Wie kann man wingtsun ernst nehmen?

5 Antworten

Ich habe vor über 20 Jahren auch mal viele Monate lang eine Wing-Tsun-Schule besucht. Die Trainings waren nie auf Sparrings- oder Wettkämpfe ausgelegt, gleichwohl gehörten Partnerübungen aber immer dazu. Mehrmals im Jahr hatte man die Möglichkeit, in einer anderen Stadt an Prüfungen teilzunehmen, um zum Beispiel in einen höheren Schülergrad oder (für langjährige Experten) in einen höheren Technikergrad aufzusteigen. Der Chef der Organisation nahm meist die Prüfungen ab.

Es wurde betont, dass Wing Tsun eine Kampfkunst ist und kein Kampfsport, Wing Tsun ist zur reinen Selbstverteidigung (auch als Schwächerer) sicher nicht schlecht. Auch Polizisten kamen regelmäßig zum Training, sie machten zusätzlich aber anderswo auch noch richtigen Kampfsport (z. B. damals eher Kickboxen als MMA) Um mich sportlich zu betätigen, bin ich heutzutage froh, zum Boxen gewechselt zu sein.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Du hast dir gerade eines der kontroversesten Systeme überhaupt vorgenommen.

Sagen wir mal so:

Traditionelle Systeme sind oftmals sehr unhandlich, was auf ihre Herkunft zurückgeht. Wenn du dir das chinesische Kung Fu, das auf Jahrhunderte alte Shaolin-Traditionen zurückgeht, sowie japanische Systeme wie Aikido, Jiu Jitsu oder Bujinkan oder daraus extrahierte Subsets wie Karate und Judo anguckst, das auf Samurai- und teilweise Ninja-Traditionen zurückgeht, auch nicht viel jünger, dann hast du überall Techniken drin, die den damaligen Gegebenheiten (Kleidung - auch eine Art Schutzkleidung, Rüstung, wenn man so will -, Kampfstil der Gegner, Waffen, denen man sich ausgesetzt sah...) durchaus gerecht wurden. Heute passt das nicht mehr und man findet dort ein gutes Training für Geist und Körper, traditionellen Hintergrund und Techniken, die, wenn du sie perfekt verstanden hast und auch auf heutige Verhältnisse adaptieren und verändern kannst, sehr mächtig und oftmals überlegen sind, aber schulbuchmäßig erlernt einfach nicht viel taugen.

Wing Tsun bzw. Wing Chun ist ein Ableger aus dem Kung Fu, das auf eine Nonne namens Wing Chun (andere Schreibweise - Wing Tsun ist ein registrierter Markenname eines Verbandes, der dieses System aufgegriffen hat) zurückgehen soll, faktisch geht das moderne Wing Chun aber auf Ip Man zurück. Ip Man war Lehrmeister von Bruce Lee und Bruce Lee hat in Filmen mitgespielt - heißt, der Grundstein für das moderne Wing Chun wurde vor gar nicht mal so langer Vergangenheit gelegt, in einer Zeit, als es schon Kinofilme gab (mal so zur zeitlichen Einordnung - bei den anderen Systemen war man da noch Jahrhunderte von entfernt). Heißt, die Idee, altbewährte, mächtige Techniken etwas zu modernisieren sollte eigentlich gegeben sein. Letztlich sind ja viele Systeme so entstanden, eine der anerkannt besten Selbstverteidigungssysteme, Krav Maga, war ja auch nur eine Rekombination, Anpassung und Modernisierung verschiedener älterer Kampfsysteme, die der Entwickler, Imi Lichtenfeld, damals mal gelernt hatte.

Das Problem bei Wing Tsun ist: Es treiben sich viele Scharlatane in dem System. Wie schon gesagt, Wing Tsun ist ein Markenname und zwar der EWTO (European Wing Tsun Organisation), gegründet von Keith Kernspecht. Und dessen Ruf ist... nicht gut. Und so manch einer, der dieses System in dieser oder einer anderen Schreibweise unterrichtet hat, hat selbst darauf noch einen drauf gesetzt, sodass manche Dojos, Verbände oder Subverbände sogar eine Zeitlang unter Beobachtung der Sektenbeauftragtenstellen in Deutschland standen. Die Verpflichtung zum Kauf teurer Verbandskleidung statt geeigneter Kleidung aus Kampfsport-Shops, erkaufte Graduierungsprüfungen, psychischer Druck und Darstellung als Verräter bei beabsichtigtem Austritt, alles an der Tagesordnung bei einigen Veranstaltern. Natürlich nicht bei allen.

Wenn du, unabhängig von der Schreibweise Wing Tsun, Wing Chun oder noch anders, gute Trainer findest, ist das System durchaus okay, auch zur Verteidigung. Da werden dann auch keine unglaubwürdigen Showtechniken gelehrt, die man in diesen "Bullshido"-Auftritten in Social Media immer mehr sieht. Aber die Suche nach einem guten Trainer ist wohl sowas wie die Suche nach einer Nadel im Heuhaufen.

Von Experte basiswissen bestätigt

Du vergleichst maximal aggressive Sportarten wie MMA oder Thaiboxen mit WT. Die Sportarten sind letztlich auf Angriff ausgelegt. Wenn du Spaß an so etwas hast ist das okay. Ich stimme dir zu, dass jemand, der WT trainiert sich im offenen Kampf schwer gegen einen trainierten MMA-Kämpfer behaupten wird, aber das ist und bleibt nicht der Zweck. Sich mit Leuten zu prügeln, die gelernte Angriffstechniken aus den entsprechenden Sportarten einsetzen ist nicht das Ziel.

Ich trainiere WT und bin froh darum. Ich musste es beruflich durchaus schon des öfteren einsetzen und ich hätte schwere Probleme, wenn ich dort die Dinge so regeln würde, wie es beim MMA gewünscht wäre.

Die Polizei trainiert zum Beispiel nicht umsonst mit großem Schwerpunkt WT.

Letztendlich weiß ich nicht, wie oft du dich so da "draußen" prügelst. Ich habe gelernt solchen Situationen aus dem Weg zu gehen.


Iamherecomeon 
Beitragsersteller
 01.06.2024, 14:05

Nur weil du MMA machst, heißt es nicht dass du die Dinge auch auf MMA art regeln musst. Ich bin Variable und ein gelassener Mensch. Und deine Vermutung dass ich mich nur prügle ist falsch. In MMA, Boxen, Ringen, K1, Muay Thai ect. lernst du echten Kampfsport, aber bei WT MEINER MEINUNG NICHT.

Es geht um Selbstverteidigung, da sollte man sich auch mal prügeln können, um eine Auseinandersetzung zu gewinnen oder aus schwierigkeiten raus zu kommen. Aber WT SCHAFFST DU das nicht, das ist ein Fakt mein lieber.

Polizisten können nicht kämpfen, viele machen in Ihrer Freizeit richtigen Kampfsport, aber in der Polizeilichen Ausbildung lernst du keine richtige selbstverteidigung, außer mit Waffen.

Mir geht es darum, dass jeder wissen sollte, dass WT nutzlos ist, wenn es dir spaß macht, dann mach es.

1
Siebenzwerge123  01.06.2024, 14:23
@Iamherecomeon

Mache ich. Und ich habe ebenfalls schon Taekwondo, Kickboxen und Judo gemacht. Ich halte WT überhaupt nicht für sinnlos. Für mich war es schon sehr hilfreich. Zumal ich bei meinem Job Schwierigkeiten nicht immer aus dem Weg gehen kann. Aber ich schätze, wir haben da einfach unterschiedliche Meinungen.

1

Ich halt WT auch größtenteils für Blödsinn, allein diese Kettenfauststöße sind maximal lächerlich, wenn du damit ankommst, hast du direkt paar Harken sitzen, auch sind viele WT Schulen einfach nur Abzocke, ähnlich wie Krav Maga

Mit MMA, Thaiboxen oder Boxen oder sowas wie Ringen kommt man da deutlich weiter


Iamherecomeon 
Beitragsersteller
 01.06.2024, 13:36

Ganz deiner Meinung!

0

Wing Tsun ist halt eine Kampfkunst, und kein Kampfsport, halte davon selber nicht viel, in nem Sparring mit richtigen Kampfsport Richtungen hat Wingtsun Meiner Meinung nach keine Chance.