Wie wird eine gegen Glyphosat resistente Sojapflanze hergestellt?

1 Antwort

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Hi,

das ist eine stark kondensierte Abbildung.

Die Resistenz gegen das Herbizid beruht auf dem funktionsfähigen Enzym EPSP-Synthase, welches im Stoffwechsel Reaktionen unterstützt und dessen Ausfall zum Tod der Pflanze führt. Das Enzym EPSP-Synthase wird durch Glyphosat blockiert, was zum Absterben nicht resistenter Pflanzen führt.

Nun hatte man beobachtet, dass EPSP-Synthase aus Bakterien ein ähnliches Enzym mit gleicher Funktion ist, welches aber eben nicht durch Glyphosat blockiert wird. Wenn man Pflanzen dieses bakterielle Enzym zugänglich machen würde, hätte man Glyphosat-resistente Pflanzen, denen das Glyphosat nichts mehr anhaben könnte.

Eine Pflanze, die dieses bakterielle EPSP-Gen besäße, wäre resistent gegen Glyphosat. Daher soll der Ansatz sein, wie bringe ich das bakterielle EPSP-Gen in die Pflanze? Darauf wusste niemand Rat, weil man weder über das Verständnis noch über die geeigneten Mittel verfügte, Gene einfach so in Pflanzen einzubauen.

Daher bedient man sich eines Bakteriums, welches Pflanzen befällt (Agrobacterium tumefaciens) und sie im Rahmen der Infektion genetisch verändert, indem es einen Teil seiner DNA, das sog. Ti-Plasmid, in die Pflanzenzelle einbringt und von dort einen Zellkernimport erreicht, worauf das gentische Material des Plasmids in das Genom der Pflanze integriert wird :D an dieser Stelle mussten die Gentechniker resigniert feststellen, dass das Bakterium ihnen "gentechnisch" um gefühlte Lichtjahre voraus war. Weil das, was es kann, hatte bis dato noch niemand gesehen oder erfinden können. Daher hat man einfach das Bakterium genommen und sich seines "Wissens" bedient, Gene in Pflanzenzellen hineinzubringen und in die Zellkern-DNA zu integrieren, übrigens auch ausgestattet mit den korrekten Promotoren, die von Pflanzen erkannt werden, um die Geneexpression zu starten, zusammengestellt von einem Prokaryonten (Bakterium). Den Gentechnikern muss es vorgekommen sein, wie science fiction :D

Nachdem man das verdaut hatte, dass das Bakterium einem technologisch haushoch überlegen war, hatte man sich dann überlegt, wie man trotzdem oder gerade deswegen Kapital aus der Sache schlagen könnte und sich gedacht, hmmm, wenn wir dieses kleine Ti-Plasmid etwas modifizieren würden, dann würde Agrobakterium, davon nichts merkend, unsere kleine Erweiterung mit in den Kern der Pflanzenzelle hineinschleusen :) ein nahezu genialer Plan, wenn man schon keine Gene in Pflanzenzellen hineinbringen kann, weil man es schlicht nicht beherrscht, kann man bei dem Bakterium wenigstens Trittbrett fahren, um seinen Zielen näher zu kommen.

Wenn nun dieser Zusatz im Ti-Plamid das bakterielle EPSP-Gen sei, dann ließe sich das EPSP-Gen erfolgreich in das Pflanzengenom integrieren und die Pflanze würde resistent gegen Glyphosat werden. Gesagt getan. Agrobakterium tumefaciens ist also ein Helfer (eine sog. "Genfähre"), um ein von Menschenhand modifiziertes "Fusionsgen", welches ihm untergejubelt wird, in die Pflanzenztelle zu bringen und erfolgreich in das pflanzliche Genom zu integrieren.

Anschließend züchtet man aus einer einzelnen, gentechnisch veränderten Pflanzenzelle, auf geeignetem Nährmedium, eine neue Sojapflanze, was aufgrund der "Totipotenz" von Pflanzenzellen möglich ist, d.h. die DNA jeder Pflanzenzelle besitzt prinzipiell die Möglichkeit (Potenz) durch Zellteilungen und Differenzierung eine vollständige, neue Pflanze zu hervorzubringen. Dem Nährmedium wird Glyphosat beigemengt, so dass hier direkt auf erfolgreich verlaufenen Gentransfer selektiert werden kann, denn alle Pflanzen, die dort wachsen, haben das Plamid und mit ihm das bakterielle EPSP-Gen und die Glyphosat-Resistenz erhalten. Gruß, Cliff