Wie skandiert man im Lateinischen?
Hi
Ich muss Gedichte wie Daedalu und Ikarus skandieren. Aber auch andere von Ovid. Nun stellt sich mir oft die frage wie ich das machen soll. Also welche regeln es für lange silben und kurze gibt.
Kann mir einer helfen
Danke
3 Antworten
Über diese Frage habe ich schon früher im Lateinunterricht nachgegrübelt. Ich konnte mir einfach nicht verstellen, dass die Römer so abgehackt und schülerhaft gesprochen haben, wie wir, wenn wir aus Cäsars "De bello Gallico" vorlesen mussten.
Dann habe ich mal eine lateinische Ansprache des damaligen Papstes gehört, und mir wurde plötzlich klar, dass die Römer ihr Latein vermutlich ebenso verschliffen haben, wie es ein Italiener heute tut, wenn er Latein rezitiert.
Was die Betonung bei Gedichten betrifft, findest Du von BuckyBuck eine sehr kompetente und ausführliche Antwort, die ich weder verbessern noch sinnvoll ergänzen könnte.
Im Grunde ist es ganz einfach, skandiere in dem Sinne kannst du ohnehin nur Vokale.
1) Hiat (Elision)
Wenn bei einem Wort ein Vokal (+m) direkt am Wortende vor einem (h+) Vokal am Wortanfang des nächsten Wortes kommt, wird jeweils der Vokal des ersten Wortes bzw. das abschließende -m des ersten Wortes gestrichen.
Wird der Vokal gestrichen, da kein -m vorhanden ist, musst du einfach so tun, als wäre dieser Vokal nie da gewesen.
Wenn das -m gestrichen wird, wird der nicht gestrichene Vokal des ersten Wortes und der Vokal am Anfang des zweiten Wortes als eine lange Silbe zusammengefasst.
2) Hiat (Aphärese)
Folgt auf einen Vokal (+m) am Wortende eine Form von "esse" die mit einem Vokal beginnt (sum, sumus, sunt, etc. sind also nicht betroffen), wird das e von "esse" gestrichen. Das ist die einzige Ausnahme.
3) Lange Silben
3.1) Positionslänge
Wenn auf einen Vokal zwei Konsonanten (qu zählt als ein Konsonant) folgen, handelt es sich um eine Positionslänge. Der Vokal ist lang.
3.2) Naturlänge
Bei deklinierten Formen, bei denen klar ist, dass der letzte Vokal lang ist, handelt es sich um eine Naturlänge.
4) Kurze Silben
Alle anderen.
5) Betonte/unbetonte Längen
Kürzen sind immer unbetont. Sicher kennst du die Rhythmen (mir fehlt das richtige Wort) aus dem Deutschen: Daktylus (betont, unbetont, unbetont), Anapäst (unbetont, unbetont, betont), Jambus, Trochäus. (Bei den beiden letzten weiß ich es nicht aus dem Kopf.)
Es kommt noch ein weiterer hinzu: Spondeus (zwei aufeinander folgende Längen, erste betont, zweite unbetont).
Jeder dieser Rhythmen hat genau eine Betonung. Wenn also pro Einheit, also pro Rhythmus mehr als eine Betonung vorhanden ist, kannst du dir sicher sein, dass du einen Fehler hast.
6) anceps
Vokal, bei dem die Länge nicht eindeutig bestimmt ist (letzter Vokal der Zeile im elegischen Distichon, ansonsten bin ich mir unsicher). Unbetont.
Du sagtest, ihr würdet etwas von Ovid machen. Hierbei gehe ich jetzt davon aus, dass ihr etwas aus der "Ars amatoria" macht, die im elegischen Distichon geschrieben ist. Überhaupt ist das meiste von Ovid in dieser Form geschrieben.
Dabei handelt es sich um eine bestimmte Abfolge von Rhythmen, außerdem besteht das elegische Distichon aus einem Hexameter (eine Zeile mit sechs Betonungen) und einen Pentamenter (eine Zeile mit fünf Betonungen). Nur Daktylus oder Spondeus treten auf + anceps am Ende.
Hexameter:
In sechs Abschnitte aufgeteilt:
1) Daktylus oder Spondeus. 2) Daktylus oder Spondeus. 3) Daktylus oder Spondeus. 4) Daktylus oder Spondeus. 5) Immer Daktylus. 6) Betonte Länge + anceps.
Pentamenter:
In fünf Abschnitte aufgeteilt + Penthemimeres (Pause bzw. Einschnitt, keiner der Rhythmen):
1) Daktylus oder Spondeus. 2) Daktylus oder Spondeus. | Betonte Länge + Penthemimeres. | 3) Immer Daktylus. 4) Immer Daktylus. 5) anceps.
Das wars dann glaube ich. Bei Fragen, melde dich einfach noch mal.
Schau mal auf "gymipro.de", könnte vielleicht helfen.
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