Was waren die lustigsten Laborunfälle in eurem Chemiestudium?
Die Frage sagt eigentlich alles. Wer kann Anekdoten von lustigen (kleineren oder größeren) Laborunfällen erzählen? Unfälle mit gröberem Personenschaden (jenseits von ein paar Blutspritzern und maximal einer ambulanten Behandlung) sind nicht zugelassen.
Ich mach mal gleich den Anfang: Eine Kollegin (Mikrobiologin und panisch) sollte Phenolphthalein herstelllen. Eigentlich eine narrensichere Geschichte (Phenol und Phthalsäureanhydrid zusammenschmelzen), aber ihre Ausbeute lag bei ≈1%, weil sich der ganze Ansatz in einen graubraunen Schlackeknödel verwandelt hatte (Kommentar vom spitzzüngigen Kollegen: „Sieht aus wie ein mumifiziertes Hundstrümmerl“). Naja, kann passieren, Punkteabzug und Schwamm drüber.
Zwei Wochen später klärt sich die Frage nach der schlechten Ausbeute. Ein Kollege am Nachbartisch muß Ammoniak in seinen Kolben einleiten und pfuscht bei der Dichtung. Es stinkt. Die Kollegin errötet. Flächendeckend. Am ganzen Mantel. Und sekundär dann auch im Gesicht.
9 Antworten
Wohl ein Evergreen, die nicht-beschriftete Lösungsmittelflasche: Ein Kollege war sich sicher, die Bromreste in der Methanolbuddel entsorgt zu haben, hat aber tatsächlcih die Acetonflasche erwischt - und alle in der Box haben sich über rote Äuglein gewundert bis endlich jemandem der zappelnde Schliff auf der Flasche auffiel...
Einem Kumpel ist die Fritte bei der Nickelfällung mal aus dem Gucoring gerutscht, weil er einfach der Pumpe das Wasser abdrehte und der Druck zurückschlug: die Fritte rollte über den Tisch, dabei eine rote Schleimspur hinter sich herziehend, über den Rand und zerschellte auf dem Boden. Peterle kehrte alles zusammen (inklusive toter Fliegen und Wollmäusen), wog die Reste aus und gab das Analyseergebnis ab bevor der Assi eine neue Probe austeilen konnte: eine Abweichung von weniger als 1% - volle Punktzahl!
Und nicht zu vergessen unser (leider verlorengegangenes) Labormaskottchen: eine Schutzbrille mit einem Glassplitter von einem implodierten Exsiccator im "Glas", der etwa 2 mm vorm Augapfel zum Halten kam...
Sowas ist mir selbst auch mal passiert. Mir ist nach der fraktionierenden Destillation der Kolben mit dem reinen Cyclohexen runtergefallen, weil der Kolben an der Spinne festklemmte. Das bisschen, was ich noch retten konnte (der Rest war im Abzug und an mir dran), hab ich auf Reinheit prüfen lassen - ich hatte gerade so die verlangte Ausbeute und den perfekten Brechungsindex. Ich hätte den Versuch nicht wiederholen dürfen.
Danke für diese "Frage"!
Zwei Wochen später klärt sich die Frage nach der schlechten Ausbeute. Ein Kollege am Nachbartisch muß Ammoniak in seinen Kolben einleiten und pfuscht bei der Dichtung. Es stinkt. Die Kollegin errötet. Flächendeckend. Am ganzen Mantel. Und sekundär dann auch im Gesicht.
Bei uns wird im ersten OC-Praktikum standardmäßig Fluorescein synthetisiert. Anschließend wird dann alles und jeder mit einer UV-Lampe kontrolliert, um zu zeigen wie schlampig alle arbeiten.
Als ein Grignard gekocht werden sollte, hatte eine Person das Anspringen des Grignards nicht abgewartet. Da die Abzugskollegen ja schon bei der weiteren Zugabe waren, hat sie dies auch gemacht. Beim Hochheizen hat sich der Grignard dann durch den Rückflusskühler nach oben "blitzevakuiert".
Beim Kochen von e-Caprolactam hat eine Studentin das Skript nicht so genau gelesen. Statt das Edukt langsam (gelöst in H2SO4) in heiße H2SO4 zu tropfen, hat sie das Edukt mit H2SO4 hochgeheizt. Obwohl im Skript eine entsprechende Warnung stand. Die Apparatur wurde dann bei etwa 60 °C zu einer H2SO4 Fontäne.
Es soll auch schon öfters vorgekommen sein, dass sich Leute aus Versehen eine Kanüle oder Glaspipette durch die Handfläche hindurch (!) gestochen haben.
Oh ja, ausgezogene Kanülen zum Wasserstoffnachweis bohren sich beim Rückschlag der Flamme ins RG recht tief ins Holz des Abzugs... ;)))
Ich glaube, ich gebe noch einen zum Besten. Ist eine längere Geschichte, aber sie lohnt sich.
Im Analytik-Labor „Quanti“, also hauptsächlich Titrationen. Einer der Assistenten fiel in jedem Jahrgang unangenehm auf, weil er immer versuchte, die Studentinnen anzugraben, mit extrem schlechter Ausbeute wegen schrägen Charakters. Im Jahrgang nach mir gab es eine Gruppe von Studentinnen, die einen Abwehrplan entwickelten.
Eine der Aufgaben bestand darin, irgendetwas mit Iodat zu titrieren; am Ende der Titration sollte dann das überlebende Iodat einen Farbstoff (Methylenblau) irreversibel oxidieren, man erwartet also einen Farbumschlag von Blau nach Farblos.
Die Studentinnen besorgten sich kreativ H₂O₂, Malonsäure, Iodat und Stärke und ersetzten einfach die Probelösung durch ein Belousov–Zhabotinskij-Reaktionsgemisch, also eine oszillierende Reaktion, die zwischen Blau und Farblos hin- und herpendelt. Da die Reaktionsmischung selbst Iodat enthält, reagiert sie tolerant aus Zutropfen von ein bißchen der Maßlösung.
Dann lief die blondeste aus der Truppe zum Assi und erklärte unter Tränen, daß sie den Umschlag der Titration „nicht finden“ könnte. Dankbar für ein hilfloses Opfer lief der Assi zum Arbeitsplatz — und staunte.
Nach einiger Zeit kam ihm ein Gedankenblitz: Gönnerisch erklärte er den ihn respektvoll anhimmelndenDamen, es sei ihm eine oszillierende Reaktion bekannt, die so ähnlich aussieht, und wahrscheinlich sei Methylenblau wegen des darin vorkommenden Schwefels (dafuq?) für den Effekt verantwortlich, weil der ja in mehreren Oxidationsstufen vorkommen kann. Von seiner eigenen Theorie überzeugt, lief er dann von Zimmer zu Zimmer, um seinen Kollegen von seinem Durchbruch und dem kommenden Nobelpreis zu erzählen.
Dummerweise hatte aber einer der anderen Assistenten am Tag zuvor die Damen bei der Generalprobe beobachtet (er hatte sich den Kolben mit der blinkenden Flüssigkeit nur aus dem Augenwinken angesehen, Belousov–Zhabotinskij gemurmelt und war weitergegangen). Der zählte natürlich Zwei und Zwei zusammen und klärte den Kollegen auf.
Am nächsten Tag wurde ich Zeuge, wie ein anderer Assistent das Opfer zufällig am Gang traf und nur mitleidvoll bemerkte „Ja Herbert, was machst denn du mit den Studenten, daß sie dir so etwas antun?“
Wunnebaa! ;)))
Apropos Titration: ein Kollege hat nach der großen Knall-Bumm-Vorlesung gut 30 g elementares Iod mit konzentrierter Salpetersäure behandelt... Ein vorbeilatschender Assi fragte: "Na Udo, was machste denn da?" "Ich mache Iodstickstoff!" "Ah, gut - schöne Eigeninitiative..." 15 min später wurde der Abzug von einem hektischen Assi-Aufgebot geräumt und in der Nacht noch sämtliche Schließfächer und Spinde inspiziert, ob nicht etwa Spuren davon zur Seite gebracht wurden...
Braucht man da nicht Ammoniak dazu? I₂+HNO₃ sollte doch Iodsäure oder Periodsäure ergeben.
Mit NI₃ habe ich nie herumgespielt, 30 g sind sicher eine sportliche Menge. Wir hatten einen Assi, der sich eine Synthese von irgendeinem Cyanursäurezeug ausgedacht hat, bei der NCl₃ in stöchiometrischen Mengen anfällt. Nach jedem Ansatz hatte er dann waffentaugliche Mengen Explosivstoff in der Kühlfalle, ausgenommen in den Fällen, in denen das Zeug vorher hochgegangen ist. Alle zwei Jahre bekam er eine neue Inneneinrichtung fürs Labor spendiert.
Das war übrigens derselbe Typ, der alles Platin des Instituts zusammengeschnorrt und zur Elektrosynthese von NH₄ClO₄ eingesetzt hat. Damit hat er dann Raketen gebaut (von der Thermometerhülle bis zur Dokumentenrolle). Und ich habe mit ihm mal Urotropinperoxid gemacht und damit den Laboranten erschreckt. ☺
Mit einer Kleinstmenge NI₃ in Methanol, die großflächig über den Boden geschüttet wurde und danach die Fenster aufgerissen, haben wir uns mal so richtig Ärger eingehandelt: anstatt daß unsere Kollegen von dem graublauen Schimmer auf dem Boden hochghoben wurden mit lila Wölkchen an den Sohlenseiten, ist ein Geschwader Putzfrauen darüber "gestolpert" - und hat geschlossen gekündigt... ;(((
Bei mir blieb die Chromitlösung braun, mit leichtem Anflug von Grün, auch nach Dioxidanzugabe aus einer frisch geöffneten Flasche. Dem entstandenen Cr(VI) war's zu kühl, so daß es mit seinesgleichen kuschelte. Dies hab ich ihm mit Feuer unterm Ar*** ausgetrieben. ;-)
Bei mir im Labor sollte einer Vanillin herstellen. Weiß nicht wie genau seine Synthese gemacht wird, aber auf jeden Fall war das Produkt schon vorhanden. Er hat dann die noch heiße organische Lösung in nen Scheidetrichter gekippt in dem ne wässrig saure Lösung drin war. Er macht dann nen PVC Stopfen drauf. Da die organische Phase noch heiß war ist das ganze irgendwie hochgekocht und hat den Stopfen abgeschossen. Abzug war offen, somit hat sich der ganze Inhalt des Trichters nicht nur im Abzug verteilt. (Ihm ist übrigens nichts gravierendes passiert)
Das beste daran war aber, dass es dann den ganzen Tag im Labor nach Vanille gerochen hat.
Das wirkt auch bei mir. Ich habe gerade Tränen gelacht.
Das erinnert mich an den Kollegen im Jahr vor mir, der das berüchtigte ω-Bromacetophenon kochen mußte. Unter großem Tränenverlust konnte er es umkristallisieren und hat es dann in den Trockenschrank gestellt. Eine Minute später war das Labor leer, der Trockenschrank hat natürlich weitergeheizt, und das Abzugssystem hat es im ganzen Haus verteilt, sogar bis zu den Kristallographen (not amused). Das war ein tragischer Tag für das ganze Gebäude.
Die Geschichte mit den Wollmäusen zeigt wieder mal eindrücklich, daß man besser der Fehlerkompensation als der Arbeitstechnk vertrauen sollte, zumindest im Praktikum.