Wie ist es in allen Bereichen gleich hochbegabt zu sein?

2 Antworten

Es gibt eine allgemeine Hochbegabung. Wohlgemerkt: Hochbegabung, nicht Hochleistung!

Das bedeutet, dass man das POTENZIAL hat, schnell und effizient zu denken, gut logisch zu denken, ggf. auch, sich besonders viel zu merken.

Man kann durch einen IQ-Test Tendenzen erkennen, wo dieses Denken besonders gut angelegt ist. Man kann auch mit einer allgemeinen Hochbegabung bestimmte Interessen intensiv pflegen und dadurch ein sehr gutes Wissen und eine sehr gute Intuition in diesen Bereichen ausbilden.

Aber: Allgemein Hochbegabung ist erst mal nur ein Potenzial und wenn bestimmte Bereiche nicht gelernt werden, wird man dort auch keine hervorragende Leistung bringen.

Es ist etwas anderes als bspw. eine isolierte mathematische Begabung bei "durchschnittlichem" IQ. Eine allgemeine Hb ist breiter angelegt, aber erst mal eher unspezifisch. Eine isolierte Begabung kann sehr spezifisch sein.

Es kann auch sein, dass man mit einer allgemeinen Hb besonders hohe Werte in bestimmten Unterbereichen hat, bspw. dem Gedächtnis oder dem logischen oder dem räumlichen Denken. Das Gegenteil kommt auch vor - allgemeine Hb, aber Defizite im logischen Denken, im Arbeitsgedächtnis oder im räumlichen Denken.

Wichtig ist, dass beides, die Teilbegabung und die allgemeine Hochbegabung, auch die überdurchschnittliche Begabung (IQ zwischen 120 und 129) erst mal NUR ein Potenzial sind. Bestimmte Dinge fallen einem leichter. Für überdurchschnittliche Leistung muss man sich mit einem Thema länger und intensiver befassen. Bei Begabten kann es vorkommen, dass sie das eher nebenbei, fast unbewusst, aus großem Interesse tun, also nicht bewusst "lernen". Dieses Nebnebeilernen bringt ihnen dann einen großen Vorteil in der Schule (oder auch Nachteil, wenn vieles für sie einfach logisch ist, einfach auf der Hand liegt und dann im Unterricht sehr langsam erarbeitet wird).

Vergleichen könnte man das vielleicht mit unterschiedlichen Altersstufen bei Kindern. Ein 6jähriger kann normalerweise mehr als ein Dreijähriger, er versteht vieles schneller, kann mehr behalten, kann neue Themen schneller mit bekannten Themen verbinden, neue Aufgaben (Schule) schneller lösen. Trotzdem kann der Dreijährige in Einzelfällen mehr über bestimmte Themen wissen. Bspw. mehr Automarken kennen, wenn das den 6jährigen nicht interessiert. Der 6jährige kennt viel mehr Wörter, kann flüssiger sprechen, kann schneller lesen lernen, kann beim Lesen mehr aufnehmen.

Trotzdem kann ein Dreijähriger, der sehr gefördert wurde, ihn in einigen Bereichen übertreffen. Es fällt dem Dreijährigen aber erst mal schwerer.

Beim Hochbegabten ist es genauso: Es fällt ihm leichter, zu denken, Zusammenhänge zu finden, Ideen zu bilden, ggf. auch, sich zu erinnern, aber wenn er das Potenzial nicht ausnutzt, kann ihn ein fleißiger, motivierter durchschnittlich Begabter in einigen oder allen Bereichen überflügeln.

So rieisg ist der Vorsprung auch nicht - da reden wir dann von Spezialbegabungen oder Höchstbegabungen - aber es kann vorkommen, dass der Hochbegabte sich unter lauter mäßig motivierten durchschnittlich Begabten immer ausgebremst vorkommt, sich öfter fragt "warum verstehen die das denn nicht, das liegt doch auf der Hand". Allerdings, ja, kann das auch einem sehr gebildeten durchschnittlich Begabten passieren, dem Hochbegabten passierte es aber eher einfach so, ohne besonderes Interesse am Thema.

Es gibt Menschen, die in vielem stark sind. Das sind Hoch- oder Höchstbegabte, die von Anfang an sehr motiviert waren, neugierig, kontinuierlich gefördert wurden und sich sehr früh auch selbst gefördert haben, gefragt und diskutiert, recherchiert, gelesen , Dokus geschaut, Dinge ausprobiert und immer stärker verbessert haben.

Hier ist eine Doku über eine Hochbegabte, die wohl ziemlich breit begabt bzw. interessiert ist. Man sieht aber an der Musik: Ohne Üben wäre sie da auch nicht weitergekommen, aber die Motivation zum Üben war ggf. von Anfang an höher als bei anderen Schülern.

https://www.youtube.com/watch?v=ufGBDryGa50


alterzapp  11.04.2024, 22:28

Ich denke deine Beschreibung ist schon wirklich gut, aber der Vergleich hinkt etwas. Es ist nicht wie bei einem Altersunterschied, sondern es sind teils ganz andere Dimensionen in denen man denkt. Das hat nichts mit erlerntem Wissen oder über die Jahre erlernte Lern- oder Denkweisen zu tun. Das hat mehr mit der Denkweise an sich und vor allem mit der Aufnahme und dem Zusammenfügen von Informationen zu tun. Vielleicht ist es ein bisschen mehr wie zwischen einem Delphin und einem Menschen beim Schwimmen. Der eine braucht nicht darüber nachzudenken und es nicht lernen, der andere kann es zwar erlernen, aber dennoch nie wie ein Delphin schwimmen, da Schwimmen nicht zu seinen Urinstinkten gehört. Aber vielleicht ist das auch nur bei Höchstbegabung so.

Naja, aber es gilt dann für ziemlich viele Bereiche…🙋‍♂️

hildemathilde 
Beitragsersteller
 13.04.2024, 11:51

Hast paar Quellen Empfehlungen, um mehr dazu zu lesen?

Eine Stärke ist nicht gleich eine (Teil-) Hochbegabung sondern erstmal nur eine Stärke. Ob man hochbegabt ist oder nicht, ergibt sich daraus, wie man mit dieser Stärke im Vergleich zum Rest der Bevölkerung abschneidet. Von einer Hochbegabung spricht man, wenn man in den top zwei Prozent liegt.

Auch hochbegabte Menschen haben Stärken und Schwächen. Von einer Hochbegabung spricht man, wenn das Gesamtergebnis aus allen Intelligenzfaktoren in den obersten zwei Prozent der Bevölkerung liegt. Man kann also ein Stück weit ausgleichen, wenn man in einem Bereich etwas schwächer ist als in einem anderen. Allerdings darf man sich da nicht in die Irre führen lassen. Ein "schwächerer" Intelligenzfaktor bei einem Hochbegabten ist meistens immer noch in den top 5 oder 10 Prozent der Bevölkerung. Es ist aber niemand in allen Bereichen "gleich hochbegabt", die meisten Hochbegabten sind aber in allen Bereichen, die unser Intelligenzbegriff abdeckt, weit überdurchschnittlich fähig.

Wie ist das also, wenn man hochbegabt ist und in allen Intelligenzfaktoren zu den Top Performern zählt? Als Betroffener kann ich grundsätzlich gut damit leben. Was mich jedoch in meiner Jugend etwas belastet hat, war die Tatsache, dass ich mir schwer tat, einen Beruf auszuwählen. Man kann als Hochbegabter nicht einfach so auf ein Stärken-Schwächen-Profil zurückgreifen, um sich für einen Beruf zu entscheiden, weil man ja im Vergleich zu anderen auf der kognitiven Ebene überall Stärken hat. Natürlich eignet man sich dadurch auch für viele Berufe und hat dementsprechend die Qual der Wahl und muss aufgrund von anderen Kriterien die Wahl treffen. Da ich in meiner Familie der erste bin, der studiert hat, war damit natürlich viel Neuland und Unsicherheit verbunden.


hildemathilde 
Beitragsersteller
 15.04.2024, 16:19

Danke für den Einblick. Wie hast du dich dann für ein Studienbereich/ Beruf entschieden?

Avicenna89  16.04.2024, 09:30
@hildemathilde

Lange Geschichte. Auf der Realschule habe ich mich zuerst für den wirtschaftlichen Zug entschieden, den meine erste Realschule anbot. Nach einem Wohnortwechsel war ich "gezwungen", auf Technik zu switchen. Da ich zu jener Zeit mal Polizeikommissar werden wollte, habe ich nach dem Realschulabschluss mein Abitur an einem beruflichen Gymnasium (BaWü) gemacht. Leistungskurs war hier wieder Wirtschaft. Gegen Ende der Oberstufe wusste ich, dass ich zwar nun viel Ahnung von Wirtschaft hatte, aber keine Lust darauf hatte, meinen Lebtag was damit zu machen. Parallel zur Polizeibewerbung lief auch eine Bewerbung für ein duales Studium in Maschinenbau. Die Ausbildungsfirma war mit ihrer Zusage schneller als die Polizei. Folglich bin ich in einem technischen Studium gelandet. Mit dem Zugang zu interessanten Ergebnissen und interessanter Literatur kam dann am Ende noch ein Studium in Materialphysik hinzu.

Also letztlich 'ne Mischung aus Entscheidungen, was ich nicht machen will und der Entscheidungsfreude anderer. Aber inzwischen glaube ich, dass das ganz gut zu meinen Neigungen passt. Ich war immer schon ein Legokind und habe immer gern getüftelt.