Wie schwer ist eine Umschulung zum Fachinformatiker?

5 Antworten

Ich habe 2013-2015 eine Umschulung zum Fachinformatiker für Systemintegration gemacht. Und wenn ich im Nachhinein sagen würde, ob ich das nochmal machen würde, wäre die Antwort wohl "Nein!". Aber nicht wegen des Berufs ansich, sondern weil eine Umschulung in diesem Bereich eher ein Crashkurs ist und schon zeitlich bedingt viele Sachen weggelassen werden, dafür andere Sachen unnötig aufgebläht werden. Da würde ich auf jeden Fall zu einer klassischen dualen Ausbildung raten. Hier mal, was damals in der Umschulung so ablief:

  • Die Netzwerkumgebung durften wir täglich neu aufbauen, auch wenn sie sich nicht von der vom Vortag unterschied. Einfach die virtuelle Maschine vom Vortag nutzen war nicht erlaubt. Ich glaube, Windows Server 2012 (damals aktuell) werde ich wohl noch mit 90 im Schlaf neu aufsetzen können, so oft habe ich das gemacht. Bis man das alles eingerichtet hatte, waren 2,5h der 7h Unterrichtszeit weg. Dann kamen effektiv 2,5h Unterricht,wo man was Neues lernte, danach nochmal 2h, wo man das, was man in den 2,5h vorher gelernt hatte, nachbauen sollte.
  • Wichtige Sachen wie Cloud Computing (Microsoft Azure etc) wurden überhaupt nicht behandelt. VPN oder VLAN wurden mit "Das lernt ihr später mal in der Praxis!" vom Tisch gewischt.
  • Der Unterricht war ausschließlich auf die Windows-Welt ausgerichtet. Was es nicht von Microsoft gab, wurde nicht unterrichtet. Gängige Software wie Sophos Firewalls wurden überhaupt nicht unterrichtet.
  • Solche Sachen wie Netzwerkplanung kamen ebenfalls faktisch kaum dran. Damit meine ich weniger solche Details, wieviele Netzwerkdosen man für ein neu einzurichtendes Büro planen muss, sondern eher sowas wie die Auswahl einer ausreichenden USV, des eines neuen VMWare-Servers usw, oder die Berechnung, wie groß der Backupplatz sein sollte usw. Gottseidank kam sowas nicht in der Abschlussprüfung dran.
  • Die Module für Linux und das C#-Modul sind ersatzlos ausgefallen, weil der einzige Dozent dafür dauer-erkrankt war.
  • Dafür gabs massig Wirtschaftslehre-Unterricht. Ich werde wohl nie kapieren,wozu ein angehender Fachinformatiker wissen muss, wie der Vorstand einer Aktiengesellschaft aussehen muss oder wieviel Kohle zur Gründung einer KG da sein sollte.
  • Vorbereitung auf die Abschlussprüfung gabs überhaupt nicht. 3 Wochen vor Abgabetermin der Projektdokumentation wusste kein einziger Teilnehmer, wie sowas auszusehen hat und bekamen diesbezüglich vom Veranstalter nur zu hören "Sucht euch doch sowas im Internet raus und schreibt es auf euer Projekt um!". Ähm...man findet zwar im Netz jeden Mist, aber Projektdokumentationen in dem Umfang, wie man sie in 20min während der mündlichen Prüfung schafft, sind eine echte Seltenheit.
  • Die Krönung war, dass sich der Veranstalter bei der Raumplanung verzettelt hatte und wir uns plötzlich in einem Raum mit Laptops mit ganzen 4GB Arbeitsspeicher vorfanden. Darauf sollten wir dann eine Netzwerkumgebung inkl. DC, DHCP, DNS, Fileserver, Exchange und Sharepoint-Server virtualisieren. Ich sag mal so: Nach jedem Mausklick konnte man erstmal 10min einen Kaffee trinken gehen, weil es genau so lange dauerte, bis dann was passierte, weil die Hostrechner natürlich permanent am Auslagern von Arbeitsspeicher waren. Auf einer 4GB-Maschine wohl auch kein Wunder.

Und diese "Qualitätsumschulung" machte sich anschließend auch in der Praxis bemerkbar, denn als FI, der den Beruf über eine Umschulung gelernt hat, bist du in den meisten Firmen eher die 3.Wahl. Direkt nach Studienabsolventen und FI, die eine klassische Ausbildung absolviert hatten. Will sagen: Man ist in der Branche als FI-Umschüler ungefähr so beliebt wie Fußpilz in der Sauna.

Schwer zu beantworten.

Je nachdem was du für Vorkenntnisse, Interessen und Fähigkeiten hast ist so eine Umschulung irgendwo zwischen "nicht zu bewältigen" und "ganz easy".

Aber wenn du Interesse an IT hast, dann würde ich sagen, dass es eher einfach ist.


grtgrt  23.10.2022, 21:20

Je einfacher eine Umschulung ist, desto wertloser wird sie sein. Eine Lehre (= betriebliche Ausbildung in einem IT-Beruf) zu machen, wird Dich in der IT-Welt viel eher vor Arbeitslosigkeit schützen.

Hallo lasse von einer Umschulung die Finger. Ich habe vor kurzen als FISI mit einem sehr guten Schnitt absolviert. Du wirst nur mit Mühe einen guten Job finden können. Es ist nicht unmöglich aber die bezahlung ist unterirdisch.

Wenn du mit 28.000€/Jahr glücklich wirst dann nur zu. Ansonsten musst du wissen, dass du mit quereinsteigern und auszubildenden konkurrierst. Ich bin immer noch Arbeitssuchend also kann ich dich nur davon warnen. Außerdem bringe ich mehrere Jahre Praktika schon mit es juckt aber keinen....

Lasse dich nicht blenden, dass Fachkräftemangel in der IT Branche vorhanden ist. Experten fehlen!!! JA!!! "Wie in jedem Beruf..."Es gibt aber kein Fachkräftemangel.


Werniman  11.04.2023, 18:45

Kann ich leider nur bestätigen. Ich sage immer scherzhaft, dass man zumindest hier im Osten gut beraten ist, wenn man Erste Hilfe beherrscht. Denn unter Umständen kann es passieren, dass man den Firmenvertreter im Vorstellungsgespräch wiederbeleben muss, wenn man es wagt, eine Gehaltsvorstellung zu nennen, die 2500€ Brutto/Monat übersteigt.

Und fast noch schlimmer: in vielen Firmen gibts dann kaum noch Möglichkeiten zur Fortentwicklung, weil die Fähigkeiten eines Mitarbeiters nur zu gern an dessen Gehalt gemessen wird. Sprich: wer wenig verdient, dem wird auch wenig zugetraut.

Ansonsten was Schwierigkeit angeht. Es kommt drauf. Es wird an allen rumgekaut, würde ich eher sagen... Die meisten Bidungsträger locken mit Zertifikaten ... Die aber auf dem Arbeitsmarkt nichts wert sind..

Die Arbeitgeber sind ja nicht blöd. Du kannst nicht in 3 Monaten MCSA lernen... Zum Glück gibt es kein MCSA mehr aber dafür werden andere Vielleicht Azure machen können. Auch hier.. Braindump.. Fragen und Antworten werden auswendig gelernt aber kein Know How. Die Dozenten blenden die Umschüler weil Sie selbst nicht wirklich Ahnung haben von der Materie und wollen nicht "dumm darstehen" Deswegen "Dozent" aber zum Glück gibt es welche so hätten andere keine Möglichkeit eine Umschulung zu machen..

Es kann sein, dass du JAVA oder Python lernst. Die Dauer des Kurses ist unterschiedlich von 2 Wochen bis einem Monat... 1 Modul. 1 Monat programmiersprache, vielleicht findet sich ein AE`ler hier, der kann dir sagen ob es was bringt.. Als Systemintegrator ist das eh alles eher unwichtig..

Viel Kaufmännisch, hängt aber von Bildungsträger ab. Ich weiß nicht wie fit du in der IT bist aber wenn du schon mehrere Jahre Praktika oder gar Berufserfahrung mitbringst dann sieht das in der Umschulung anders aus.. Dann flutscht du durch.. Wenn du keine Erfahrung mitbringst dann musst du dich schon hinsetzen.

Vielleicht eigene Lab Umgebung an eigenem Rechner aufbauen und immer wieder wiederholen..

Aber wie gesagt Umschulung und Arbeitsmarkt sind 2 dinge..

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Deutlich zukunftsträchtiger als eine Umschulung wäre, wenn du eine Ausbildung zum Fachinformatiker anstreben würdest. Begründung: Ohne anerkannten Abschluss einer IT-technischen Ausbildung wird man dich immer nur als Hilfsarbeiter sehen und bezahlen.

Was genau Du erwarten kannst, hängt sehr stark davon ab, wie alt du bist und über welche Schulbildung und welche berufliche Praxis du bisher schon verfügst.

Ohne Abitur ist erfolgreiche Umschulung in den IT-Bereich kaum möglich.