Wie genau funktioniert eine Traktion von zwei Lokomotiven?

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Bei Dampfloks ist es irgendwie einfacher, weil im Prinzip jede Lok mit jeder zusammen arbeiten kann, aber eigentlich wesentlich komplexer, da zwei Lokführer so eingespielt sein müssen, dass beide Loks ihre benötigte Leistung auf die Schiene bringen, gleichzeigtig aber bei keiner die Räder durchdrehen... Deshalb nennt man das bei Dampfloks auch nicht Doppeltraktion (wenn beide Fahrzeuge von einem Führerstand gesteuert werden) sondern Fahren mit Vorspannlok (Fahren mit Vorspann, bzw häufiger Schiebeloks, die steuerungstechnisch nicht gekuppelt werden, gibt es auch heute noch auf Steileren Strecken, wo regelmäßig Güterzüge fahren)

Bei Diesel- und Elektroloks ist es dahingehend einfacher, dass der Lokführer beide Fahrzeuge wie eines steuern kann. Wichtig dazu ist natürlich, dass überhaupt die entsprechenden Rechner vorhanden und kompatibel sind. Die Kabelverbindungen (UIC-Steuerleitungen, bei Reisezügen, z.B. im alten Intercity sind die gut zu sehen, das sind sie Kabel, die im Übergang zwischen den Wagen hängen) sind genormt und auch die Übertragungsstandarts (Zeitmultiplexe Wendezug- bzw. - Doppeltraktionssteuerung) sind in der Regel ebenfalls einheitlich, und besteht nicht aus Übertragung z.B. einzelner Fahrstufen (wie es ganz früher üblich war, was natürlich ein baugleiches Schaltwerk also gleiche Baureihen voraussetzte) sondern aus Übertragung eines Zugkraft-/ dynamischen Bremskraft- Sollwertes (Die Druckluftbremse wird ohnehin über die Hauptluftleitung nur vom Bremsventil des führenden Fahrzeugs gesteuert, das ist beim Fahren mit Vorspann auch nicht anders), und das geführte Fahrzeug regelt Fahrstufen/Frequenz/Dieselmotordrehzahl so, dass der geforderte Zugkraftwert erreicht wird.
Die Theorie ist das eine, technisch möglich dürfte es zwischen vielen Baureihen sein, praktisch spielt die Frage eine Rolle, ob es auch zugelassen ist, und dazu muss es erprobt werden. Baureihengleich ist das in der Regel schon bei der Zulassung der Baureihe mit vorgesehen, zwischen verschiedenen Baureihen muss es natürlich erstmal von dem EVU angestoßen werden, das da gemischte Kombinationen miteinander fahren lassen will (z.B. bei MEG mit 143/155/156)
Das gleiche gilt übrigens auch für Wendezugsteuerungen, deshalb kann eine 245 zwar Nahverkehrs-Doppelstockzüge mit dem Steuerwagen voran schieben, beim Intercity (z.B. auf der IC Linie 51 auf dem Abschnitt zwischen Gotha und Gera) muss sie vor den Steuerwagen gekuppelt werden und ziehen, da die Steuerung vom Führerstand des Steuerwagens zwar möglich aber nicht zulässig wäre

Je nach Antrieb: Diesel-Elektrisch, Diesel-Hydraulisch, Elektro zieht die Lok mit der Kraft, die der Antrieb freigibt. Ziehen 2 Loks, zieht es in Summe mehr. Ist die gewünschte Geschwindigkeit erreicht, wird halt nicht mehr gezogen.
Bei der Dampflok geschah das manuell und jeder Lokführer hat zunächst die maximale Kraft freigesetzt. Verständigung über Pfeifsignale. Bei Diesel und Elektro geht das ja über eine gemeinsame Steuerung, wäre aber auch hier manuell mit 2 Lokführern möglich.

Beim bremsen ist die Bremskraft um ein Vielfaches höher, als die Zugkraft. Die Bremse wird nur aus dem vorderen Steuerrad bedient.

Woher ich das weiß:Hobby

Jede Lok ist fähig Doppeltraktion zu fahren, aber nicht jede lässt sich vielfachsteuern von einem Füherstand aus.

Siehe Rhätishce Bahn, vor ein paar Tagen:

ᐅ Längster Zug der Welt » Fast 2 Km! Weltrekord in der Schweiz! (bahndampf.de)

So konnten nur 4 Fahrzeuge von einem Führerstand aus ferngesteueret werden, und nun waren auf dem Zug 7 Lokführer verteilt, die die 4 er Gruppen steuerten und mittels Feldtelefon sich absprachen.

Die alte VST IIId der Schweizer Bahnen liess viele verschiedene Fahrzeuge zu, die gemischt miteinander verkehren konnten, bis 20 Fahrmotoren, was durchaus auch genutzt wurde:

Hier ein Bild einer Re 20/20
2 Re 6/6 und 2 Re 4/4 in Vierfachtraktion vom vordersten Führerstand ferngesteuert:

https://flic.kr/p/Aw8MB6

Oder hier eine Re4/4 der BLS und eine moderne Re 465, die ebenfalls von einem Führerstand gesteuert wurden:

https://www.flickr.com/gp/r_walther/47gp9PU0op

https://flic.kr/p/r5YgET

Ind der Schweiz, mit den langen und straken Steigungen war Doppeltraktion immer eine Normalität. auch auf Neubaustrecken.

https://flic.kr/p/GrDyyX

Und auch heute noch verkehren die langen ICs der West-Ost Tranversale mit Lok vorne und hinten:

https://flic.kr/p/2kkzLvR

Und das nicht als Ausnahme, sondern tagtäglich und planmässig:

Kannst hier mal suchen:

Reisezüge der Schweiz (reisezuege.ch)

das wichtigste ist, die Traktion beider Loks so zu regeln, daß keine der beiden durchdreht und beim Bremsen keine blockiert. Das ist technisch schon lange kein Problem mehr.