuern. Dadurch soll die Heimische Agrarproduktion gestützt werden. Für die Agrarproduktion klappt das zwar auch, allerdings müssen dadurch die Konsumenten in der EU höhere Preise für Agrarprodukte bezahlen als sie es müssten, wenn es diese Schutzzölle nicht gäbe. Du siehst also schon, dass das ganze etwas differenzierter betrachtet werden muss, denn Länder treffen keine Entscheidungen und Konsumieren nicht, Menschen tun das. Das gleiche Argument gilt übrigens auch anders herum. Wegen den Schutzzöllen können auch die Entwicklungsländer hier nicht so viel verkaufen. Es ist also eine lose-lose Situation un kann auf beiden Seiten stehen. Gewinner ist nur die Agrarlobby in den Industrienationen, ungerecht ist es, weil ein dritter (Zollbehörde) id den Handel, den 2 Parteien aus freien Stücken wollen, eingreift.
  • Die Welthandelsorganisation räumt Entwicklungsländern einige Vorteile beim Handel ein, den Industrieländer nicht haben. Zwar finde ich das persönlich nicht ungerecht, denn niemand muss Mitglied in der WTO werden wenn er es nicht möchte, aber es ist nicht so einfach entsprechende beim Thema handel Ungerechtigkeiten zu finden, und es soll ja "aus Sicht der Industriestaaten" sein. Interessant in diesen Zusammenhang vielleicht, dass es keine offizielle Definition dafür gibt, was die WTO als Entwicklungsland sieht und dass China nach WTO-Regeln noch immer eines ist.
  • Durch zunehmenden Welthandel und Globalisierung ist es einfacher geworden für Firmen in Entwicklungsländern zu Produzieren und die Produkte dann in den Industrieländern zu verkaufen. Ich finde das fair, aber aus Sicht einiger Industrieländer könnte das evtl. auch ungerecht sein.

Und zum Abschluss noch: Deinen Punkt 2 bei den Entwicklungsländern halte ich für falsch. Zunächst bedeuten schwankende Preise nicht automatisch weniger Geld. Ein Preis kann in beide Richtungen schwanken. "Preisschwankungen" haben erst mal keine Richtung wenn nicht weiter definiert.
Sie bekommen auch nicht wenig Geld, sondern das, was sie vereinbart haben. Ob das wenig ist oder nicht, können wir ja nur relativ an dem messen, was sie für andere Dinge bekommen würden. Wenn sie aber z.B. für Weizen mehr als für Diamanten bekommen würden, dann würden sie ja stattdessen Weizen anbauen und keine Diamanten schürfen. Die Leute sind ja nicht blöd, sie werden immer das machen, womit sie am meisten verdienen können. Nach diesem rationalen ökonomischen Prinzip bekommen sie also nicht wenig Geld, sondern viel, zumindest gemessen an den anderen Dingen die sie stattdessen Produzieren könnten. Man kann eben nur mit dem Arbeiten was man hat.
Des weiteren wollen die Arbeiten in den Entwicklungsländern ja in ihrer lokalen Währung bezahlt werden, denn sie wollen ja vor Ort Dinge kaufen, z.B. Lebensmittel oder Möbel. Teilen wir die Welt also mal gedanklich in 2 Teile mit 2 Währungskörben. Industrieländer mit dem I-Dollar und Entwicklungsländer mit den E-Dollar. Wenn jetzt Leute auf den E-Ländern Produkte an Leute aus I-Ländern verkaufen, dann wollen sie dafür E-Dollar. Die Käufer haben aber I-Dollar. Was passiert also? Sie müssen I-Dollar gegen E-Dollar tauschen, z.B. an einer Währungsbörse. Das löst aber einen Verkaufsdruck auf den I-Dollar und einen Kaufdruck auf den E-Dollar aus. Wird das in großen Stil gemacht, steigt der E-Dollar also relativ zum I-Dollar im Wert. Da der E-Dollar nun mehr Wert ist, können sich die E-Länder damit auch mehr von den I-Ländern kaufen.

Die Stärke einer Währung, also deren Wert relativ zu anderen Währungen, kommt also durch Handelsbilanzunterschiede mit anderen Ländern zustande, weil die Unterschied in der Handelsbilanz früher oder später als Kauf- oder Verkaufsdruck an den Währungsbörsen auftaucht.

Ob ein Land für den verkauf der eigenen Produkte auf dem Weltmarkt viel oder wenig Geld in lokaler Währung bekommt hängt also zu großen Teilen davon am, wie die Import-Export Bilanz in der Vergangenheit war. Es ist also ein Faktor, auf den das Land selbst bzw. dessen Einwohner einen relativ großen Einfluss hat. Von Ungerechtigkeit kann daher meiner Meinung nach hier nicht gesprochen werden.