Wie kommt es, dass das Christentum im Mittelalter so populär wurde?

16 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Die Zeit der Antike endete mit einer großen Katastrophe (Erdbeben, Überflutungen, Vulkanismus, Aschewolken, Fimbulwinter, Klimaeinbruch, Missernten, Hungersnöte, Krankheiten etc.) mit einem dramatischen Bevölkerungssterben - die wenigen knapp Überlebenden sind in eine dunkle Periode des nackten Überlebenskampfes zurückgefallen bis zur Renaissance. Und sie hatten riesige Angst vor einer Wiederholung dieser Katastrophe - und da war es attraktiv (d.h. die Angst besänftigend) wenn man glaubte dass es einen allmächtigen Gott gäbe (genau einen), der Regeln aufstellt und wenn man die befolgt, dann passiert nix schlechtes.

An keinen Gott zu glauben heisst ja, dass die Katastrophe natürlich gewesen sein muss, und die "blinde" Natur kann man nicht beeinflussen, die ist halt so. Wenn man an mehrere Götter glaubt, kann es unter diesen Streit geben und man weiss nicht, wer von denen einen retten kann. Aber 1 Gott der die Macht hat einen zu retten, dem zu gehorchen erscheint als eine vielversprechende Strategie, wenn man an Katastrophenängsten leidet.

Und ja, ALLE müssen diesem Gott gehorchen, man will ja nicht riskieren wieder für den Ungehorsam der anderen mitbestraft zu werden, so wie es offfenbar bei der zurückliegenden Katastrophe ja passiert ist.

Für viele der mittelalterlichen Herrscher waren die Kleriker und Klöster Instrumente zur Urbarmachung von Räumen und zur Kontrolle von Giebieten durch Menschen, die mangels Nachkommen keinen Erbanspruch auf die kontrollierten Gebiete hatten. Daraus resultiert der heftige Konflikt zwischen den Königen und den Päpsten bezüglich der Besetzung dieser Posten, denn wer den Inhaber des Bischofssitzes bestimmt, kann dessen Loyalität einfordern. Darüber hinaus bot das christlichen Gottesgnadentum den Herrschern eine sicherere Machtlegitimation als die vorherige Bestenauswahl.

Und für viele einfache Menschen bot die Aussicht auf einen Himmel für jeden bessere Zukunftsaussichten als der Glaube an Walhalla, denn dort konnten nur im Krieg oder Kindbett gestorbene hin - für den im Alter gestorbenen gab es diese Möglichkeit nicht.


Firmian  15.10.2019, 08:25

Bibeln in Volkssprache gab es auch schon vor Luther.

Wer kam dafür auf den Scheiterhaufen?

0
Sachse69  15.10.2019, 14:08
@Firmian

Was ist mit diesem Kommentar gemeint? - zu Bibeln in Volkssprache und zu Scheiterhaufen habe ich keine Ausführungen gemacht.

0

Die Kirche war als einzige Organisation in der Lage, ihre Vernetzung und Verwaltung, die dem zentralistisch organisierten römischen Reich entstammte, über die Völkerwanderung hinaus aufrechtzuerhalten. Daher war Kooperation mit ihr für die weltliche Macht unumgänglich, da diese nur einen kleinen Teil ihrer Gebiete effektiv beherrschen konnte.

Zudem haben die Menschen Religion nicht als etwas aufoktroyiertes empfunden, sondern waren wirklich gläubig.

Und gerade der Konflikt von weltlicher und geistlicher Macht im 11.jh führte langfristig zur Entflechtung (vgl. Zwei-Schwerter-Lehre) was sich z.b. daran zeigt, dass im Spätmittelalter kein römisch-deutscher König mehr auch nur auf die Idee gekommen wäre, noch persönlich beim Papst um die Kaiserwürde zu fragen; man nahm sie schließlich als schlichtweg gegeben hin.

gerade das Gottesgnadentum ist erst wirklich im Rahmen des Absolutismus entstanden und somit frühneuzeitlich.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ich studiere Mediävistik

Durch Feuer und Schwert! Wer Zweifel hatte und diese Zweifel laut aussprach, wurde auf den Scheiterhaufen gestellt und verbrannt.

Das Mittelalter ist auch Zeitalter der Wallfahrer.

Wallfahrtsorte entstehen deshalb, weil an einem Ort vermehrt Wunder (Heilungswunder) geschehen sind. Und aus dem Glauben heraus, geheilt zu werden, gab es viele Pilgerer, die auch Opfergaben brachten. In einem Wallfahrtsort wie Altötting in Bayern findet man Bilder von vielen dankbaren Menschen, die oft schreiben "Maria hat geholfen" o.ä.

Da die Medizin früher nicht soweit fortgeschritten war, war der der Glaube ans Christentum oft noch eine Möglichkeit, für die Menschen damals.

Das wäre aus meiner Sicht ein Grund, warum das Christentum damals so gefragt war.