Wieder zurück aufs Dorf?
Meine Großeltern sind in den 50er Jahren nach Frankfurt gezogen. Vorher haben sie in einem kleinen Dorf umringt von Feldern, Wald, Wiesen und anderen kleinen Dörfchen in der Röhn gelebt. Die andere Seite der Familie wohnt noch immer da. Ich habe da viel Zeit in meiner Kindheit und Jugend verbracht und ich liebe es auf dem Dorf. Jetzt war ich am Wochenende wieder mal da und es hat sich angefühlt wie früher. Pure Nostalgie und Freude wieder da gewesen zu sein, wo meine Großeltern eine lange Zeit ihres Lebens verbracht haben. Meine Familie hat sich sehr gefreut mich wiederzusehen und ich mich natürlich auch.
Seit dem ich jetzt wieder zuhause bin geht mir der Gedanke nicht mehr aus dem Kopf, wie es wäre dort zu leben, jeden Tag die Familie zusehen, den kleinen beim aufwachsen zusehen und mich drauf zu freuen, dass meine eigenen Kinder irgendwann genau so eine schöne Kindheit dort haben werden wie ich und die anderen.
Andererseits habe ich hier meine Eltern, meine Freunde und meinen Job, aber es zieht mich wieder zurück aufs Dorf.
Was meint ihr? Sollte ich in Erwägung ziehen wieder zurückzugehen?
4 Antworten
Das kannst nur du selbst entscheiden.
Mach dir aber bitte klar, dass deine Kindheitserinnerungen und ein gelegentlicher Besuch dort nicht den Alltag widerspiegeln.
Auch wenn sich Dorfleben für kleine Kinder himmlisch anhört: wo gehen sie in die Kita oder Schule (auch weiterführende), wo kauft ihr ein. Gibt es Ärzte in der Nähe? Wo könntest du arbeiten? Und was machen die Kids, wenn sie im Teenageralter sind?
Oft erfordert das Leben auf dem Dorf lange Wege, so dass man mit kleinen Kindern oft unterwegs ist, um sie irgendwo hin zu bringen, weil z.B. die Kita-Freundin drei Dörfer weiter wohnt. Der ÖPNV ist in vielen Gegenden schlecht ausgebaut und es kostet viel Zeit, von A nach B zu kommen.
Das sollte alles mit bedacht werden.
Ich würde abwarten bis die Euphorie nachlässt. Man sollte sich nicht von Emotionen blenden lassen.
Ja, je früher Du es machst, desto mehr hast Du davon.
Das Dorfleben ist hart - man wird es als Außenstehender bzw. Zugezogener nicht leicht haben, selbst wenn man Familienanschluss eigentlich hat, in die Vereine geht und überall mitmacht. Auch sind Neid, Missgunst, Sozialkontrolle und teilweise auch Scheinheiligkeit (die Kirche) große Themen - man wird beobachtet und alle sind neugierig, distanzlos und werden dann unfreundlich, wenn man nicht will, dass sie einen bis ins Intimste ausspähen und drüber tratschen.
Es mag sein, dass sich das Dorf am Wochenende und wenn man zu Besuch ist als Idylle präsentiert, in Wahrheit ist es das aber in der Regel nicht und kulturell sowie für Kinder und Jugendliche sieht es auch mau aus - es beginnt damit, dass es keine Schule gibt und endet in Saufgelagen von Jugendlichen, denen so langweilig ist, dass sie sich die Kante geben.
Du scheinst ja sehr schlechte Erfahrungen mit dem Dorfleben gemacht zu haben, oder woher kommt deine Einschätzung ?
Ich denke das kommt auf viele Faktoren an, die da zusammenspielen.
Nicht wegzudiskutieren ist natürlich, dass man mangels ÖPNV Versorgung oft weitere Distanzen zurücklegen muss.
Ansonsten bleibt nur zu sagen Dorf A ist nicht gleich Dorf B genauso wie das auch für verschiedene Städte gilt.
Dass man als Zugezogener keine Chance zur Integration hat, halte ich für ein Gerücht. Es hängt natürlich von einem selbst ab, inwieweit man auf andere zugehen will und mag. Wenn ich keinen Kontakt zu Nachbarn bzw Dorfbewohnern möchte, ja dann bleibe ich natürlich isoliert. Wenn ich denen offen gegenübertrete, dann sind lange beständige Freundschaften häufig.
Das Dorfleben ist keine Einbahnstrasse. Nur wer auch bereit ist was zu geben, sich einzubringen, der wird auch aufgenommen. Immer nur fordern funktioniert leider nicht.
Ich kenne meine Nachbarn, Vereinsmitglieder etc, kann mich auf sie verlassen, wenn ich mal Hilfe brauche und das auch mitten in der Nacht wenn erforderlich.
Ich weiss mit wem sich meine Kinder treffen. Kenne die Kinder und auch deren Eltern. Nebenbei auch die Erzieherinnen sowie die Lehrerinnen und Lehrer.
Ich bin beruflich sehr viel unterwegs und da fällt es schon auf, das in den kulturell hochentwickelten Städten die Jugendlichen aufeinander losgehen und in irgendwelchen dunklen Ecken abhängen und Sachen zerstören.
Das gibt es in dem Maße auf dem Dorf nicht, denn man kennt sich und passt aufeinander auf.
Gelangweilte Jugendliche sind da doch eher die Ausnahme. Denn sie haben FREUNDE, und sie haben PLATZ sich zu erleben und zu erfahren ohne immer gleich davongejagt zu werden.
Sicher gibt es auch Jugendliche die sich wie du schreibst die Kante geben.. aber dann sind zumindest die anderen da die aufpassen und sie sicher wieder nach hause bringen.
Wer sich nicht öffnen und annonym leben möchte, der sollte allerdings lieber in der Stadt bleiben