Wie können schlechte Erlebnisse aus der Erinnerung ausgelöscht werden?

12 Antworten

Einen Löschknopf gibt es nicht. Es ist aber möglich, durch neue, positive Erfahrungen die schlechten aus der Vergangenheit aus den Augen zu verlieren. Das ist nicht das Gleiche wie vergessen. Sie sind dann nur nicht mehr das, auf das du deine Aufmerksamkeit richtest.

Indem man es bewertet und der Situation die Farben nimmt.

Indem man sich ihnen stellt und sie verarbeitet, vernunftmäßig an die Sache rangeht.

Auf keinen Fall, indem man sie nur verdrängt - oder auch indem man sie umdreht.

Wenn du z. B. Auto fährst und Jemand nimmt dir die Vorfahrt und du kannst nur Schlimmeres verhindern, indem du schnell reagierst, so dass niemand zu Schaden kommt.

Nun kannst du dich aufregen über diesen Deppen, womit du auch recht hättest, du kannst dich aber auch darüber freuen, dass du in der Lage warst, so schnell reagieren zu können.

Je nachdem auf welche Tatsache du den Fokus legst. LG.


EmmyCurlieSue  28.11.2017, 00:36

Und worauf legt dann einer den Focus, wenn er als Kind viiiele Jahre lang missbraucht wurde? Das kann keiner verarbeiten oder vergessen.

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Sonja66  28.11.2017, 07:24
@EmmyCurlieSue

Doch, auch das kann man verarbeiten, auch dem kann man sich stellen. Und von vergessen spricht hier ja niemand.

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Dahika  28.11.2017, 13:19
@EmmyCurlieSue

Doch, das kann man verarbeiten. Vergessen natürlich nicht. Es ist ja passiert.

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Hallo Soprahin,

Dieses Phänomen nennt sich Dissoziation. Dissoziation heißt  "Abspalten"  und ist das Gegenteil von Assoziation, bei dem man etwas "Verbindet". 

Einige Menschen, welche in ihrem Leben ein Trauma durchleben mussten, (Trauma = Seelische Verletzung , welche oft mit Todesangst einhergeht) spalten das schreckliche Erlebnis von ihrem Bewusstsein ab um sich selber zu schützen (Dissoziative Amnesie). Dies ist ein unterbewusster Schutzmechanismus und kann nicht bewusst herbeigeführt werden.

So kann man sich das vorstellen:
Wenn wir Menschen in eine Traumatische Situation kommen, bleibt uns entweder kämpfen oder flüchten. Wenn beides nicht geht, weil man bspw. gefesselt ist, bleibt einem nur noch die flucht in die Psyche. Man erstarrt und nimmt nicht mehr bewusst wahr. Das Unterbewusstsein aber, nimmt alles auf.

Nun haben wir einmal den EP (Emotionaler Persönlichkeitsanteil mit Trauma Erinnerungen und dessen Gefühlen) und einmal den ANP (Anscheinend normale Persönlichkeit, ohne erinnerung an das Traumata). Wenn dieses Trauma sich nicht integrieren lässt, kann sich in der Zukunft Eine Posttraumatische Belastungsstörung herausbilden. Dort kommen dann Später mehrere Sympome hinzu wie z.b.

  • Flashbacks
  • Depersonalisation / Derealisation
  • Alpträume
  • Anspannung
  • Hohe Erschreckbarkeit
  • Vermeidungsverhalten
  • ggf. visuelle und akkustische Halluzinationen

BSP:

Das Opfer wurde in der nähe eines Bauernhofes in einem Stall vergewaltigt. Jedes mal wenn sie nun den Typischen Geruch eines Bauernhofes riecht, bekommt sie Flashbacks (Blitzerinnerungen = Man fühlt sich wieder wie im Trauma und durchlebt das ganze nochmal psychisch). Oder sie fängt an zu dissoziieren = Depersonalisation und Derealisation.


Ich hoffe ich konnte dir ein wenig weiterhelfen


LG
Stevengrey



Man kann sicherlich schlimme Dinge, die einem widerfahren sind, über einen gewissen Zeitraum verdrängen. Mein Lieblings-Autor vergleicht das mit "in einer Kiste einsperren und in den tiefsten Brunnen der Seele werfen". Das Problem ist, dass keine Kisteauf Dauer dicht bleibt und - um bei dem Bild zu bleiben - im Wasser nach und nach verrottet. Dann kommen die Erinnerungen hoch und vergiften den Brunnen.

Ich empfehle daher dringend, sich den Erinnerungen zu stellen - und zwar unter fachlicher Begleitung. Das tut weh, das geht so tief, das reißt vieles auf. Wie bei einer schlecht versorgten tiefen Fleischwunde. Da muss man manchmal auch alles wieder aufschneiden, den Dreck rausholen, spülen, versorgen und wieder zunähen. Aber erst danach kann überhaupt eine Art Heilung einsetzen. Es bleiben lebenslang Narben, und die schmerzen möglicherweise noch, aber irgendwann ist es nur noch ein Jucken.

Die Gefahr einer dauerhaften psychischen Erkrankung ist bei weiteren Verdrängungsversuchen enorm hoch. Und die Lebensqualität ist massivst herabgesetzt, weil ein normales Funktionieren nach und nach nicht mehr möglich ist.