Wie handhabt der Islam das mit dem freien Willen?

10 Antworten

Das Problem ist keines, was nur der Islam hat. Es besteht auch für andere Religionen.

Du hast also den allwissenden und allmächtigen Gott. Wie auch immer nun benannt. Du hast den vermeintlich (?) freien Willen der Menschen. Du hast das Weichen stellen und eingreifen Gottes.

Du kannst alles auf zwei Arten in Einklang bringen. Entweder ist alles zu 100 Prozent so gewollt. Eine Art absurdes Spiel und eine Illusion der Freiheit. Das bedeutet aber dass die Allmacht auch das Böse einschließt. Dass das Böse genau so gewollt ist. Schließlich hat Gott durch seine weichenstellerei und sein NICHT eingreifen auch das Böse aufgebürdet.

Die zweite Variante ist es, Gott einen Teil seiner Allmacht zu nehmen.

Wie kann das funktionieren? Eine erste Frage ist die Zeit. Ist Gott auch an die Zeit gebunden oder nicht? Kann Gott zwar allwissend sein bezogen auf das hier und jetzt aber weder in die Zukunft reisen noch sie zu 10 Prozent vorher sehen?

Beim Christentum bzw. Der Geschichte der Sintflut sieht man jedenfalls dass Gott erzürnt ist über seine Schöpfung. Dass er nicht vollständig alles vorher sehen kann und stets so beeinflusst, dass es ihn nicht erzürnt. Ist das ein Hinweis, dass Gott an die Zeit gebunden ist?

Magst du Hollywood Filme? Beispielsweise Dr. Strange. Da kämpft er mit Magie gegen ein Wesen aus einer anderen Dimension. Ein Wesen, dass keine Zeit kennt. Mit einem Trick (einer Zeitschleife) nimmt er ihm einen Teil der Macht. Das ist aus philosophischer Sicht ein spannendes Thema. Kann man ein allmächtiges und allwissendes Wesen so austricksen? Wieso hat es das nicht kommen sehen? Wieso nicht vorgesorgt oder nachträglich die Vergangenheit verändert? Will es nicht gewinnen oder kann es nicht gewinnen?

Will Gott nicht die Zeitlinien so manipulieren, dass es ideal läuft? Hat Gott das längst getan und wir leben im einer defekten und für ihn uninteressanten zeitlinie, die Gott aufgegeben hat oder kann Gott nur "das beste hoffen"?


Wie im Christentum so auch im Islam (und bei den meisten Menschen generell) wird der Begriff 'Allwissen' missinterpretiert.

Dieser besagt nicht, dass Gott in die Zukunft sehen kann und die Ergebnisse bereits kennt, sondern besagt, dass All-es an vorhandenem und gegebenem Wissen aus allen Leben und Universen in Gott sich befindet...

Gott kennt zwar den Menschen, aber nicht die Entscheidungen eines Menschen im Voraus, geschweige denn den Zeitraum, den ein Mensch benötigt, um wieder zu Gott zurückkehren zu können...

Ob ein Mensch (eine Seele) zu Gott zurückkehrt, obliegt ganz allein an den Entscheidungen, an der Wahl, am Freien Willen desjenigen, die immer wieder, von heute auf morgen, verändert, abgerändert werden können. Zudem weiß Gott auch nicht, wieviele Inkarnationen eine Seele benötigt, um so gut wie all ihre Lernaufgaben und Lernprozesse erledigt und die karnsichen Verflechtungen aufgelöst zu haben...

und vor allem nicht, ob sie (die Seele) alles erledigen wird und ob sie Gott treu bleibt / wird, oder Satan sich anschließt...

etc. pp...

Gruß Fantho

Allah gilt ja als allwissend, er kennt also alle Entscheidungen die ein Mensch in seinem Leben treffen wird bereits bevor er diese trifft, das schliesst doch einen freien Willen aus oder nicht?

Der Mensch zeichnet sich dadurch aus dass Allah ihm einen freien Willen gegeben hat.

Der freie Wille des Menschen unterstellt sich in den Islamischen Wissenschaften in die Kategorie der Einzigkeit in der Herrschaft Allah's, sowie in die Kategorie der Einzigkeit in den Namen und Eigenschaften Allah's.

Sprich: Allah ist derjenige der herrscht, leitet und erschafft und nur Allah sind die Eigenschaften wie Allwissenheit, Allmacht etc. zuzusprechen.

Diese zwei Punkte sind wichtig zu verstehen für die gestellte Frage.

Bitte aufmerksam zuende lesen.

Neben der Vorherbestimmung gibt es das sogenannte "geschlossene Urteil" von Allah.

1. Die Vorherbestimmung

In der Vorherbestimmung weiß Allah was er erschafft, wie er es erschafft, was das was er erschafft tun wird, was es nicht tun wird und wenn er sich für einen anderen Weg entschieden hätte, wie dieser Ausgegangen wäre.

Wenn Allah also einen Menschen erschafft, weiß er also schon vorher, wie du selber richtig gesagt hast, ob dieser Mensch in die Hölle oder den Himmel gehen wird.

2. Das geschlossene Urteil

Das geschlossene Urteil von Allah sind Dinge und Begebenheiten die nicht aus dem Bewusstsein des Menschen agieren und nicht verändert werden können vom Menschen.

Ein Beispiel hierfür ist die Herkunft/Nationalität eines Menschen.

Menschen kennen und können die Handlungen Unterscheiden die wir freiwillig ausführen und die wir nicht freiwillig ausführen, wie zum Beispiel das drehen im Schlaf nach links und rechts.

Allah sagt hierzu in Sure 18 Vers 18

Du meinst, sie seien wach, obwohl sie schlafen. Und Wir drehen sie nach rechts und nach links um, während ihr Hund seine Vorderbeine im Vorraum ausstreckt. ..."

Zwar begeht der Mensch die Handlung des drehen im Schlaf, jedoch bezieht Allah die Ausführung der Handlung auf sich selbst zurück.

Anderes Beispiel. Jemand fährt Schlittschuh rutscht aus und fällt hin. Diese Person fuhr bewusst aus seinem Willen Schlittschuh, der Sturz jedoch geschah nicht aufgrundessen weil er es wollte. Somit kennt also jeder den Unterschied von Handlungen die wir freiwillig ausführen und die wir nicht freiwillig ausführen.

Die Annahme dass die Vorherbestimmung oder das geschlossene Urteil von Allah den freien Willen eines Menschen negiert ist daher so nicht richtig. Allah hat für die Person X den Weg bestimmt, denn der Mensch selber wählen wird, sobald er erschaffen wird, das beinhaltet demnach jede Handlung die aus dem freien Willen eines Menschen bewusst ausgeübt wird.

Sure 18 Vers 29

Und sag: (Es ist) die Wahrheit von eurem Herrn. Wer nun will, der soll glauben, und wer will, der soll ungläubig sein. ..."

Somit verlässt die Entscheidung eines Mörders einen anderen Menschen zu töten

1. Nicht den Rahmen der Einigzigkeit Allah's in seiner Herrschaft und nicht den Rahmen seiner Einzigkeit in seinen Namen und Eigenschaften.

2. und geht aus dem freien Willen des Mörders aus, aus der er seine Handlung bewusst ausführt.

Allah hat ihn ja schon von vorne herein Verboten zu töten, jedoch tut er es trotzdem.

Ein abschließendes Beispiel.

Jemand fährt mit dem Auto und kommt an eine Kreuzung an. Links ist ein Weg und rechts ist ein Weg.

Der Linke Weg ist eine gutbebaute Straße während der rechte Weg ein kleiner, schmaler Waldweg ist der mit Bäumen zugewachsen ist und kaum Platz bietet.

Die Person trifft jetzt die Entscheidung den linken gut ausgebauten Weg nicht zunehmen und nimmt den engen schmalen unsicheren Waldweg.

Was ihn auf diesem Waldweg passiert, enstammt somit nicht aus seinem Willen, jedoch ist es die Auswirkung seiner eigenen Entscheidungen diesen Weg gewählt zu haben.

Somit ist der Wesentliche und Entscheidende Punkt der, dass die Vorherbestimmung von Allah erst dann erkannt und klar wird, wenn sie eintrifft. Der Mensch ist nicht Alwissend und kennt seine Zukunft nicht, er hat den Leitfaden, den Koran, in dem er lesen kann was gut und was schlecht ist.

Glaubt er von vorn herein daran, dass sein Ende in der Hölle ist, um gegebenenfalls seine Faulheit, seinen Hochmut für seine Sünden zu verschleiern, oder sich für das was er tut und nicht tut rechtzufertigen so sagen wir ihn, warum gehst du nicht davon aus dass du zu den Paradiesbewohnern gehörst und hälst dich einfach an den Leitfaden und bist somit auf der sicheren Seite?

Somit ist es klar das jeder Mensch einen freien Willen hat, unabhängig davon ob Allah die Vorherbestimmung des Menschen, was er tut, nicht tut, tun wird oder getan hätte, kennt.

Schlussendlich ist es somit für jeden Menschen irrelevant ob Allah seine Zukunft kennt und er selber sie nicht kennt. Die Aufgabe ist nur zu "dienen" und sich an den Leitfaden zu halten. Daher ist die Ausrede "Allah wollte das ich in die Hölle gehe" eine Ausrede und in diesem Kontext falsch.

Das Problem hat jede Religion mit einem allwissenden Gott

Klar theoretisch könnten sie jede mögliche Entwicklung und enEntscheidung wissen, quasi zehntausende Pfade, die ein jeder gehen kann

Aber ich persönlich habe deshalb noch nie kapiert wieso der Christl Gott Adam und Eva aus dem Paradis geworfen hat. Sie hatten ja nen freien Willen und Gott als allwissendes Wese musste ja wissen, dass sie sich so entscheiden könnten, weil es ihr freier Wille ist sich gegen Gottes Wunsch zu richten.

Als Kind dachte ich mir schon: dann hätte er keinem freien Willen vergeben sollen, wenn deren Entscheidungen ihm dann nicht passen und er nur deine Meinung toleriert..

Solche Paradoxa treten in allen Religionen auf, die einen allwissenden, allmächtigen "Supergott" kennen.

Warum? Ganz einfach: weil es in der Natur keine Allmacht und keine Allwissenheit gibt. Wir können uns solche Konzepte allenfalls theoretisch vorstellen, aber in der Praxis führen sie alle Religionen, in denen sie vorkommen, ad absurdum.

Führt man die resultierenden Gedankengänge ganz zu Ende, gelangt man an eine Weggabelung, bei der man eine Entscheidung treffen muss: ist Gott allmächtig und allwissend, aber nicht gutherzig? Oder ist er gutherzig, aber nicht allwissend und allmächtig?

Keines dieser Gottesbilder ist mit den abrahamitischen Religionen vereinbar.