Was sagt uns das 6. Gebot?

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Hallo Josie528,

in der Zeit, wo dieses Gebot notiert wurde, hatte man sicherlich die Ehe, d.h. eine formale Verpflichtung zweier Menschen, im Sinne einer Gemeinschaft, wo auch Kinder groß werden dürfen, betrachtet. Das mag einer durchaus menschlichen Archaik folgen.

Gleichermaßen implizierten Nachkommen notwendigerweise Sexualität - und diese auch moralistisch auf diesen Zweck gerichtet, was eine eheliche Partnerschaft stabilisieren gekonnt hätte.

Jesus hatte dieses Thema später aufgegriffen, und es ist ein Zitat von ihm überliefert, wo er in etwas sagt, dass jemand, der seine Nachbarin ansehe, mit ihre schon die Ehe gebrochen hätte. Da mag in der Zeit immer noch die Partnerschaft und darin die sexuelle Nähe zueinander bedeutend gewesen sein. Aber Jesus hatte Gott schon damals in Richtung Liebe abstrahiert (und doch die Liebe nicht so recht beschrieben, zumindest nicht überliefert).

Da können wir aber aus einer heutigen Sicht machen und erhalten glaubensunabhängig eine Modellbildung über die Liebe, die von nichts, was wir um uns herum wahrnehmen, abgeleitet ist. Die Liebe bedeutet in dem Sinne u. a. die Einheit zwischen Menschen.

Wir verbinden aus dieser menschlichen Archaik heraus Liebe heute immer noch exklusiv mit Partnerschaft und auch Ehe. Wir können aber aus der Einheit zwischen beliebigen Menschen deren Nähe zueinander als Ausdruck der Einheit ableiten. Dabei mag Sexualität die größte Nähe sein, denn näher geht nicht mehr.

Nehmen wir jetzt einmal an, eine Person folgt im Umfeld von Sexualität eigenen Interessen und Bedürfnissen und instrumentalisiert dabei z.B. eine Nachbarin. Dann wäre die Einheit nicht gegeben - und die Sexualität außerhalb der Liebe.

Wir können jetzt den Begriff "Ehe" mit dem Begriff "Einheit in Liebe" in diesen historischen Zusammenhängen ersetzen - und hätten den Bruch der Einheit.

Keusch zu sein, würde in dem historischen Kontext bedeuten, Sexualität nur exklusiv in der Ehe - und dazu auch nur den Nachkommen wegen - zu betreiben. Keusch könnte aber auch bedeuten, jegliche sexuelle Erotik, die zu Sexualität außerhalb der Ehe führen würde, zu unterdrücken.

Heute betrachten wir die Einheit in Liebe - uns so mag vorgeschlagen aber nicht gefordert werden, Sexualität in Liebe zu betreiben. Die Liebe bedeutet auch Freiräume (gleichermaßen für alle), was wiederum bedeutet, auch nicht zu lieben.

Heute haben wir die Ehe immer noch als formales Versprechen - vor der Gesellschaft wie auch vor Gott - miteinander zu leben und sich auch zu lieben. Liebe mag sich aber in einer eigenen Attitude niederschlagen: muss daher nicht versprochen werden, und jemand, die oder der diese Attitude nicht hat, würde nur ein Versprechen abgeben. Es bleibt also, miteinander leben zu wollen und dies gerne in Liebe und damit in Einheit miteinander zu gestalten.

Wir beobachten auch heute, dass diese Versprechen, miteinander zu leben - ob jetzt in oder außerhalb der Liebe - nicht notwendigerweise gegeben werden. Es wäre immer einer persönliche Entscheidung - in Liebe von Einheit, außerhalb der Liebe vielleicht aus Zweckmäßigkeit heraus, getragen.

So darf aber das formale Versprechen vor der Gesellschaft wie vor Gott gerne demonstrativ für die Liebe zueinander sein - und sich das Zusammenleben in der Ehe dann daraus gestalten.

Sexualität ist dann sowohl in der Ehe wie auch über die Ehe hinausgehend möglich - und käme unter die Liebe, wo auch die Einheit den Kreis um mehr als nur die Partner*innen schließt.

Mit vielen lieben Grüßen
EarthCitizen

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

EarthCitizen20  01.11.2022, 10:57

Hallo Josie528,

hab vielen herzlichen Dank für den Stern. Ich freue mich sehr, wenn ich Dir habe helfen können.

Mit vielen lieben Grüßen
EarthCitizen

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Entscheidend dürfte wohl sein, das du unter "wir" verstehst. Da du die Kirche ins Spiel bringst, vermute ich mal, du meinst die Christen.

Ja, es gibt das 6. Gebot aus den Zehn Geboten des Mose. Es gibt aber auch die Weisung Jesu, die besagt: "Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen. Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, der hat bereits Ehebruch begangen."

Das ist meines Erachtens noch weniger als "unkeusch.
Ich vermute, die Christen haben das 6. Gebot nicht im Sinne Moses, sondern im Sinne Jesu interpretiert - und in der Konsequenz ist das nicht optimal, aber auch nicht so schlecht gelungen, in jedem Fall nicht "völlig falsch", wie du in deiner Frage meinst.


Josie258 
Beitragsersteller
 29.10.2022, 11:17

Danke für deine Antwort!

Ich will mal meine Sicht zu diesem Gebot darlegen, so wie ich es verstehe.

Unkeusch sein bedeutet: Im Sex nur reines Freizeitvergnügen und eine Triebbefriedigung zu sehen - Triebe, die noch dazu befeuert werden von einer ganzen Industrie!

Sex ist die Krönung der Liebe ZWEIER Menschen - egal ob verheiratet, nicht heterosexuell usw.......

Da ist Nötigung u. Vergewaltigung verboten - auch wenn es im Rahmen einer Ehe geschieht.

Das Gebot " du sollst nicht ehebrechen" verbietet all diese Dinge - Nötigung,

Rücksichtslosigkeit, Lieblosigkeit - nicht.

Es ist ein bequemes Verbot - lässt viel Spielraum - ich sehe es als Larifariverbot.

Ein Gebot, dass durchaus berechtigt gegen die Nächstenliebe zu verstoßen!

Ein Freibrief für alle Rücksichtslosen!

Was man keinem einzigen anderem Verbot nachsagen kann!

Es stört mich, dass dieses Gebot um benannt wurde,

es hieß ursprünglich wirklich: du sollst nicht unkeusch sein!

Du wirst aber vergeblich im Internet nach dem Ursprungszitat suchen -

es passt nicht in den " Mainstream", hat nie gepasst!

Das ist die unbequeme Wahrheit!

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Zu Moses Zeiten gab es keine kirchliche Ehe im heutigen Sinn

Zu Moses Zeiten war das ein Gebot, dass an Männer gerichtet war und verbot, die Ehe eines anderen Mannes zu brechen. Seine eigene Ehe konnte Mann nicht brechen (sonst wäre auch die Polygamie nicht möglich gewesen).

Siehe dazu auch hier unter 3.1

diese haben erst die Katholiken - ich glaube im 15. Jahrhundert - eingeführt.

Unsere heutige Rechtsform der Ehe hat kaum noch was mit der Ehe des 15.Jhdt's zu tun, geschweige denn mit der zur Zeit des Mose.

Somit ist dieses Gebot eigentlich völlig falsch - der Bibel nicht entsprechend - interpretiert!

Man sollte sich da grundsätzlich fragen wie man mit den Geboten des AT umgehen möchte. Sollen sie noch wörtlich 1zu1 für uns Christen umgesetzt werden, soll man sie an den Zeitgeist angepasst versuchen zu übertragen, oder sollen sie gar nicht mehr gelten?

Ich lehne mich da an Paulus Sichtweise an: Sie können für manche Sachen nützlich sein (2Tim 3,16), aber sind für Christen nicht mehr in Kraft (Röm 10,4).

In welcher Bibelübersetzung steht, dass man nicht unkeusch sein soll, anstatt dass man nicht die Ehe brechen soll? Ich kenne das nur mit dem Ehebrechen, vgl. 2. Mose 20,13 und 5. Mose 5,18. Ich meine, okay, wenn es eine oder ein paar Bibelübersetzungen wären, wo Ehe drin steht, und ein oder mehrere wo es mit keusch oder unkeusch drin steht, könnte man es noch für ein Übersetzungsproblem halten, aber dass es da nur Bibelübersetzungen gibt, wo nichts von keusch steht, sondern nur von Ehebruch, macht es schon ziemlich eindeutig. Ich denke daher, dass bestenfalls der Pfarrer/Pastor was von keusch bzw. unkeusch reininterpretiert hat, obwohl da nur was von Ehebruch steht.


Josie258 
Beitragsersteller
 28.10.2022, 17:14

Wäre auch eine Möglichkeit!

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Die tiefere Bedeutung erklärte Jesus selbst: "Nicht ehebrechen" bezieht sich bereits auf die Tat, der aber eine Gesinnung vorausgeht. "Wenn jemand eine Frau so ansieht, dass er in Leidenschaft zu ihr entbrennt, hat er bereits Ehebruch begangen!"


Josie258 
Beitragsersteller
 28.10.2022, 16:53

Ok, ist klar - was verstehst du unter "Unkeuschheit"? Ist nur der Ehebruch unkeusch?

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